| Jahresbericht 1943 .der Zürcher Kunstgesellschaft Wenn ein Jahresbericht der Zürcher Kunstgesellschaft in verschiedene, ver- schieden getitelte Abteilungen „zerfällt“, so gilt dies nur für das Auge. Die Glie- derung ist getroffen, um den eiligen Leser, der nach Tatsachen und Zahlen fahndet, ohne Zeitverlust vor diese zu stellen. So hat er die Teile in der Hand, diese werden aber nicht nur zusammengehalten durch das geistige Band, sondern sie sind, einer neben dem andern und im andern, der unteilbare und einmalige Or- ganismus selber, den das Zürcher Kunsthaus darstellt. Es heißt ja nicht Kunst- museum, nicht Kunsthalle und nicht Kunstgalerie, wie in anderen Städten die Kunstsammlungs- und Ausstellungsinstitute benannt und gekennzeichnet werden, sondern ist als Kunst-Haus jenes alles gleichzeitig und in Einem. [m Vordergrund steht von jeher die Sammlung. Sie möchte das in anderer Form nicht bestehende zürcherische Kunstmuseum ersetzen, hegt sorgsam altübernom- menen Besitz und sucht ihn nach allen Richtungen, wo künstlerische Werte vor- handen sind, zu ergänzen und zu erweitern. Dies geschieht durch Ankäufe, durch Leihgaben und durch Schenkungen; durch Schenkungen vor allem. Die meisten und wertvollsten, die meisten seiner wertvollsten, Bestände verdankt das Kunst- haus begeisterten und uneigennützigen Privatsammlern. So schließen sich die neuesten Ankäufe ausländischer Kunst mit Renoir und Munch an das Franzosen- Vermächtnis von Dr. Hans Schuler und an die Munch-Schenkungen von Alfred Rütschi, die zwei schweizerischen Gemälde an die dem Kunsthaus verschriebene „Sammlung eines Zürcher Kunstfreundes“, die Zeichnungen alter niederländischer und italienischer Meister an die schon im Jahrhundert der Füssli und Gessner in Zürich gesammelten und in der Folge dem Künstlergütli vermachten Blätter. Die mit dem Ankaufsfonds ordentlicher Weise zur Verfügung stehenden Mittel 3ind ungenügend vor der Grösse des Ziels. Doch hat auch schon manches Ge- schenk oder Vermächtnis von Kunstfreunden an den Fonds in einer Notlage ge- holfen, oder eine gelegentliche ausserordentliche Zuwendung der kantonalen oder städtischen Behörde. Wenn die Sammlung, aus der Vergangenheit und der Gegenwart schöpfend, Unverlierbares für alle Zukunft baut, scheinen die Ausstellungen nur dem Tag zu dienen. Sie kommen, werden gesehen und gewertet, von den nächsten überstrahlt, und vergessen. In ihrer ununterbrochenen Folge bringen sie aber doch jede einen mehr oder minder starken Eindruck, der sich mit den bereits gewonnenen mengt und den ganzen geistigen Besitz des Kunstfreundes nährt und rundet. Für das Kunsthaus führen sie zu Besitz und Genuss wenigstens auf Zeit Werke herbei, wie die Sammlung sie einstweilen noch nicht besitzt, oder nie mehr wird gewinnen können, und schaffen als Information über das ausserhalb seines Bereichs vor- handene und das neben uns stets neu entstehende Kunstgut den Horizont und gemeinsamen Boden für die mit der Sorge um die Sammlung betrauten Organe. In dieser Hinsicht war das Ausstellungsjahr 1943 für das Kunsthaus ein geseg- netes Jahr.