Das Wort und das Bild. 143 * Das Dekadenzproblem (hier wie bei vielen andern). Die Schärfe der Triebe gegen ihre Lauigkeit und Tartüfferie. ,Ich war niemals aus diesem Volke, war niemals Christ. Ich bin von der Rasse, die beim Todesurteil sang; ich verstehe die Gesetze nicht, habe keine Moral, bin ein roher Mensch*. Oder: ,Ich bin ein Tier, ein Neger, aber vielleicht bin ich gerettet; ihr seid falsche Neger, Wahnsinnige, Wilde, Geizige*. Manchmal spricht er in einer Art zärtlichen Dialektes vom Tode, der Reue bringt; von Unglücklichen, die wirklich exi stieren; von harten Arbeiten, von Abschieden, die das Herz zer reißen. ,Dann erklärte ich mir meine magischen Sophismen mit der Halluzination der Worte .. .* * Negiert das Christentum die ästhetischen Werte? Nietzsche 18. XII. sagt es (zur „Geburt der Tragödie**): ,Tiefes feindseliges ' Schweigen gegen das Christentum im ganzen Buch. Es ist weder apollinisch noch dionysisch; es negiert alle ästhetischen Werte; es ist im tiefsten Sinne nihilistisch.* Ist das richtig? Franz von Baader bezeichnet sehr gegensätzlich im Anschlüsse an Baco die Religion, und also das Christentum als die höhere Dichtkunst. Es gibt bei Baader Stellen — ich habe sie nur in Erinnerung —, wo von fiktiven Wahrheiten die Rede ist; so wie ein Gedicht wahr ist, ohne daß man es in der Wirklichkeit nachweisen kann. Auch Wildes Aufsatz über die Kunst des Fingierens und was er darüber in Bezug auf den Orient in der Kirche sagt, fällt mir wieder ein. Aber es könnte sein, daß das Christentum die Kunst mehr in die Persönlichkeit, als in die Werke verlegt, und daß es einen besonderen Weg zur Unsterblichkeit kennt, einen Weg, den der Ästhetizismus nicht gelten läßt.