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keine Korrekte, ist korrigier' mich schon selbst. Ich hei
rate. Mein Bräutigam weiß alles von mir und verdaut
es. Ich bin gesund und vergeßlich. Wenn Sie nicht verges
sen können, werden Sie Ihr Leben lang krank sein. Das
seh' ich schon. Sie sind ein Opfer Ihrer unglückseligen
Natur. Sie machen sich Gedanken. Sie sind nicht nor
mal. Wie alt sind Sie?"
„Dreiundzwanzig."
„Das kann gut werden. Sie müßen die Vergangenheit
ausschalten wie ein Licht. Knips und dunkel. Es ist sechs
Uhr vorbei. Ich muß gehen. Gehen Sie auch?"
„Nein. Ich brauche keine Ausstattung."
Hätte ich als Kind gewußt, daß es, nur um in einem
Bette liegen zu können und die Wand anzustarren, so
vieler Qual bedarf, ich hätte meinen Eltern Vorwürfe
gemacht, mich ins Leben gelockt zu haben.
Was sich dem Schoße einer Mutter entwunden hat, ist
auf sich selbst gestellt. Dem Schicksal verfallen: allein
gehen, allein leben, allein sterben. Alles Gemeinsame ist
ein liebenswürdiger Irrtum. Ich bin nicht nur letzten
Endes allein.
Hätte ich Wahl und Möglichkeit, in den Schoß mei
ner Mutter zurückzukehren, ich würde nicht sein. Wäre ich
unter dem Herzen meiner Mutter geblieben —: Erwar
tung und Sorge gälten mir. Die Kälte hätte mich nicht
berührt. Ich wäre zu Hause geblieben, wirklich zu Hause,
im liebenden Schoß. Warum sträubte ich mich nicht, ge-