weniger von den Umrissen als von den Mitten seiner Bestand- teile her erfaßt, und dieses gestalterische Prinzip, das über Cezanne auf Delacroix zurückweist («prendre par les milieux»), bedeutet, den Körper als Einheit von verschieden bewegten Massenkomplexen zu interpretieren, wobei starke plastische Kräfte freigesetzt werden. Im «Rückenakt» II haben klobige, kubische Elemente den Vorrang; dort, wo sie sich begegnen, entstehen harte, kantige Begrenzungen und tiefe Runsen und Schründe, die dem Spiel von Licht und Schatten Wirkungsmöglichkeiten geben und die den expressiven Charakter der Figur ausmachen. Der «Rückenakt» III bringt demgegenüber eine Wandlung im Sinn statuarischer Verfestigung: wichtig ist hier das gegenständlich als Haarzopf zu erklärende neue Motiv, das als mächtiger Vertikalakzent die Figur auf den Reliefgrund bezieht und in ihm verspannt. Diese Tendenz zur «Tekto- nisierung>» gipfelt schließlich im «Rückenakt» IV, der nun eine röhrenartig glatte, vereinfachte, gestillte Oberfläche be- sitzt: der weibliche Akt ist nur noch Substrat, Vorwand zur Gestaltung einer bedeutsamen Form voll stereometrisch ver- einfachten Gepräges, die sich als autonom künstlerischer Wert vorträgt. Fragt man sich, ob die «Rückenakte» I—IV typische Züge einer «Malerplastik» aufweisen, so wird man diese Frage be- jahen müssen. Die Verbindung Malerei-Plastik äußert sich bei Matisse in verschiedener Art. Zunächst gegenständlich darin, daß Matisse oft seine Plastiken als Motiv in seine Gemälde aufnimmt oder daß er denselben Vorwurf sowohl im Bild wie in der Plastik darstellt; am nachdrücklichsten hat er das getan mit dem «Liegenden Frauenakt» von 1907 und der gleich- zeitigen Komposition «Le nu bleus.? Auch einer der «Rücken- 3 Das plastische Werk Nr. 28. «Le nu bleu»: Baltimore, Museum of Art, vgl. Alfred H. Barr, Jr., Matisse, His Art and His Public, New York 1951, Abb. S. 336. Ur