298 Die Flucht zum Grunde. 6. IV. Die Fehler, die man am andern entdeckt, sind oftmals nur die eigenen. Wer sich mit diesem Gedanken vertraut macht, hat großen Nutzen davon. * Das Leben reimt ohne Unterlaß, es übertreibt ohne Unter laß. Einer erfindet den andern täglich aufs neue und alle be wegen sich in der Illusion. Gemeinhin ist es ein holpernder Bänkelsang, eine Moritat, oder, wenns hochkommt, ein sen timentales Melodram. Aber es könnte auch ein Sinngedicht und eine Tragödie göttlicher Stichworte sein. Dies hängt vom Talente der Mitspieler, von der Gunst des Schauplatzes, und nicht zuletzt von der Gnade dessen ab, der das Spiel vorsieht und es leitet. * 9. IV. In den Abendstunden lese ich Strindbergs „Inferno“. Es ist ein sehr persönliches, genialisches Inferno, ganz im Privaten wirkend. Man kann ihn nicht recht bedauern, weil man eine Verbohrtheit empfindet und auch merkt, daß er bereit ist, sogar aus wirklichen Leiden Nahrung für seine Eitelkeit zu ziehen. Swedenborg hat es ihm angetan. Und wie bei jenem, so reichen auch hier die Hiob, Saul und Jacob gerade noch aus, als Beispiel zu dienen für allerhand Eigenheiten und Schrullen. Welche Finessen er aufwendet, um interessant zu erscheinen. Wie ver geblich ist er bemüht, all seinen Damen, Tanten und Schwieger müttern dämonisches Licht zu geben. Sein Buch ist ein bestän diger Appell, sich seiner mittels Schreck und Bewunderung anzu nehmen. Was verschlägt es aber? Was sind noch unsere persön lichen Leiden (von den privaten gar nicht zu reden). * 10. IV. ,Fürchtet den, welcher, nachdem er getötet hat, auch die Macht besitzt, in die Hölle zu werfen' (Lukas 12, 1—8).