Hinweis auf einige Neuerwerbungen ODILON REDON, BEATRICE (VITRAIL), UM 1905 Die Gestalt der Beatrice taucht häufiger in Redons Werk auf. Zum ersten- mal verwirklichte er sie in einer Kohlezeichnung von 18861, und 1897 war sie das Thema einer Farblithographie für das von Vollard herausge- gebene «Album des Peintres-Graveurs?». In dieser Lithographie er- scheint sie ähnlich schemenhaft in reiner Profilansicht wie in dem Pastell des Kunsthauses, wobei allerdings der Körper bis zum Brustansatz mit- gegeben ist. 1914 malte Redon das Ölbild « Dante und Beatrice». Redons Beschäftigung mit Dante läßt sich bis in seine künstlerischen Anfänge zurückverfolgen. Sein erstes datiertes Bild von 1861 trägt den Titel « Dante und Vergil». Dieses Thema wurde in der Romantik sehr oft dar- gestellt, wie überhaupt Dantes « Göttliche Komödie» in der Kunst jener Zeit eine große Rolle spielte. So ist es nicht verwunderlich, daß sich auch Redon, dessen Werk mancherlei Beziehungen zur romantischen Tradition aufweist, während seines ganzen Lebens immer wieder von Dante inspl- rieren ließ, 1875 schrieb er in sein Tagebuch: «J’ai ouvert le vieux Dante, il ne me quitte plus. Nous allons vers une amitie serieuse®?.» Von Anfang an vermied es Redon jedoch, wie seine Vorgänger die im Text beschrie- benen Einzelheiten wiederzugeben. Auch das Pastell «Beatrice» ist keine «literarische» Darstellung der Danteschen Gestalt. Es zeigt ein körperlos schwebendes Frauenprofil inmitten von Blumen unter einem Spitzbogen. Das asymmetrisch in das Bild hineinragende braune Profil ist völlig flächig gehalten. Die dunkelbraunen Binnenlinien von Auge, Nasenflügel und Haaren sind kaum wahrnehmbar, so daß der Kopf wie ein Schattenbild wirkt. Bedeutungsvoll ist allein die klare Sil- houette. Sie wird durch eine hellblaue Umrißlinie betont, die sich wie ein Lichtkranz um die dunkle Form legt und den Eindruck erweckt, als werde sie von hinten beleuchtet. Das Unwirkliche und Mysteriöse, das der Kopf dadurch bekommt, wird noch durch seine Körperlosigkeit ver- stärkt. Der Ausdruck des Gesichtes ist auf die idealisierte Schönheit und Reinheit des Profils reduziert.