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fürchtenswertesten Spalt der neuen Zeit, den zwischen geistiger und ethischer
Forderung, wem Menschen beginnende, wenn auch noch so winzige Symbole
des köstlichen Geistes sind, ist unreligiös, wenn er unethisch ist. wie die
Kunst zum Stoff, so steht der Geist zur Ethik, dem „Dasein der anderen".
Es muß überwunden werden, nicht aber durch Auslassung sondern durch Ein-
beziehung. Not soll zur Tugend werden. Denn wohl rechnen wir diese ewige,
„ideelle" Realität mit, wie wir jene momentane und vergängliche ausschieden.
Ist doch das ferne Abbild, vor dem wir knieen, nicht der reine, abgetrennte,
eisige, sondern der menschliche Geist.
In hartem Bohren verästelt sich der Bund durch das Volk. Kamorrha-
gleich tauchen sie allein, zu zweien, in dieser Stadt, in jener Stadt auf. Ieder
findet beim ersten Klopfen Hilfe nach Kräften in jeder VTot. weltfremd in ihren
höchsten Zielen, aber ungemein weltnah im Durchsetzen wird die Bruderschaft sein,
ein mächtiger Ritterorden, geistlich und kämpfend, wie in alter Zeit. Auf ihre
Rechte süchtig, die Rache auf dem Fuß folgen lassend, den Vorteil der Lage
erspähend, Philosophen im Großindustriellenrock. Geschlossen treten sie den
Kultus- und Iustizministern, den Kunsthändlern und den Schulbehörden, den
Konsistorialräten und Theaterdirektoren, den Parlamenten und Zeitungsverlegern
gegenüber: wir diktieren euch unsere Forderungen — sonst Streik, Boykott.
Sie werden die Aussperrung auf sich zu nehmen wissen. Sie können leiden für
ihr Werk. Die Bruderschaft wirkt zuerst auf die, die ihr am nächsten stehen.
Von ihnen pflanzt sich der Schall fort auf die Entfernteren. Hie und da wird
aufgehorcht, die Richtung geändert. Arbeitend, unterwühlend, sich einkeilend
schafft der Bund, eins bis auf den Hungertod. Die Gesellschaft, stets unter
tänig, wo sie reale Macht spürt, beginnt schon vor den Verwaltern des Geistes
den Hut, den sie vormals aufbehielt, ebenso tief zu ziehen, wie vor ihren Göttern
des Geldschrankes und der 5A> jährigen Ahnenreihe. Die Bruderschaft erweitert
sich zur Partei. Sie sendet einige Männer in die Parlamente. Es ist nicht
wahr, daß nur der Geldsack einen Haufen Menschen zur Partei umschließen
kann. Hinter den Klerikalen stehen Wähler, die auch durch ein Überweltliches
verbunden sind. Iene primitiven Gefühle, können allerdings eine größere An
hängerschaft nach sich ziehen. Aber auch für den organisierten Geist ist Gelände
da. was nicht durch innere Macht einzunehmen geht, wird durch äußere über
den Haufen geworfen. Schon hat sich der Bund als maßgebend für die
Gesellschaft eingedrängt — etwa wie die prostituierten für die Frauenmode,
was die Bruderschaft in Schutz nimmt, davor hat man Achtung, wogegen
sie protestiert, das gerät in Mißkredit. Die Achtung der Gesellschaft muß vom
Volk nachgebetet werden, was vom Volk auf den Schild gehoben wurde,
muß der Staat einmal anerkennen. Aus der Macht im Volk, im Parlament
wird Macht in den offiziellen Kreisen. Die wirkt wieder zurück auf die Gesell
schaft. Die Wertungen der Geistigen werden angenommen. Ihre Lebensart
wird immer mehr Vorbild. Sie sitzen bereits in wichtigen Ämtern und Kollegien