1. Mit Mühe ist es uns gelungen, im eigenen Hause ein paar Stuben zu bekommen. Bei der Ankunft saßen wir förmlich auf der Treppe. Die Leute sahen uns wie Eindringlinge an. Wir suchen uns in den wunderlichen Verhältnissen nun zurechtzu finden, und da uns die Schweiz nicht verwöhnt hat, will es uns auch gelingen. Im Garten steht noch der alte Holundeirbaum, ganz so wie Emmy als Kind ihn gesehen und oft mir beschrieben hat. Wir haben das Grab dieser fremdlichen Heimat besucht und Blumen hingebracht. * Hier in der kleinen brachliegenden Hafenstadt habe ich nun Zeit genug zum Nachdenken und auch zum Ordnen meiner Pa piere. Es ist so still hier, fast behaglich. Emmy als Hauswirtin, das ist ein freundlicher Gedanke; ein wenig kommt mir nur vor, als sei ich noch immer zu Besuch. Ein noch in Bern be gonnenes Manuskript fällt mir in die Hand. Ich will das Wesent liche daraus zusammenziehen und hier einschreiben: Die Helden des deutschen Gewissens (von Eckart bis Nietzsche), alle stehen außerhalb der Hierarchie, den einzigen Suso ausgenommen; er aber gerade hat das gewissenhafteste deutsche Buch geschrieben: sein Leben. Der Genuß jeder Ausschweifung, so auch des Krieges, beruht auf einer Rache an der Kultur. Halten wir es unter unserer Würde, uns dergestalt zu ergötzen. Aber verbieten wir uns auch, auf 18* Flens burg, 19. V. 1920 3. VI.