224 Von Gottes- und Menschenrechten. Majestät der protestantische Summepiskopus trat. Geblieben ist, wenn auch als Abstraktion, die Unterordnung unter eine wie immer geartete theologische Majestät. Die Zivilisation dagegen gilt als der profanierte, religions- und devotionsfeindliche Kulturbegriff, der die Aufklärung, die Menschenrechte und eine mechanistisch-industrielle, ent- götterte Welt in sich schließt. Scheler und Sombart sind, jeder in seiner Weise, die modernen Vertreter dieser Auf fassung. Die ersten aber, die solche Antithese aufbrachten, waren die Romantiker, und daß sie ihren Kulturbegriff zunächst allein gegen Frankreich formulierten, nicht wie neuerdings Som bart auch gegen die ,krämerhaften' Angelsachsen, ist außer Zweifel. Voltaire, der Aufklärer und Antichrist, ist der Romantiker Erzfeind. Sie wollen die übernatürliche Kraft der Weltlenkung auch im Politischen symbolisiert sehen; fürstliche Gewalthaber, wie immer sie sich geben mögen, für Statthalter Gottes nehmen. Was nützt es, wenn man dagegen sagen wollte, daß für Frank reich seit De Maistre, Bonald und Chateaubriand, also seit reichlich hundert Jahren, die romantische Antithese keine Gültigkeit mehr hat; daß Frankreich einmal einen allerchristlichsten König besaß und auf einige dreißig solcher katholischen Könige zurückblickt, ja Karl den Großen uns streitig macht; daß also, was wir Kultur nennen, ebenso dort wie hier gelten könnte, mit dem Unter schied, daß es dort noch immer eine mächtige katholisch-royali- stische Partei gibt, während wir gerade dieser Partei als die Schüler der Reformation, als die Begründer des Liberalismus und alles Unheils gelten, das über Europa kam? Was nützt das alles? Wir haben einen Kaiser, im Kriege sogar zwei, und wenn wir hundertmal Gewalt für Recht nehmen und nach modernen Begriffen als blutige Don Quichotes dastehen —: wir haben die Kultur, wir stehen mit dem lieben Gott in direkter Verbindung, die anderen sind minderwertig, Menschen zweiter Klasse. Nur