62 Die Kulisse. eigene Fleisch schneiden müßten, würde wohl weniger produ ziert werden. Andererseits würden sie den ursprünglichen Sinn der Publikation als eine Form der Selbstentblößung weniger um gehen können. Auch würden manche Lyriker — ich will keine Namen nennen — durch Vorzeigen ihrer Menschlichkeiten völlig entlarvt dastehen. Item: man sollte darauf achten, ob Bücher geklext oder tätowiert sind. Und ob die Schönheit an den Kleidern hängt oder im Fleische brennt. * Dann habe ich die dicke Negerin, Miß Ranovalla de Singapore besucht. Ihre Arme sind wie Brotlaiber. Sie sitzt am Ofen einer Basler Wirtsstube und friert. Einen blauen Hänger trägt sie auf der schwarzen Haut und ein rotgesäumtes Mäntelchen über den Schultern. Traurig und mit schwarzflaumigem Gesicht einer auf geputzten melancholischen Äffin sitzt sie da. Europa ist vor ihr gescheitert. Ihr Impresario, ein Casti Piani mit harten lachenden Zähnen bietet mir eine Zigarette an, die ich dankend nehme. Miß Rano valla reiste früher mit einem Bajuwaren als Duett. Dies Völker gemisch zu erleben, ist mir versagt geblieben. Aber sie trauert ihm sichtlich nach. Man stelle sich eine verlassene Schweizer Saal tochter von solchen Proportionen unter den Kongonegern vor! Das Leben ist doch mitunter recht weitläufig. * XL Baudelaires „Raketen“ sind ein treuer Begleiter. Ich will sie mir einverleiben. Seine Studienfächer auf der Ecole des Chartes: französische Geschichte und Kirchenlatein. Tertullian und Augustin sind seine Lektüre. Von den satanistischen Theorien Gregory Lewis’ und Maturins begeistert.