ist. Das Geheimnis des Loches — die geheimnisvolle Anzie-
hungskraft von Höhlen in Berghängen und Felswänden».®
Die unlösbar rhythmische Einheit von Masse und Hohl-
raum bewirkt, daß dem Werk allein eine Mehrzahl von An-
sichten gerecht zu werden vermag. Immer aber enthüllt es
sich als ein gewaltig sich auftürmendes Gebirge. Der lastenden
Breitenentfaltung der blockhaften Schenkel, des ruhenden lin-
ken und des kubisch in den Raum stoßenden rechten, unter
dem ein Tunnel durchgebrochen ist, antwortet die steil sich
reckende, hoheitsvoll und säulenhaft ragende Gebärde des
janusartig doppelt bearbeiteten Kopfes, dessen Haarfrisur
physiognomischen Ausdruck bekommt. Diese «Liegende» ist
zwar nur die vorläufig letzte Gestaltung eines von Moore
häufig aufgegriffenen Motivs — sie steht am Ende einer lan-
gen Reihe ähnlicher Gebilde. Und doch entgeht der Künstler
in der Regel der Gefahr bloßer formelhafter Variation. Im
vorliegenden Fall gelingt ihm das durch die Verfremdung des
menschlich Gestalthaften ins. urtümlich Schwere, grob Klot-
zige, stumm Reglose. So ist es denn zumal dieses barbarisch
Gewaltige, in dem sich der Ausdrucksgehalt des Werkes ver-
sammelt, und das es, als ein modernes Mal von urtümlicher,
idolhafter Macht, in die Zone des Numinosen rückt.
Antoine Pevsners Kunst, wie sie sich beispielhaft in der
«Colonne developpable de la victoire» (1946)? manifestiert,
befindet sich im schärfsten nur denkbaren Gegensatz zur Welt
von Henry Moore. Die Brüder Naum Gabo und Antoine Pevs-
ner hatten schon 1920 ihr «Realistisches Manifest» veröffent-
licht, in dem sie die für ihr Schaffen fortan maßgebliche theo-
retische Grundlegung des Konstruktivismus gaben. Vier Punkte
namentlich sind es, die dabei als entscheidend hervortreten:
$ Vgl. Hofmann, a. a. O., S. 45/46.
7 Colonne developpable de la victoire; Bronzeblech, gelötet und oxydiert; Höhe
104 cm, Breite 79 cm, Tiefe 67 cm; bezeichnet A. P. und datiert 46 (auf
Bodenplatte).
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