Die Kulisse. 61 über die Hutschnur fahren. Und wird zum Beschluß unsere sizilia- nische Meerkuh Ihnen auf einem Muschelhorne die Tropfstein grotten des Elends blasen/ Die isolierten Geistesträger der letzten Epoche neigen zu Ver folgung, Epilepsie und Paralyse. Sie sind Besessene, Vertriebene, Maniakalische, ihrem Werk 1 zuliebe. Sie wenden sich an das Publi kum, als solle es sich ihrer Krankheit annehmen; sie legen ihm das Material zur Beurteilung ihrer Zustände vor. * Die tätowierte Dame heißt Frau Koritzky und nennt sich 4. XI. Nandl. Sie hat ein Kabinett in einer Bierwirtschaft, aus der sie die Gäste zu sich herübernötigt. Man zahlt dreißig Centimes, Artisten frei. Sie entblößt die Brust, die Arme und die Ober schenkel (Sittlichkeit ausgeschlossen, die Kunst hält das Gleich gewicht) und ist dann über und über mit Portraits, Seerosen, Blu menranken und Blattgewinden bedeckt. Der Gatte spielt Zither dazu. Das Gesäß bedecken zwei Schmetterlingsflügel. Das ist zart und zeugt für ästhetische Norm. Irgendwo las ich einmal von einer indischen Tätowierten, die sich die Namen ihrer Liebhaber in die Haut punktieren ließ. Das ist hier nicht der Fall. Nandl bietet mit ihren Porträtmedaillons eher einen Kursus in der deutschen Musik- und Literaturgeschichte. Es betrifft die Bildung, nicht die Erotik. Die Operation des Tätowierens soll übrigens sehr schmerzhaft, mitunter lebensgefährlich sein. Es zeigen sich Ver giftungssymptome, die von der Farbe herrühren. Die blauen Samtfiguren im Fleisch sind nicht unschön und gewähren ein primitives Vergnügen. Das Tätowieren war ursprünglich wohl eine hieratische Kunst. Wenn sich die Dichter ihre Verse, oder auch nur ihre Urbilder ins