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Erschütterung aller gewohnten und berechenbaren Verhältnisse mit sich gebracht
haben, wir verhüten nur dann das Verwachsen der verstörten Beziehungen
zu neuer Ordnung, wenn wir die Lücke als Durchfahrt für den Störer offen
halten; so marschiert uns Jetzigen der Krieg als Passant durch das aufgebrochene
Gehege; es bleibt Frieden zu beiden Seiten und hält der erhofften Rückkehr
der Friedensgegenwart die Mitte offen.
Nun fragt es sich, ob die Erfahrung des Kriegs das menschliche Wesen
verändern konnte. Nach dem Ausgeführten ist dies im wesentlichen nicht an
zunehmen, denn in jede Erfahrung wird der Mensch sich selbst hineinrichten.
Jene, denen die Fähigkeit sich selbst zu wandeln als Wesensbestandteil bereits
in die wiege gelegt ist, kann eine verlorene Schlacht nicht anders umgestalten,
als ein verlorenes Blatt im wind, dem das Gefühl zufällig gefolgt war; sie
sind nicht durch die Erfahrung, sondern von vornherein verwandelt, die Um
stände sind nur die Schnur, daran sie sich entlang tasten, und nicht von ihnen
ist die Rede. Diejenigen aber, denen die Erfahrung nur eine quantitative
Vermehrung des bisherigen Bestandes ist, ändern mit der Situation die darauf
eingestellte Wesensrichtung.
was wir vom menschlichen Wesen im allgemeinen annehmen, ist bei deut
scher Art besonders zutreffend. Sicher werden temperamentvollere Völker
schneller in ihren weniger zähen wurzeln gelockert: der Deutsche ist eine
schwere Masse, die, aufgepeitscht, sich für einen Augenblick furchtbar bäumt,
dann aber in die nach außen träg scheinende Ruhe zurückdrängt.
1979 gibt uns Recht, wir kennen alre Veteranen, welche die auch jetzt sich
ereignenden wefensveränderungen durchgemacht haben; sie sind heute ihren
Mitbürgern gleich. Ihre Bräute von damals sind heute ihren niemals aus
der kleinen Sicherheit gerissenen Mitbürgerinnen gleich.
Die Unfähigkeit der Umstände den Menschen dauernd über sein ihm ge
stecktes Maß hinauszutreiben, ist die Gewäbr langen nationalen Lebens. Ein
langes Bestehen ist die erste Bedingung ausgedehnter Möglichkeiten, es ist das
große Feld, auf dem eine Generation nach der anderen ihre Scholle langsam
ergreift, festhält, verteidigt, immer nur dieselbe durchackert und der folgenden
feindlich ist. Dadurch wird langsam das ganze Feld gründlich fein durch
gebildet, und kein in die Grenzen der Bearbeitung endlich hereingerungenes
Häuflein neuen Bodens ist auf Sand gebaut, wo jeder einzelne sein geringes
Erbteil festhält, ist der Weltenhaushalt behindert Luftsprünge zu machen und
nur das nötig Gewordene setzt sich durch; der Ueberschuß neugestaltender
Kräfte jedoch wird zu keinem nutzlosen Spiel ins Hierhin und Dorthin: scharf