gute Rolle. Und es ist alles nicht wahr. Weshalb schreibe
ich denn das?
Ich weiß nicht, ob ich einmal Lust haben werde, ihr die
Wahrheit zu schreiben. Sie lebt so weit oben, weit weg
von mir, ruhig und allein, und mir ist, als würde ich ein
Elend zu ihr mitnehmen, wenn ich hinfahren würde. Das
Reisegeld würde sie mir ja so gerne schicken, aber ich will
doch lieber nicht fahren.
Es ist ja so merkwürdig: manchmal ist mir, als hätte
ich nie eine Heimat gehabt, und nichts Verwandtes will
mir in den Sinn, so sehr ich mich auch danach sehne. Ein
Fremdsein überwältigt mich dann, als sei ich nur ein Fa
beltier, und es ist seltsam für mich, noch Desinfektions
tafeln in der einen Hand und den „Raskolnikow" in der
andern Hand zu tragen.
Wenn ich dies Fremdsein fühle, werden meine Hände
so kalt, daß ich die Sachen nur halte wie im Krampf,
eigentlich aber kann ich nichts mehr halten, und ich bin
nur noch starres Erstaunen, das so ganz von selbst durch
die Straßen geht. Was soll ich dann sagen, wenn ich an
einem Hause geklingelt habe?
Und ich setze mich manchmal auf die Treppenstufen
hin und denke nur darüber nach, wer ich bin. Ich denke
dann nicht im geringsten daran, daß es sich für einen er
wachsenen Menschen nicht schickt, sich auf die Treppe zu
setzen. Wenn aber die Leute erstaunt mich ansehen, gehe
ich auch wieder weg.
Dann setzte ich mich anderswo hin. Aber mir ist doch,
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