7 auf die Aktion. Musik ist so oder so eine harmonische Angelegenheit, eine Kunst, eine Tätigkeit der Vernunft — Bruitismus ist das Leben selbst, das man nicht beurteilen kann wie ein Buch, das vielmehr ein Teil unserer Per sönlichkeit darstellt, uns angreift, verfolgt und zerfetzt. Bruitismus ist eine Lebensauffassung, die, so sonderbar das im Anfang scheinen mag, die Menschen zu einer definitiven Entscheidung zwingt. Es gibt nur Bruitisten und andere. Um bei der Musik zu bleiben. Wagner hatte die ganze Verlogenheit einer pathetischen Ab straktionsfähigkeit gezeigt — das Geräusch einer Bremse konnte einem wenigstens Zahnschmerzen verursachen. Dieselbe Initiative, die in Amerika die Steps und Rags zur Nationalmusik machte, war in einem späten Europa Krampf und Tendenz zum „bruit“. Der Bruitismus ist eine Art Rückkehr zur Natur. Er gibt sich als eine Sphärenmusik der Atome, so daß der Tod weniger ein Entweichen der Seele aus irdischem jammer als ein Erbrechen, Schreien und Würgen ist. Die Dadaisten des Cabaret Voltaire übernahmen den Bruitismus, ohne seine Philosophie zu ahnen — sie wollten im Grunde das Gegenteil: die Kalmierung der Seele, ein unendliches Wogalaweia, Kunst, abstrakte Kunst. Die Dadaisten des Cabaret Voltaire wußten eigentlich überhaupt nicht, was sie wollten — unter„Dada“ sammelten sich die Fetzen einer „modernen Kunstbetätigung“, die irgendwo und irgendwann in den verschiedenen Köpfen hängen geblieben war. Tristan Tzara wurde von Ehr geiz verzehrt, in den internationalen Kunstzirkeln als Gleichberechtigter oder gar als „Führer“ zu figurieren. Seine ganze Aktivität war Ehrgeiz und Unruhe. Er suchte für seine Unruhe einen Pol und für seinen Ehrgeiz einen Orden. Welche außerordentliche, nie wiederkehrende Möglichkeit bot sich ihm hier, als Gründer einer Kunst richtung die unvergängliche Rolle eines literarischen Mimen zu spielen! Die Leidenschaft eines Ästheten ist dem Menschen mit einfachen Begriffen, der einen Hund mit