Das Jahr war dadurch gekennzeichnet, daß das Miß- verhältnis zwischen Ausstellungs- und Sammlungsleben leider zugenommen hat. Ausstellen ist gut, sammeln wäre besser, möchte man etwas überspitzt sagen; das Ideal wäre jedenfalls ein gesundes Gleichgewicht zwischen beiden. Zwar ist wohl kaum zu leugnen, daß sich der Begriff von dem, was ein Museum sein soll, wie so vieles heute, stark gewandelt hat und weiter wandelt, im Sinne einer Abwendung vom bloßen Auf- häufen und einer höheren Wertung der lebendigen Wirkungs- und Ausstrahlungskraft, die ja nichts rein Stabiles sein kann — die Monstermuseen entsprechen wohl kaum mehr einem Ideal und sind, wenn man will, eine veraltete Form. Doch das heißt ja nicht, daß mit Ausstellungen allein auf die Dauer eine fruchtbare Wirkung zu erreichen sei, will man nicht einem Schwimmer gleichen, der nur mit den Armen rudert. Es braucht die stille Reserve und Golddeckung der Sammlung, die, dem Tagestreiben und seinen Sensationen und modischen Wertungen und Ueberwertungen entrückt, Maßstäbe gebend da ist, als ein Ort stiller Betrachtung. Was nicht hindert, daß sie ein lebendiger Organismus sein sollte, der wächst und sich entfaltet. Im letzten Jahresbericht haben wir Herrn Dr. Franz Meyer dafür gedankt, daß er während zwanzig Jahren in schwierigen Zeiten die Last des Präsidiums unserer Gesellschaft getragen hat. Er tat mehr als das, war er doch ein Anreger und Mit- arbeiter von seltener Lebendigkeit und Hilfsbereitschaft in jedem Sinn. Wenn wir vor einem Jahr sagen durften, «wir freuen uns, daß der Rücktritt aus der Verantwortung ihn nicht davon abgehalten hat, auch weiterhin am Schicksal der Gesell- schaft und des Kunsthauses lebendigen Anteil zu nehmen», so hat nun leider dieser Anteil ein allzu frühes Ende gefunden durch seinen Hinschied am 19. März 1962. Wir wissen, was das Kunsthaus und das Zürcher Kunst- leben an dem Verstorbenen verloren haben, und wir werden seiner im nächsten Neujahrsblatt gedenken.