MARK ROTHKO, WEISS, SCHWARZE UND GRAUE TÖNE AUF KASTANIENBRAUN, 1963 Der düster feierliche Farbklang von Weiß, Schwarz und Dunkelviolett ist für eine ganze Schaffensperiode Rothkos symptomatisch. Für die Wand- bilder des 1958 geplanten, leider nicht zustande gekommenen Konferenz- saales des von Mies van der Rohe und Philip Johnson erbauten Seagram Buildings in New York beschränkt er seine zuvor strahlenden und kon- trastreichen Farben auf eine warme Skala zwischen Braunrot und Schwarz. Mehrere Gemälde der früheren sechziger Jahre, darunter auch das vom Kunsthaus erworbene, übernehmen die Farbstimmung der Seagram paintings, indem sie allerdings die zuvor warmen Erdtöne zusehend ver- dunkeln. 1965-67 arbeitet Rothko für eine Kapelle in Houston, Texas, an mehreren Wandbildern, die beinahe monochrom Schwarz in Schwarz gehalten sind. Zum bessern Verständnis der Intentionen von Mark Rothko wiederholen wir auszugsweise die Ausführungen von Professor Werner Haftmann, die er dem Katalog der Rothko-Ausstellung in Zürich, Berlin und Düsseldorf mitgegeben hat: Rothkos Tafeln haben in ihrer Farbigkeit eine starke suggestive, ja hyp- notische Kraft. Sie locken den Betrachter langsam heran, sie verlangen von ihm eine eindringliche Neugier, verschließen sich aber sofort, wenn man sie verhören will. Nur das langsame meditative Einsehen bewirkt das langsame Kommen des Bildes. Erst durch eine Folge von Entzifferungen erreicht man den Standort, von dem aus die Botschaft des Bildes und sein Inhalt lesbar wird. Als ich vor dem großen Bilde in Venedig stand, fühlte ich mich nach einer kleinen Weile plötzlich als «Figur davor» — einbezogen also in den Raum des Bildes selbst, hineinverfügt in sein rhythmisches Atmen, und begriff, daß es nicht das ästhetische Ding, das «Bild» heißt, war, das diesen Maler vorrangig interessierte, sondern der Bezug, der sich in ihm zum uns umstellenden Raumwesen herstellte und für den er das erfül- lende «Imago» suchte, das er ständig umkreiste. Damit hatte ich mich