Das Wort und das Bild.
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,Lügen und Dichten sind wie Plato erkannte, mit ein
ander verwandt/
,Mancher junge Mensch tritt ins Leben mit der natür
lichen Anlage zu übertreiben, einer Anlage, die man mit
Sorgfalt pflegen und an Hand der höchsten Beispiele
züchten sollte, daß etwas Großes und Wunderbares aus
ihr werde/
,Überall wo der Orientalismus die Oberhand behalten
hat, sei es durch direkte Berührung wie in Byzanz, Si
zilien und Spanien, oder wie im übrigen Europa durch
die Einflüsse der Kreuzzüge, sind herrliche Werke des
Schöpfergeistes entstanden, in denen die sichtbaren Dinge
des Lebens künstlerisch umgewandelt, und solche, die das
Leben nicht kennt, zu seiner Lust erschaffen wurden/
,Das 19. Jahrhundert, wie wir es kennen, ist zum größ
ten Teil eine Erfindung Balzacs/
,Was die Kirche angeht, so gibt es nach meinem Da
fürhalten nichts Günstigeres für die Kultur eines Landes
als Menschen, die es für ihre Pflicht halten, an das Über
natürliche zu glauben und täglich Wunderwerke zu ver
richten, denn dadurch nähren sie jenen mythenbildenden
Geist, der die Seele der Phantasie ist/
*
„O-Aha!“ heißt die Weltseele in Wedekinds gleichnamigem 18.1V.
Stück. Sie tritt gegen das Ende dieser Satire auf, das heißt,
sie wird in einem Wägelchen auf die Bühne gefahren und dik
tiert, in vollkommener Demenz, dem Redaktionsstab einer be
kannten satirischen Wochenschrift ihre tiefsinnigen Orakel. Ich
habe das Stück heute wieder angesehen und finde es doch recht
witzig. Mit der Hegeßschen Weltseele ist O-Aha kaum mehr ver
wandt. Es hat inzwischen eine ziemliche Entartung stattgefunden.