79 Glossen und Kritiken Aus die Süddeutschen Mo natshefte sei hiermit nachdrück lichst aufmerksam gemacht! Wer vou der Vorzüglichkeit und Vollkommen heit deutschen Wesens und deutschen Geistes allzu geru uud sorglos über zeugt ist» dessen Zufriedenheit wird bei der Lektüre dieser Hefte eine heilsame Erschütterung erfahren. Er wird sehen» was für Wesen uud was für ein Geist stch deutsch (nicht nur süddeutsch) ueuueu darf. Uud er wird erkeuneu, wie sehr wir und gegen weu wir (nach erfolgtem Zriedeo) Kämpfen uud ar beiten müssen, damit das Wort Deutschland den Klang behält, deu wir lieben. H. S. Auch auf die „Weiften Blät ter" fei recht nachdrücklich verwiesen. Aber in einem sehr anderen Sinne. Seit dem Schickste sie herausgibt, ist das Weiß dieser Blätter, das vormals zwar sehr tadellos uud füruehm, aber etwas allzu bleiern war, sehr viel bunter, leb hafter uud frischer geworden. Fast in jedem Heft findet man neben vielen Kleinigkeiten irgend eine besondere Sache. Sei es die ergreifende Ge schichte, die Kafka erzählt» vou dem Haudluugsreiseudeo Gregor Samsa, der zum Mistkäfer verwandelt durch sein hilflos trauriges Dasein seine §a- milie in Not uud Schrecken stürzt, sei es Zrauz Werfels „Gesang von der neuen Hölle", der Schale, sei es Sterv- heim» sei es eine der klugen, leiden schaftlichen und wahrhaft „guten" Be merkungen des Herausgebers selbst — immer findet mau etwas Erstaunliches, etwas Erfreuendes, etwas Schönes. Eins nur ist schade: Daß der schöne, wertvolle Text so oft durch minder wertige Bilder unterbrochen wird. Was sollen diese Bildchen da? Die sind ja noch schlechter als die, die wir im »^Zeit-Echo" bringen. Sie blieben wirklich besser weg. Soviel über die „Weißen Blätter" im allgemeinen. Sn Nr. 11 nun aber (im November 1915) ereignete sich etwas» worüber mehr zu sagen ich Unzuläng licher genötigt bin, da andere es bisher nicht taten: Heinrich Manu schreibt über Zola. — Nachdem er einige Sahre früher über Zlaubert geschrieben hat. Damals schrieb er mit ruhiger uud be herrschter Leidenschaft. Ein großer Künstler analgsierte, verteidigte uud pries deu größeren. 2m Größeren stch selbst. Die kleine Schrift war das Be kenntnis eines Künstlers. Durch das freilich viel Neues nicht bekannt und manches unterstrichen wurde, was fromme Leser schon aus den Romanen wußten. Was aber frömmere Leser im stillen hofften und glaubten, das wird in dieser neuen Schrift bekannt, die mehr als das Bekenntnis eines Künstlers, das eines Menschen (welches Menschen!) ist. Sch weiß nicht, ob Manu in seinem Urteil oder auch in deu Tatsachen immer ganz recht hat. Aber nichts ist nebensächlicher als das. Denn diese Schrift ist keine Biographie oder Kritik, bei der mau fragen dürfte: Stimmt es? Hier stimmt alles nach einem ganz uureichlichen, nach einem tief wahrhafteren Gesetz. Hein rich Mann erzählt das Leben Zolas; ganz einfach» wie mau so etwas erzählt; mit Namen, Daten uud Zitaten. Aber wenn irgendwas in der Welt, so ist diese Lebensbeschreibung eine Dichtung.