Das Jahr war kein unerfreuliches, wenn man Zahlen Glauben schenken will. Die Besucherzahl ist nicht nur gegen- über 1963, wo sie verhältnismäßig niedrig war, sondern auch gegenüber früheren Jahren, nicht unbeträchtlich gestiegen. Solche Schwankungen sind schwer zu erklären, hängen aber wohl doch zur Hauptsache mit der Anziehungskraft der je- weiligen Ausstellungen zusammen. Denn darüber muß man sich keine Illusionen machen, das Kunsthaus lebt vor allem durch seine Aktivität, dank seinen Ausstellungen. Das ist eine Zeiterscheinung, hängt aber auch damit zusammen, daß die Sammlung nicht das nötige Gewicht hat und, so wie die Ver- hältnisse heute liegen, auch in Zukunft nicht haben wird, um große Besucherscharen in Bewegung zu setzen. Zwar wird sie, vielleicht gerade wegen ihres beschränkten Umfanges und damit ihrer Uebersichtlichkeit, heute von vielen und anspruchsvollen Besuchern oft gerühmt, doch möchte man ihr einen stärkeren Besuch, vor allem auch von seiten der Einheimischen, wünschen. Vielleicht allerdings haben wir Menschen von heute, wie wir Schweizer im besonderen, die Neigung, das durch Zahlen Belegbare zu überschätzen. Letzten Endes kommt es ja weniger darauf an, wie viele Beine eine Ausstellung oder ein Museum durchschreiten, als darauf, was in den Besuchern vorgeht, was sie sehen, wie sie sehen. Sehen, und speziell auch das Betrachten von Kunst- werken, ist etwas, das gelernt und geübt sein will, wie jede andere Fähigkeit. Sehen aber lernt man zuerst und zuletzt im dauernden Umgang mit den Werken der Kunst, im Verglei- chen. Vorausgesetzt allerdings, daß man das ist, was man auf dem Gebiet der Musik «musikalisch» nennt, für welchen Aus- druck es leider in der bildenden Kunst keine Entsprechung gibt. Doch gibt es wohl verhältnismäßig wenige ganz «unmusi- kalische» Menschen, und es ist gerade die Aufgabe eines Museums, denen, welche den Wunsch haben, sich der Kunst zu nähern, an die Hand zu gehen. Zunächst durch Bereitstel- lung des Anschauungsmaterials, aber auch durch Erklärung.