7 Jahresbericht 1913 der Zürcher Kunstgesellschaft 35 Eine freie bildhauerische Durchführung, mit starkem Wechsel von Hell und Dunkel und grosser Austiefung, war in den Kunsthausreliefs deswegen unmöglich, weil die einzelnen Felder die Wandflächen nicht unterbrechen und zerreissen durften, sondern ausschliesslich ornamen- tal zu beleben hatten; es mussten also möglichst viele Teile des Reliefbildes im gleichen hellen Licht wie die vollen Wandflächen erhalten bleiben. Bei so grosser Zurückhaltung in der Tiefengestaltung, der eigentlich bildhauerischen Arbeitsweise, konnte am Kunsthaus, wie im Relief überhaupt, für jede darzustellende Form und Bewegung nur der denkbar klarste und sprechendste Ausdruck gewählt werden; Bewegungen nach rechts oder links, aufwärts oder abwärts, nicht aber nach vorn (gegen den Beschauer hin) oder in die Wand hinein; Körper und Körperteile von Menschen und Tieren stets in der Ansicht, die die grösste Fläche und den reichsten Umriss bietet, also vornehmlich im Profil. Für die Ausbreitung und Weitung der Darstellung zum füllenden Flächenschmuck stellte sich von Anfang an die Forderung, die starken Akzente über das ganze Viereck des Reliefs zu verteilen, eher der Peripherie nahe zu bringen als der Mitte; ebenso für die gleich- mässige «farbige» Wirkung, die Formen in der Tiefe (in tieferer Ebene). des Reliefs stark zu modellieren, weil Licht und Schatten dort schwächer abgestuft sind, während im hellen Licht vorn (in der Ebene der vordern Wandfläche) schon die geringste Model- lierung sehr kräftig zur Geltung kommt ; im Interesse klarer Bildwirkung musste wiederum Form auf Form nur schwach, Form auf (Relief-) Grund hingegen stark betont werden. Ebenso verlangten naturgemäss Stellen mit starker Bewegung der Form starke Gliederung in Hell und Dunkel, in « Farbe ». Bei der Frage, wie weit vom Bildhauer in dem bisher ausgeführten Teil des Zyklus das ursprüngliche allgemeine Programm erfüllt und die besondern technischen Aufgaben gelöst sind, muss noch einmal vom Gesamtplan ausgegangen werden, wie er zur Hälfte erst in Federskizzen vorliegt. So stellt sich die Folge allerdings als ein Kampf-Fries dar, in dem sich Gruppen von unbekleideten Männern und Frauen — Krieger und Ama- zonen — und Pferdeleiber in natürlicher Kraft und Bewegung entfalten. Zum Gegensatz von Mann und Weib in Körper- und Bewegungsformen tritt vermittelnd und ornamental bedeutungsvoll das Pferd. Das erste Feld zeigt drei Amazonen um ein Pferd gruppiert, die eine wird von der zweiten auf das Pferd gehoben, eine dritte hält das ungeduldige Tier; als Handlung ist damit die Vorbereitung zum Aufbruch gegeben. Dann folgen auf lebhaft schrei- tenden Pferden zwei Jünglinge, die gespannt dem Kommenden entgegenblicken. Das dritte Feld bringt in einem springenden Pferde mit dem vorauseilenden Krieger das ungestüme Drängen nach vorwärts und leitet über zu den Feldern der Nordostfassade. Hier entbrennt der Streit. Auf einen ersten Zusammenstoss — eine vorwärts strebende Reiterin wird durch einen Krieger nach rückwärts vom Pferde gerissen -— verdichtet und verwickelt sich der Kampf. Zwei Pferde bäumen sich, auf dem einen sitzt eine Amazone und holt zum Schlage aus, das andere hält ein Mann an den Nüstern, um sich hinauf zu schwingen. Zwei Gegner umschlingen sich, ein Pferd bricht zusammen. Dann liegt ein Kämpfer am Boden, der Sieger reitet weiter, ein Fussgänger geht ihm voraus. Dieses siebente Bild führt wieder, wie das dritte, um die Ecke zur nächsten, letzten, Gruppe, die in drei Feldern noch einmal ein Aufflammen des Kampfes, dann Tod und Ermatten, zuletzt das Erlöschen des Kampfes und den Schlusspunkt aller Bewegung zeigt.