Das Wort und das Bild. 109 Die Kindheit als eine neue Welt, und alles kindlich Phanta- 5. VIII. stische, alles kindlich Direkte, kindlich Figürliche gegen die Senilitäten, gegen die Welt der Erwachsenen. Das Kind wird der Ankläger sein beim jüngsten Gericht, der Gekreuzigte wird richten, der Auferstandene verzeihen. Das Mißtrauen der Kinder, ihre Verschlossenheit, ihre Ausflüchte aus der Erkenntnis, doch nicht verstanden zu werden. Die Kindheit ist keineswegs so selbstverständlich, wie man gemeinhin glaubt. Sie ist eine kaum beachtete Welt mit eigenen Gesetzen, ohne deren Erhebung es keine Kunst gibt, und ohne deren religiöse und philosophische Anerkennung keine Kunst be stehen und aufgenommen werden kann. Die gläubige Phantasie der Kinder ist indessen auch aller Verderbnis und aller Verkehrtheit ausgesetzt. Sich überbieten in Einfalt und Kindsköpfigkeit —: das ist noch die beste Gegen wehr. * Wenn ich über unsere Zürcher Versuche nachdenke: das 6. VIII. könnte ein hübscher anti-phantastischer Aufsatz werden, bestehend aus etwa folgenden Thesen: Man darf nicht die Logik, man darf aber auch nicht die Phan tasie mit dem Logos verwechseln. Die Gegenwart ist nicht in Prinzipien, sie ist nur noch asso ziativ vorhanden. Also leben wir in einer phantastischen Zeit, die ihre Entschlüsse mehr aus der Angliederung als aus un erschütterten Grundsätzen bezieht. Der gestaltende Geist kann mit dieser Zeit beginnen, was ihm beliebt. Sie ist in ihrer ganzen Ausdehnung Freigut, Materie. * Die Kunst in ihrer Phantastik, so notierte ich mir früher, verdankt sich der vollendeten Skepsis. Folglich münden die