118 bürg gelegentlich des Umbaues der Aubette, ferner im ersten Kriegsjahr in Meudon, 1939, von welchen ich mehrere in meinem Gedichtband “le siège de l’air,” 1946, abgebildet habe, und schliesslich, 1941, in Grasse gemein sam mit Sonja Delaunay und Alberto Magnelli. Mehr noch als in meiner Jugend glaube ich heute, dass eine Rückkehr zu einer wesentlichen Ordnung, zu einer Harmonie notwendig sei, um die Welt aus der grenzenlosen Verwir rung zu retten. Ich entwickelte die Klebearbeit weiter, indem ich die Anordnung willenlos, automatisch ausführte. Ich nannte dies “nach dem Gesetz des Zufalls” ar beiten. Das “Gesetz des Zufalls,” welches alle Gesetze in sich begreift und uns unfasslich ist, wie der Urgrund aus dem alles Leben steigt, kann nur unter völ liger Hingabe an das Unbewusste erlebt werden. Ich behauptete, wer dieses Gesetz befolge, erschaffe reines Leben. Um 1930 entstanden die mit der Hand aus Papier gerissenen Bilder. Das Menschenwerk erschien mir nun noch geringer als Stückwerk. Eine Abson derung schien es mir zu sein. Alles ist ungefähr, weniger als ungefähr, denn bei genauerem, schärferem Betrachten ist das vollkommenste Bild ein war ziges, filziges Ungefähr, ein getrockneter Brei, eine wüste Mondkraterland schaft. Welche Anmassung verbirgt sich in der Vollendung. Wozu sich um Ge nauigkeit, Reinheit bemühen, da sie doch nie erreicht werden kann. Der Zer fall, der gleich nach der Beendigung einer Arbeit einsetzt, wurde nun von mir willkommen geheissen. Der schmutzige Mensch weist mit seinen schmutzigen Fingern auf eine Feinheit im Bilde tupfend hin. Diese Stelle ist fortan gekenn zeichnet durch Schweiss und Fett. Erregt bricht er in Begeisterung vor einem Bilde aus und bespritzt es dabei mit Speichel. Ein zartes Papierbild oder eine Wasserfarbenmalerei ist verloren. Staub und Insekten sind ebenfalls eifrige Zerstörer. Das Licht bleicht die Farben. Die Sonne, die Wärme erzeugen Blasen, lösen das Papier, lassen die Farbe rissig werden, lösen die Farbe ab. Die Feuchtigkeit erzeugt Schimmel. Die Arbeit zerfällt, stirbt. Das Sterben des Bildes brachte mich nun nicht mehr zur Verzweiflung. Ich hatte mich mit dem Vergehen, mit seinem Tod abgefunden und ihn in das Bild miteinbezogen. Der Tod aber wuchs und frass das Bild und das Leben auf. Dieser Auflösung hätte die Verneinung jeder Handlung folgen müssen. Gestalt war zu Unge stalt geworden, das Endliche zu Unendlichem, das Einzelne zu Ganzem. Es war Sophie Taeuber, die mir durch das Beispiel ihrer klaren Arbeit und ihres klaren Lebens den rechten Weg, den Weg zur Schönheit zeigte. In dieser Welt besteht Oben und Unten, Helligkeit und Dunkelheit, Ewigkeit und Vergänglichkeit in vollendetem Gleichgewicht. So schloss sich der Kreis. [Ab bildungen 20-26]