Von Gottes- und Menschenrechten. 233 ist die fatale Gebundenheit des Klerus seiner Zeit an die Pluto- kratie, an den Feudalstaat, an den Großgrundbesitz; eine Ver bindung, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, zur Zeit der strengsten Zentralisierung, ganz Europa erregt und gleicher weise in Rußland wie in Italien zu religiösen Aufständen führt. Die alte Feudalform der Theokratie ist überm größten Elend der Volksmassen errichtet und bietet die greifbarsten Blößen. Damals gibt es in Italien noch den Kirchenstaat und dessen Würdenträger sind als Großgrundbesitzer ein beständiger An laß zum religiösen und politischen Ärgernis. * Der Besitz wird im Staate so lange das Recht vergewaltigen, als nicht eine besitzlose Klasse darüber entscheidet, was rechtens ist. Das ist das ganz richtige Motiv der proletarischen Revo lution. Nun kommt aber etwas anderes dazu, und das sind die Appetite, ausgedrückt durch die Gegnerschaft der proletarischen Führer gegen das Priestertum. Es gibt nämlich noch eine zweite besitzlose Klasse außer dem Proletariat: die der Asketen; diese Klasse aber ist freiwillig ohne Besitz, ja sie sieht ihre Überlegen heit im Verzicht. Diese Klasse ist naturgemäß durch ihre pure Existenz die Widerlegung der proletarischen Ansprüche. Die Feindseligkeit zwischen Proletariat und Priestertum reduziert sich demnach auf eine Rivalität zweier besitzloser Klassen um die Herrschaft. Es kann keine Frage sein, daß das Kulturgewissen in diesem kommenden Streite sich für das asketische Ideal gegen das proletarische entscheiden wird, wenn wirklich die geistigen und nicht die materiellen Interessen den Ausschlag geben sollen. Das Proletariat will, eben soweit es proles ist, zum möglichsten Genuß kommen; die Angelegenheiten der Menschheit und der Kultur kommen in zweiter Linie. Die Priesterschaft ihrerseits verkennt die Vorteile ihrer Freiheit vom Besitz, und da die Be-