197 „Seht her,“ sagte sie, „die herrliche Gans!“ Und sie nahm die Schüssel aus dem Schrank und hob sie hoch, wie Salome die Schüssel mit dem Haupt des Jochanaan hochhob, und Raffaela schrie auf: „Aehhh, die Gans!“ Fanatisiert und rabiat warf sie die beiden Arme hoch, auf die Schüssel zustürzend und sie umtanzend. Lydia aber überkam es wie Verklärung. In den nächsten besten Stuhl sank sie. „Die schöne Gans!“ hauchte sie, ganz versunken und verträumt, mit gefalteten Händen und gotterge benen Augen. „Wann wird sie gegessen?“ Und ihr Unterkiefer bebberte gierig und erregt, wie einer Katze das Maul zittert, wenn sie den Kanarienvogel sieht. Jenny weidete sich an der Qual ihrer Opfer. Mit der einen freien Hand hielt sie sich Raffaela vom Leib, die alle Anstalten machte, in den Besitz der Gans zu kommen. „Wann wird sie ^gegessen? Wann wird sie verzehrt? Wann wird sie verspeist?“ rief nun auch Raffaela. Lydia sass noch immer mit funkelnd hingegebenen Augen. i Und Jenny, amüsiert, grausam, pervers: „Vielleicht morgen. Vielleicht übermorgen. Viel leicht schon heute nacht. Je nachdem!“ „Wieso heute nacht?“ dehnte Raffaela betroffen. „Nun,“ sagte Jenny, ganz grande dame, „vielleicht kommen ein paar Freunde von mir und meinem Mann, und wir feiern einen kleinen Abschied.“ „Aehhh!“ rief Raffaela, „wir kommen auch! Wir kommen auch!“ * Aber Lydia warlschon wieder sentimental geworden.