<p>Hofheim i Taunus<br />29-1.1919<br />Züricher Kunstgesellschaft<br />Zürich.</p><p>Sehr geehrter Herr Doctor</p><p>Ihr geehrtes Schreiben vom 19 Januar ist<br />mir heute Vormittag zugestellt worden.<br />Ich habe mich herzlich darüber gefreut<br />& spreche der Züricher Kunstgesellschaft<br />meinen wärmsten Dank aus.<br />Gerne würde ich Ihrer liebenswürdigen<br />Einladung nachkommen und beim<br />Anlass meines sechzigsten Geburtstages<br />in meiner lieben Heimatstadt einige<br />meiner neusten Arbeiten ausstellen.<br />Leider kann ich aber gar nichts versprechen,<br />den̅ ich lebe hier im besetzten Gebiet.<br />Es wäre gänzlich ausgeschlossen, dass ich,<br />solange Hofheim unter französischer<br />Besatzung steht, Bilder ausführen<br />könnte, & wie lange Hofheim unter<br />diesem Druck steht, können wir nicht<br />wissen. Man hört Reden, dass vor dem<br />Hauptfrieden kaum die Freiheit wieder</p>
<p>hergestellt wird & also vielleicht<br />Juni Juli. So hart es für mich<br />ist, habe ich mich in die Verhältnisse<br />zu fügen. – Darf ich aber später auf<br />Ihre gütige Anfrage zurück kom̅en<br />würde es mir eine grosse Freude<br />& Ehre sein, Zürich meine in der<br />Einsamkeit geschaffenen Arbeiten zu<br />zeigen.<br />In vorzüglicher Hochachtung be-<br />grüsse ich Sie verehrter Herr Doctor<br />aufs freundlichste<br />OWRoederstein</p><p>Ich betrachte es als gutes Omen, dass Ihr<br />Schreiben seit dem 12 Dezb das einzige ist,<br />welches ich aus Zürich erhalten habe, ich werde<br />suchen diese Antwort nach Frankfurt zu<br />schmuggeln, damit Ihnen von dort aus die<br />Zeilen zugesandt werden.</p>