Das Wort und das Bild. 177 ,Soweit Deutschland reicht, verdirbt es die Kultur'; Oder jene andere: ,Ich glaube nur an französische Bildung und halte alles, was sich sonst in Europa Bildung nennt, für Mißver ständnis, nicht zu reden von der deutschen Bildung'. Oder jene dritte: ,Zwei Jahrhunderte psychologischer und artistischer Dis ziplin zuerst, meine Herren Germanen! . . Aber das holt man nicht nach'. Man könnte diese Stellen — ich habe nur die mildesten aus „Ecce homo“ zitiert — in infinitum vermehren. Aber, und hier kommt ein sehr bedenkliches Aber: der Maestro dieser Sätze ist nur im Vordergründe germanophob. In seinen Briefen (V, 777) findet sich ein Pasus, der die hintergründige Art seiner Zugehörig keit hinlänglich bezeugt. Das Wort betrifft Wagner, dann aber generell auch das deutsche Wesen. ,Damals', also heißt es dort, ,war ich Wagnerianer wegen des guten Stückes Antichrist, das Wagner mit seiner Kunst und Art vertrat. Ich bin der Enttäusch teste aller Wagnerianer, denn in dem Augenblick, wo es an ständiger als je war, Heide zu sein, wurde Wagner Christ'. Und nun die eigentliche Eröffnung: ,Wir Deutschen, gesetzt, daß wir es je mit ernsten Dingen ernst genommen haben, sind allesamt Spötter und Atheisten. Wagner war es auch'. Der diese Sätze schrieb, kennt also ein vorder- und ein hinter gründiges Deutschtum, eine Maske und ein wahres Gesicht; ein Deutschtum fürs Volk ,mit Gott für Kaiser und Vaterland', und ein Deutschtum der Gelehrten und Philosophen, die um die Kulisse, um die Täuschung wissen, aber auch dort nur an Vor wand und Maske glauben, wo nur eben die deutsche Maske fällt. Gibt es eine Geheimtradition? Es scheint fast so. Was würde aber dann geschehen, wenn nun eines Tages einer käme, der diese Tradition nicht weniger klar erkänne; der sich von all den Ball, Die Flucht aus der Zeit. 12