192 Auf streifte er seinen Hemdärmel, ballte die Faust, eine Seele von Mensch, und liess den Muskel schwellen. Flametti tat das gleiche. So sass man sich gegen über auf dem Kanapee und sah sich voll trunkener Sympathie tief in die Augen. \ \ Anstiess jener, dass der Wein überschwappte und rief mit völkischer Urwüchsigkeit: „Prosit Flametti!“ Mutter Dudlinger aber, die ihn liebte in ihrer Seele, setzte sich auf seinen Schoss, brünstigen Gemütes, und umhalste ihn. Und ihr Speck hing über seine breiten Schenkel in vollen Schwaden. ,Wer nicht liebt Wein, Weib, Gesang, Der bleibt ein Tropf sein Leben lang/ Jenny war keineswegs gewillt, die Dinge gehen zu lassen, wie sie gingen. Sie beschloss, strengere Saiten aufzuziehen dem En semble gegenüber und auch zu Hause; Contenance zu bewahren. Ihre Massnahmen richteten sich zunächst gegen Fräulein Theres. Fräulein Theres mit ihren gichtbrüchigen Händen und erfrorenen Füssen litt unter der Kälte furchtbar. Schon als die Herrschaft in Basel war, sass Fräulein Theres in stillen Stunden weinend in der leeren Woh nung, für deren Heizung man ihr kein Geld schickte, und “gedachte trauernd der Maienzeiten, da sie mit Lödkchen und Stöckelschuhen noch ging auf der Neu hauserstrasse zu München und selig verliebte Blicke den jungen Herren zuwarf. Vierzig Jahre waren seither mit grauen Schleppen ins Land gegangen. Fräulein Theresens Gesicht war lang geworden, ihre Nase spitz, ihre Augen grell. Die