beim Lesenden durch das Buch halb verdeckt erscheinen. Die Feststellung, daß es Vuillard bei diesem Bild nicht um die Charakterisierung individueller Persönlichkeiten geht, mag auch für folgende Vermutung von Bedeutung sein. Es fällt auf, daß in der linken und in der rechten Bildhälfte je eine alte und eine als Rückenfigur gesehene jüngere Frau einander zugewandt sind: wir fragen uns, ob es sich nicht beide Male um die gleichen Figuren handelt, um Vuillards Mutter und Mme Roussel, seine Schwester? Die äußere Aehnlichkeit, so- weit diese überhaupt erkennbar ist, 1äßt diesen Schluß durch- aus zu. Wenn dem aber so ist, was will dann der Maler mit dem Bild, in dem zweimal dieselben Figuren auftreten? Es ist in erster Linie eine Komposition. Eine Komposition, die Vuillard erlaubt, anhand einiger Mitglieder seiner Familie — der Künstler hat zeit seines Lebens beinahe ausschließlich Personen gemalt, die ihm nahestanden, d.h. seine Familie, vor allem seine Mutter, und seine Freunde — sich mit einem seiner bevorzugten Themata auseinanderzusetzen: Figuren im Innenraum. In der Vuillard-Forschung gilt längst die Bezie- hung von Raum zu Bildfläche als besonders aufschlußreich, läßt sich doch die Entwicklung seiner Malerei gerade an dieser Problemstellung am deutlichsten darlegen.? Von leicht erhöhtem Standort blicken wir in einen Innen- raum, dessen rückwärtige Wand durch den obern Bildrand beschnitten wird, während der von mehreren Teppichen be- deckte Boden die Tiefe des Raumes hervorzuheben scheint. Die breite Bodenzone erlaubt, Figuren und Möbel in differen- zierten Tiefenschichten zu placieren;: dem Betrachter am nächsten steht der Tisch in der Bildmitte, dessen vorderstes Bein sogar vom untern Bildrand überschnitten wird. Diesen beinahe berührend, stehen die beiden schräg nach links sich öffnenden Rückenfiguren in zweitvorderster Front, wie bereits erwähnt einer älteren Frau zugewandt, die sich beide Male un- ? Am ausführlichsten Schweicher, op. cit. 52