gehalten werden, daß der Surrealismus in allen seinen Spielarten ver-
sucht, Erlebnisbereiche freizulegen und zu aktivieren (Automatismus,
Traum, Vision, Halluzination usw.), die nur individuell erfahrbar sind,
und daß er konsequenterweise sich gegen die von einem Kollektiv eta-
blierten Werte wie Logik und Ethik wendet. Kein Wunder also, wenn
ım Grunde allen bedeutenderen, dem Surrealismus zugerechneten Malern
ein ausgesprochen persönlicher Stil eigen ist, der Verwechslungen, wie
sie beim Kubismus prima vista unterlaufen mögen, in eindeutiger Weise
verunmöglicht. Die oft vorgetragene Unterscheidung des Surrealismus in
eine vom Automatismus des Schaffensprozesses her zum Abstrakten ten-
dierende Seite (zum Beispiel Mirö, Masson) und eine veristische Strö-
mung (zum Beispiel Max Ernst, Magritte) hilft zwar eine gewisse Über-
sichtlichkeit in der Vielzahl der Stimmen zu schaffen, vergröbert aller-
dings auch das Bild, da mehrere Künstler, und unter diesen gerade Tan-
guy, auf den wir im folgenden einzugehen haben, sich einer derartigen
Klassifizierung entziehen. Und es bleibt weiterhin zu bedenken, daß auch
die Vertreter innerhalb dieser beiden Hauptrichtungen in ihrem künst-
lerischen Anliegen wesentlich differieren; so haben beispielsweise Max
Ernst (von dem das Kunsthaus glücklicherweise drei charakteristische
Werke besitzt) und Magritte recht wenig miteinander zu tun. Aus dem Ge-
sagten geht hervor, wie erfreulich die Tatsache ist, daß das Kunsthaus heute
dank den beiden neu in die Sammlung gekommenen Bildern von Rene
Magritte und Yves Tanguy in der Lage ist, die verschiedenen Ausdrucks-
möglichkeiten des Surrealismus etwas besser zur Geltung zu bringen.
Der 1898 geborene Belgier Rene Magritte lebte von 1927 bis 1930 in der
nahe bei Paris gelegenen Ortschaft Perreux-sur-Marne. In dieser Zeit
unterhielt er enge Kontakte mit der Pariser Surrealistengruppe um Andre
Breton, in diesen Jahren aber fand er auch seinen eigenen Stil und arbei-
tete seine Bildvorstellungen aus, die er bis zu seinem Tod 1967 ohne