22 Der wirkliche Krieg ^wei Gesichter hat dieser Krieg; eines, das die auffassen, die taten los daheim ausharren müssen, ein Weites, das die sehen, die draußen an der Pheripherie irgendwie beteiligt sind. Zur beide ist nicht nur der Gesichtswinkel, unter dem die Ereignisse sich dar stellen, völlig verschieden: Der Wirklichkeitsgrad des Geschehens wird draußen ein absolut anderer, als daheim, das Verhältnis zu den geschichtlichen Akten, sobald man selbst aktiv-passiv daran be teiligt ist, vollkommen verschoben. Wer zuerst Zuschauer von drinnen her war und nachher Mitarbeiter draußen, steht auf einmal vor der Aufgabe, zwei fast gegensätzliche Bilder irgendwie }ur Deckung zu bringen. Das gleiche Problem dürfte einer späteren Geschichtsschreibung vorliegen. Die Menschen, die in den Zentren des Landes zurückgeblieben sind, befinden sich im Mittelpunkt auch des Geschehens. Sie stehen gewissermaßen auf dem Gipfel eines Berges: die Kampfstätten draußen liegen wie der Horizont gleich einem fernen Kreise um sie gebreitet. Die Aachrichten kommen fast gleichzeitig von allen Geilen. Sie überblicken die Veränderungen des Tages, sobald sie die neue Zeitung überflogen haben. Sie können vereinen und trennen, Be gehungen und Zusammenhänge sehen und so das Geschehen schon während seines Ablaufs in eine wenigstens vorbereitende geistige Atmosphäre versetzen. Die Menschen draußen haben diese Freiheit nicht. Sie sind nicht im Zentrum, sondern an der Peripherie; ja sie bilden, jeder für sich, einen (winzigen) Teil in diesem Aiesenring des Geschehens. Sie übersehen zunächst nur den kleinen Abschnitt, zu dem sie selbst gehören; Nachrichten sind später und rarer; die Mitteilung von Mensch zu Mensch übernimmt erneut einen Teil der Arbeit, die daheim die Zeitung leistet. Das Einzelne schiebt sich, weil es näher ist, vor das Ganze: man sieht den Kreis der Ereignisse nicht mehr vom Mittelpunkt aus, sondern von einem Pünktchen seiner Linie, sieht sozusagen an dieser Linie entlang — und empfindet das, was, bildlich gesprochen, um einen Halbkreis entfernt liegt, als fast außer halb der Welt, ohne jene geistige Erhöhung vollziehen zu können, die der unbeteiligte Betrachter daheim bereits vornehmen kann. Denn das ist das zweite: die Aealitätsgrade, in denen die