123 „Aufzupassen,“ sagte Traute. „Sie nehmen Geld aus der Kasse.“ „Was tu’ ich, Lumpenmensch?“ knirschte Jenny und packte Traute trotz Publikum und Konzert über den Tisch beim Kragen. 1 „Lassen Sie mich los!“ rief Traute. „Ich habe den Auftrag, aufzupassen. Ich habe gesehen, wie Sie dem Pianisten Geld zusteckten. Ich kann aber jetzt auch gehen, wenn Sie wollen. Ich habe keine Lust, mich von Ihnen misshandeln zu lassen. Sie werden das weitere sehen. Sie sind abgesetzt. Sie machen für uns die Kassiererin solange, bis wir uns eine an dere nehmen.“ „Max!“ rief Jenny und fegte hinter die Bühne, „Max!“ ganz hysterisch. Das war ihr zuviel! Man wurde aufmerksam, reckte die Hälse. Traute zuckte die Achseln, mitleidig, und schnickte mit dem Kopfe. Da spürte Jenny eine Hand auf ihrer Schulter und drehte sich um. Der Freund aus Baden stand hinter ihr. Auch er war gekommen, soeben, hatte den Steifen noch auf dem Kopf, den Regenschirm hängend am Arm. Schnurrbart kurz aufgekräuselt, Paletot zugeknöpft, Teilhaber der Firma Seidel & Sohn, Wäsche engros. „Na, was gibt es denn, Jenny?“ fragte er ruhig, begütigend. „Ah, guten Abend!“ fasste sie sich, „nichts weiter.“ „Setz’ dich doch her!“ sprach er ihr zu, hing Paletot, Hut und Schirm an den Haken, und setzte sich, seinen Smoking glättend, zum Künstlertisch. „Nichts, nichts!“ versicherte Jenny.