cit zehn Jahren beunruhigte eine prophetische Ratastrophen- literatur die Nerven der europäischen Völker. Die Fantasie inaktiver Offiziere und gerissener Romanschriftsteller malte die Schrecken, die wir heute erleben, mit annähernder Richtigkeit aus. Trotzdem finden sich jetzt, wo sich die poli tischen Gesichte Dostojewskis mit erstaunlicher Präzision verwirklichen, Diplomaten, die diese naturnotwcndige Ratastrophe als den Willkürakt einiger Deutschen hinstellen. So dunkel die Umstände sind, die den Einbruch des Rrieges begünstigten, so klar sind die entfernten, allein maßgebenden Ursachen. Der Dreibund war ein Friedensbund. Er benutzte nie seine militärische Uebermacht, ein anderes Land zu schädigen. Unter seiner Patronanz bereicherten sich Rußland, Frankreich und England in unerhörtester weise. Erst als aber drei von verschiedenen Haß motiven geleitete Staaten gegen den Dreibund einen Verband gründeten, der weit mächtiger, erdrückend übermächtiger zu sein schien, als der alte Dreibund, wurde Europa in die Rrisen gestürzt, die sich bis zu diesem Rriege steigerten. Der neue Verband wollte leben, aber er ließ nicht leben. Er benutzte den Schein seiner Uebermacht auf das Unverschämteste, Deutschland allmählich zu fesseln. Er machte aus jedem deutschen Expansionszug einen Rriegsgrund. Deutsch land wurde durch die Summe der unterdrückten Einzelerfolge immer mehr ge schädigt. So zeigte sich, daß diese beiden Rraftgruppen keinen Ausgleich finden können und daß der Friede in Europa nur möglich ist, wenn Deutschland sein militärisches Uebergewicht bewiesen hat. Endlich fügte es sich, daß ein Provo kationsagent des Dreiverbands, nämlich Serbien, zu früh losschoß, wie das bei jungen, nervösen Freiwilligen öfters vorkommt. Oesterreich und Deutschland konnten von ihrem Recht und ihrer Pflicht, diesen jungen Lausbuben zu züchtigen, nicht abstehen, ohne sich dadurch dauernd als unterlegen und ohnmächtig zu bekennen. So kam es zum Rriege, den der Dreiverband, wenn auch nicht schon jetzt, so doch überhaupt gewollt hatte, zu der Rraftprobe zwischen den euro päischen Rand- und den europäischen Rernmächten. Das alles ist sonnenklar, weil aber das, was dem Rriege unmittelbar vorausging, unentwirrbar ist, konnte es gelingen, Deutschland die Schuld am Rriege zuzuschieben, was später an militaristischen und antimilitaristischen Phrasen in die Welt gesetzt wurde, an dem übelriechendsten Geschwätz von der Befreiung der Völker, ist nichts als die grauenhafte Verlogenheit der europäischen Gesellschaft und ihr Bedürfnis, belogen zu werden. Deutschland hatte sofort die Welt gegen sich. Erstens weil der Anständige immer die Welt gegen sich hat, zweitens, weil die Welt ja wirklich nicht wissen konnte, was geschehen war, und der Schein gegen Deutschland sprach. wie zwischen den Juden und der ganzen Welt geht auch zwischen den Deutschen und der ganzen Welt ein unüberwindlicher Riß, und dieser Riß ist so tief und notwendig, daß, so wie die elendsten und schwächsten Juden