FAVRETTO, GIACOMO. Venedig 1849—188;. Von bescheidener Herkunft. Zuerst Autodidakt, dann Schüler von P. Molmenti an der Akademie. Schon in seinem ersten Bild, «Lezione di anatomia» (in der «Scucla di pittura») tritt der Charakter seiner malerischen Sendung deutlich zutage: Freude am Anekdotischen, köstliche Farbigkeit, in den seltenen Porträts eine lebendige Scharfsichtigkeit. Er hat in seinem kurzen Leben eine Reihe von Meister- werken geschaffen, alle im Geschmack seines Jahrhunderts, aber doch an die venezianische Malerei des 18. Jahrhunderts erinnernd. Sein Vorläufer ist Longhi, sein Schauplatz Venedig. Er vereinigt in feiner Art die Grazie eines Chardin mit dem Geist und der prachtvollen Farbigkeit Venedigs. Wie Longhi zu Goldoni, so stand Favretto zu dem Komödienautor Gallina. Bibliographie: Molmenti: G. F., Roma 1895; E. Somare: G. F.; Milano s. a. ıs. BEGEGNUNG. Ol auf Holz, 65,5 X 44,5 cm. Das Kostüm bildet für Favretto einen Vorwand für seine Schöpfungen, liebens- würdige Erscheinungen aus einer anderen Zeit, die seine freundliche Vision der Welt beleben. Von unerschöpflichem Reichtum der Farben, vollbringt seine Ma- lerei das Wunder, eine gewissenhafte, an Miniaturmalerei erinnernde Behandlung des Details mit einer weiträumigen Großzügigkeit zu verbinden. Diese «Begeg- nung» auf dem «Ponte della paglia» zwischen den Gefängnissen und dem «Palazzo ducale», fast unter der Seufzerbriicke, verdeutlicht dies auf bewun- dernswerte Weise. Reproduziert in: Somarè, op. cit., Tafel XIV. Auf der Turiner Ausstellung 1880 ausgestellt. Abb. VII. 16. BALKON AM PALAZZO DUCALE. Ol auf Holz, 53.5 X 72,5 cm, Eine kühne perspektivische Schau — beinahe von unten nach oben — dieses präch- tigen Details des Palazzo ducale. Die Architektur leuchtet in warmen Reflexen, die Luft ist von Flügelschlägen bewegt. Reproduziert in: Somar%®, op. cit. Tafel XLIV, und in: Illustrazione italiana, Juli 1932. Ausgestellt an der Aus- stellung italienischer Kunst in London 1930 und an der 18. Esposizione biennale in Venedig. Abb. VIII. FONTANESI, ANTONIO. Reggio Emilia 1818 — Turin 1872. Er begann seine künstlerische Laufbahn in Reggio Emilia, wo er sich zum An- sichten- und Bühnenmaler ausbildete. Aber er fühlte sich immer stärker zur Landschaftsmalerei nach der Natur hingezogen und studierte die Werke Corots, Constables, Turners and Gainsboroughs, und vor allem auch diejenigen Rembrandts und Lcrrains. 1848 nahm er am Aufstand des Risorgimento teil. Er war Gari- baldianer und mußte nach Lugano fliehen. Sein Genfer Aufenthalt lehrte ihn die Kunst Calames und Didays kennen; ihr Beispiel wurde entscheidend für seine weitere Entwicklung. Da er in seiner Heimat keine Anerkennung fand, unter- richtete er von 1876 bis 1878 an der Akademie in Tokio, worauf er dann als Professor nach Turin zurückkehrte. Er ist als einer der ersten und größten italieni- schen Landschaftsmaler zu bezeichnen, und er beeinflußte die lombardische und piemontesische Landschaftsmalerei entscheidend. Er war auch Kupferstecher und Lithograph. Bibliographie: M. Calderini: A. F., pittore paesista, Torino 1925. Di