kommen wir alle, Heuchler von gestern, ihnen nah in dieser beispiellosen Erniedrigung, die einer dämonischen Hohngrimasse wohl würdig ist. Nicht fröhliche, sorgenlose Menschen führen diesen Rrieg, sondern sorgenvolle, schaudernde; Siege wurden in ihm bisher nur in stummer Ergriffenheit gefeiert. In dem schrecklichen Weltbild um uns her vermag nur der Held, der gläubig dem Tod wie einem Glanz entgegenschreitet, sich aufrecht zu halten, wie kommt es, daß wir Deutschen diesen Rrieg, so weit wir um uns sehen, am meisten als tragisch erleiden, ja ihn durchaus als tragisch empfinden, während er die anderen Völker, so weit sie ihre Taten mit Worten begleiten, nur als eine Angelegen heit ihrer dunklen und niederen Instinkte beschäftigt? wahrhaftig, diese Zeit der Gefahren wird von keinem andern Volk so tief und so tragisch erlebt wie von dem deutschen. Darum ist sie wohl auch bei keinem anderen wie bei uns der Reimboden einer großen, tragischen Welt anschauung. Die erregende, reinigende und entladende Gewalt der wieder geborenen Tragödie vermöchte uns zu bewahren, daß die aufgeweckten starken Triebe nicht in dem hartnäckigen Streben nach Weltmacht und weltehre sich erschöpfen, wird die Zeit, die diesem Rriege folgt, das alte erbärmliche und wertlose Theater noch ertragen? Verlangt sie nicht nach der Tragödie? welcher Augenblick aber könnte ihr günstiger sein als dieser, der an die größten Tage griechischer Geschichte gemahnt und sie an Verwickelungen übertrifft! Nationen stehen einander wie Faustkämpfer gegenüber, ihre Blicke gegeneinander sind geschliffene Dolche. Antike Leiden brechen über uns herein: Versklavung der Rriegsgefangenen, Wegnahme des Eigentums, Ausstoßung der Fremdlinge und jenes ungeheure Verleumden durch das Megaphon der Zeitungen, das allein noch die Gemüter träger und gutwilliger Bevölkerungen in Bewegung zu seyen vermag. Tiefe, feierliche Angst und Ermannung des Volks, Taten vollkommener Aufopferung. Alles das in der größten Runstform, der Tragödie zu verklären: sollte nicht dieser Drang sich einstellen und das Unmögliche erreichen? Es wird wohl geschehen, daß in den Nationen, die das übelriechende Feuer grenzenloser Bosheit rings um uns angezündet haben, dieses Feuer allmählich seinen Stoff auffrißt, so wie ein Fieber im Rörper die Rrankheitsstoffe verzehrt. Gedenken wir der unerträglichen Atmosphäre des europäischen Hasses, der zu erst in den Balkankriegen sich entlud und nun auch die Hauptvölker, die letzten staatlichen Bollwerke der Gerechtigkeit überschwemmt, scheint es uns nicht, dieses Fieber erreiche allmählich den Höhepunkt der Rrisis und es müsse das Werk der Läuterung, das sich in ihm vollzieht, allmählich offenbar werden? I" der Seele der Deutschen bauen unsichtbare Hände an den Säulen des künftigen Geistesreiches. Es liegt nahe zu vermuten, daß in den andern Völkern ein ähnliches vorgeht, aber nirgends mit gleicher, bauender Stärke. Dieser Rrieg, der Ackerfelder mit den zermalmten Leibern der Menschen nährt, wird ein aufs tiefste erschüttertes Europa zurücklassen. Und so unendlich wir Getrennten heute von der Einheit des Gedankens, der Tat und der Sitte entfernt erscheinen, so nah sind wir ihr bereits durch die Gemeinsame des Leides und der Spannung. Alfons paquet lSZ