5 empfanden. Ball und ich hatten in Deutschland den Ex pressionismus in aktivster Weise verbreiten helfen; Ball war ein intimer Freund Kandinskys und hatte versucht, mit ihm in München ein expressionistisches Theater zu gründen. Arp war in Paris mit Picasso und Bracques, den Führern der kubistischen Richtung zusammengewesen und von der Notwendigkeit einer Abkehr von der natura listischen Auffassung in jeder Form durchaus überzeugt. Tristan Tzara, jene romantisch-internationale Type, deren propagandistischem Eifer wir eigentlich die ungeheuere Verbreitung des Dadaismus zu verdanken haben, brachte aus Rumänien eine unbegrenzte, literarische Versiertheit mit. Abstrakte Kunst bedeutete uns damals, als wir all abendlich im Cabaret Voltaire tanzten, sangen und rezi tierten, soviel als unbedingte Ehrlichkeit. Naturalismus war psychologisches Eingehen auf die Motive des Bürgers, in dem wir unseren Todfeind sahen und psychologisches Eingehen brachte, mochte man sich auch dagegen sträuben, eine Identifikation mit den verschiedenen bourgeoisen Moralen mit sich. Archipenko, den wir als unerreichtes Vorbild in der plastischen Kunst verehrten, behauptete, die Kunst dürfe weder realistisch r*och idealistisch sein, sie müsse wahr sein, womit vor allen Dingen gesagt sein sollte, daß jede, auch versteckte Imitation der Natur eine Lüge sei. Dada sollte der Wahrheit in diesem Sinne einen neuen Stoß geben. Dada sollte der Sammelpunkt abstrakter Energien und eine ständige Fronde der inter nationalen großen Kunstbewegungen sein. Durch Ver mittlung von Tzara standen wir auch in Beziehung zur futuristischen Bewegung und unterhielten einen Brief wechsel mitMarinetti. Boccioni war damals schon gefallen. Wir kannten aber alle sein dickes theoretisches Buch „Pittura e scultura futuriste". Wir fanden Marinettis Weltauffassung realistisch und liebten sie nicht, obwohl wir den von ihm sooft verwendeten Begriff der Simul- taneität gern übernahmen. Tzara ließ zum erstenmal Gedichte gleichzeitig auf der Bühne sprechen und hatte