Jahresbericht
Zürcher Kunstgesellschaft
1973
Zürcher Kunstgesellschaft
Jahresbericht
1975
Das Jahr 1973 stand gewissermaßen im Zeichen der Sammlung. Ein Zu-
sammentreffen günstiger Umstände brachte den Beständen des Kunst-
hauses an Kunstwerken einen Zuwachs, der, was Qualität und Zahl be-
trifft, außerordentlich genannt werden kann. Wir wollen hoffen, daß
solche Glücksfälle sich auch in Zukunft wiederholen; denn auch für ein
Museum und seine Sammlung gilt in gewissem Sinn die Spruchweisheit
«wer rastet, rostet». Daß Museen sich entwickeln müssen, hat bereits
Goethe erkannt, wenn er in seinem Essay über Winckelmann schreibt:
«Traurig ist es, wenn man das Vorhandene als fertig und abgeschlossen
ansehen muß. Rüstkammern, Galerien und Museen, zu denen nichts hin-
zugefügt wird, eignet etwas Grab- und Gespensterartiges; man beschränkt
seinen Sinn in einem so beschränkten Kunstkreis, man gewöhnt sich,
solche Sammlungen als ein Ganzes anzusehen, anstatt daß man durch
immer neuen Zuwachs erinnert werden sollte, daß in der Kunst wie im
Leben kein Abgeschlossenes beharre, sondern ein Unendliches ın Be-
wegung sel. »
Es sei festgehalten, daß wir ein so erfreuliches Wachstum der Sammlung
zu einem nicht geringen Teil privater Munifizenz zu verdanken haben.
Davon wird im Abschnitt über die Sammlung eingehender die Rede sein.
Doch sei hier schon daran erinnert, daß am 17. November 1975 ein Saal
Chagall eröffnet werden konnte, den wir dem Entgegenkommen des
Künstlers und seiner Gattin, die der Schweiz und Zürich freundschaftlich
verbunden sind, dann aber auch der Verhandlungskunst, dem Enthusias-
mus und der finanziellen Hilfe von Zürcher Sammlern, vor allem Herrn
G. Zumsteg, verdanken. Erinnert sei ferner an den Zürcher Sammler,
der einen Teil seiner Sammlung von Picasso-Grafik der Gottfried Keller-
Stiftung zuhanden der Schweizer Museen schenkte. Aus diesen Beständen
erhielt das Kunsthaus 69 Blätter, welche unsere Kollektion von grafischen
Werken des Künstlers in schöner Weise erweitern. Wie jedes Jahr hat auch
die Vereinigung der Zürcher Kunstfreunde mit wichtigen Werken zur
Erweiterung der Sammlung beigetragen.
Angesichts dieser Entwicklung der Sammlung ist es erfreulich, daß der
Erweiterungsbau des Kunsthauses bis jetzt nach Plan fortschreitet. So
können wir — falls keine unerwarteten Ereignisse auftreten — hoffen, den
Neubau Ende nächsten Jahres zu eröffnen, was selbstverständlich eine
Neueinrichtung aller Sammlungsräume des Kunsthauses voraussetzt.
Es ist begreiflich, daß die Bauarbeiten nicht ohne Einfluß auf den Kunst-
hausaltbau und dessen Betrieb sind, auch wenn dies für den Besucher
bis jetzt, wie wir hoffen, wenig spürbar war. Intern jedoch bringt der Bau,
vor allem auch unsern Handwerkern, mehr Arbeit, müssen doch Räume
geleert und deren Inhalt umgelagert werden. Wir möchten daher an dieser
Stelle unserem Personal danken, daß es uns trotz der temporären Mehrar-
beit in dem Bestreben unterstützt, die Aktivitäten des Kunsthauses nicht
allzu drastisch einzuschränken.
Es ist klar, daß die Teuerung auch am Kunsthaus nicht vorbeigeht und
daß auch von dieser Seite her für den Betrieb Schwierigkeiten entstehen.
Ganz besonders im Ausstellungswesen, wo die Versicherungen eine immer
drückendere Belastung werden. Doch hoffen wir, daß dank dem Ver-
ständnis der Behörden auch hier in naher Zukunft Abhilfe geschaffen
werden kann.
Sammlung
Wie schon im Eingang dieses Berichtes erwähnt, hat die Sammlung eine
sehr wesentliche Bereicherung erfahren, wobei Spenden von privater
Seite eine wichtige Rolle spielten. Das Kunsthaus besitzt nun einen
Chagall-Saal, in dem fast alle Schaffenszeiten des Künstlers sowie seine
wichtigsten Themenkreise durch bedeutende und bezeichnende Werke
vertreten sind. Aus der Zeit in Rußland, noch vor dem Ersten Krieg,
stammt «Die Geburt», 1910, welche zu den zentralen Werken dieser
Epoche gehört. Ihr antwortet in einem gewissen Sinn «Le martyr», 1940,
der entstanden ist unter dem Druck der Unmenschlichkeit, die in den
dreißiger Jahren die Oberhand zu gewinnen drohte. Auch jene hal-
kyonische Zeit der zwanziger Jahre zwischen dem ersten Weltkrieg und
der aufziehenden schlimmeren Bedrohung, die zum zweiten führte, ist
durch ein Hauptwerk vertreten, das zu den leichtesten und fast wie im
Traum gelungenen Bildern des Künstlers gehört: «Das Fenster», das
bereits 1970 durch Schenkung von Herrn G. Zumsteg an die Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde in die Sammlung des Kunsthauses gelangte. Die-
sem Bild entspricht, nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, das zau-
berhafte Werk «Lichter der Hochzeit», 1945. Zartes Wiederaufleben
der Hoffnung und zugleich Erinnerung an Chagalls erste Frau Bella, die
er während des Krieges in Amerika verloren hatte. Der Verlust erschüt-
terte den Künstler so, daß er eine Zeitlang nicht zu arbeiten vermochte.
Die «Lichter der Hochzeit » sind auch in diesem Sinn ein Neubeginn. An
die «Lichter der Hochzeit» schließen sich zwei Bilder an, in denen das
Glück der Liebe voll zum Ausdruck kommt, zwei Variationen gleichsam
über dieses große Thema Chagalls: «Les amoureux en gris» und «Au-
dessus de Paris». Zu diesen Bildern gesellen sich die beiden Werke, die
das Kunsthaus bereits besaß: die Gouache «Der Metzger» und «Der
Krieg», der 1967 von der Vereingung Zürcher Kunstfreunde erworben
wurde. Dazu kommen die Leihgaben, die Chagall und seine Frau auf
zehn Jahre als Ergänzung zur Verfügung gestellt haben. Dies geschah auf
Ersuchen der Zürcher Initianten, welche hoffen, daß das eine oder andere
der Bilder während der zehn Jahre seinen Weg in die permanente Samm-
lung finden werde. Bereits hat sich denn auch die Union-Rückversiche-
rungs-Gesellschaft bereit erklärt, uns ein weiteres Bild zu schenken. Wahr-
scheinlich wird es sich um «Au-dessus de Witebsk», 1922, oder «Le pas-
sage de la Mer Rouge», 1955, handeln.
Eine schöne Ergänzung hat sodann die Vertretung des Surrealismus in der
Sammlung gefunden, die bis jetzt zahlenmäßig — nicht was die Qualität
der wenigen Werke betrifft — eher schwach war. Die Vereinigung Zürcher
Kunstfreunde bewies Verständnis für unsern Wunsch, diese Gruppe
weiter auszubauen, indem sie ein wichtiges Bild von Rene Magritte aus
den zwanziger Jahren — der eigentlichen Blütezeit des Surrealismus —
erwarb: «La vie secrete», 1928. Die Vereinigung hat damit nicht nur
ein schönes und seltenes Bild zur Verfügung gestellt, sondern erfreulicher-
weise so etwas wie eine Initialzündung gegeben, bewog doch die Freude
über diesen Zuwachs einen Zürcher Sammler, eine weitere Lücke zu
schließen, indem er ein ausgezeichnetes Werk von Yves Tanguy, « De-
main», 1938, schenkte. Ende des Jahres hat dann die Sammlungskom-
mission die Gelegenheit wahrgenommen, zwei Werke der Schweizer
Surrealistin Meret Oppenheim zu erwerben.
Einen wichtigen Zuwachs erfuhr auch die Gruppe kubistischer Bilder,
indem Herr Max Kaganovitch, unserem Museum seit Jahren freund-
schaftlich verbunden, zur Erinnerung an seine aus Zürich stammende ver-
storbene Frau ein Hauptwerk von Roger de la Fresnaye, «La femme aux
nuages», um 1911/12, schenkte. Auch von Georges Braque durften
wir ein sehr schönes Werk von 1927 als Geschenk in Empfang nehmen.
Frau Stefanie Staub-Schober, Männedorf, schenkte uns nicht nur dieses
Bild, sondern auch von Gustave Courbet «Schafherde am Abend» und
eine kleine Terrakotta, «Liegender Frauenakt», von Aristide Maillol.
Frl. Elisabeth Feller, die wir anfangs 1973 leider durch den "Tod verloren
und deren Verdienste wir bereits im letzten Jahresbericht gewürdigt
haben, hat uns noch zu Lebzeiten in unserem Bestreben unterstützt, für
das Museum eine sein ganzes Schaffen vertretende Gruppe von Zeich-
nungen Hans Aeschbachers zu gewinnen. Aus ihrem Nachlaß erhielten
wir sieben wichtige Blätter, die wir durch den Ankauf von weitern sieben
Zeichnungen vom Künstler selbst ergänzten.
Auch aus dem Gebiet der älteren Schweizer Kunst durften wir zwei Werke
in Empfang nehmen, nämlich von den Erben Robert Müller-Keyser: Ru-
dolf Koller «Kühe mit Kindern und Enten am Wasser beim Zürichhorn»,
um 1876; und von Herrn Dr. E. Bourgeois, Luzern, ein Bildnis des be-
kannten Zürcher Arztes Dr. Johannes Hotze von Alexander Speiß-
egger.
Zu der reichen Ernte an Geschenken kommen die Werke, welche wir aus
dem Sammlungsfonds ankaufen konnten, der durch das große Legat von
Herrn Emil Otto Berthele sowie durch weitere Schenkungen ungewöhn-
lich wohl dotiert war. Es wurde daher möglich, unsern Bestand an Werken
der zeitgenössischen amerikanischen Malerei wesentlich zu ergänzen. Von
Robert Rauschenberg wurde ein hervorragendes Bild der entscheidenden
fünfziger Jahre angekauft: «Trophy I», 1959, das zusammen mit den
bereits zur Sammlung gehörenden Werken den Künstler nun vollgültig
repräsentiert. Besonders erfreulich war, daß gleichzeitig ein wichtiges
Werk von Jasper Johns, «Zone», 1962, in die Sammlung einging. Zu
dem Werk «Genähte Quadrate», 1959, von Pietro Manzoni, das wir be-
reits besaßen, wurde als weiteres Beispiel monochromer Malerei von Yves
Klein «Relief planetaire RP8», 1961, erworben.
Die Schweizer Kunst der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts erhielt einen
bedeutenden Zuwachs durch das große Frühwerk von Max Gubler, «Sizi-
lianische Musikanten », 1930/31. Dazu kommt eine Landschaft von Albert
Trachsel, auf dessen kleines, aber eigenartiges und wichtiges (Kuvre man
heute wieder aufmerksam geworden ist.
Die Listen in den Jahresberichten unterrichten darüber, wie stark unsere
Sammlung durch Leihgaben an auswärtige Ausstellungen beansprucht
wird. Wir sind grundsätzlich für eine liberale Ausleihpolitik, wissen wir
doch aus eigener Erfahrung, wie wichtig, fördernd und anregend sinn-
volle Ausstellungen sein können. Allerdings sind die Gesuche um Leih-
gaben so zahlreich, daß notwendigerweise Grenzen gesetzt werden müs-
sen. Das entscheidende Wort haben dabei die Restauratoren. Jedes Aus-
leihgesuch geht zuerst an sie, damit sie entscheiden, ob eine Reise des
Werkes verantwortet werden kann. Weiter ist zu prüfen, wie wichtig
und notwendig eine Ausstellung ist. Doch auch so ist die Liste der Werke,
die vorübergehend abwesend sind, groß genug. Das gibt uns jedoch auf
der andern Seite Gelegenheit, zeitweise Bilder und Plastiken, die sonst
im Depot sind, zu zeigen und so die Treue regelmäßiger Sammlungs-
besucher zu honorieren. Wir wissen, daß es sich bei dieser Art Besucher
um eine Minorität handelt, eine Minorität aber, die uns wertvoll ist,
so daß alles getan werden sollte, um sie zu vergrößern. Wir hoffen,
daß uns der Neubau dazu vermehrt Gelegenheit bieten wird, indem wir
nicht nur mehr Platz für die Sammlung als Ganzes, sondern auch für
sammlungsinterne Ausstellungen gewinnen. In dem Bestreben, schon
jetzt auf weniger bekannte Bestände der Sammlung hinzuweisen, haben
wir Ende des Jahres eine kleine Sonderschau von Dürer-Grafik gezeigt,
die wir jener praktisch vollständigen Sammlung von Dürer-Drucken ent-
nehmen konnten, welche die Familie Schindler uns als Leihgabe auf lange
Sicht zur Verfügung stellt.
In dem kleinen Raum vor dem Schalter der Büros war die Grafikfolge
Kandinskys, «Kleine Welten», zu sehen als Hinweis auf die schöne gra-
fische Sammlung, die das Kunsthaus besitzt. Diese wird allerdings in
nächster Zeit Ansprüche stellen, bedarf sie doch einer Neuordnung und
vermehrter Pflege, wenn sie, wie wir hoffen, im Neubau sich mehr wird
entfalten können.
RESTAURIERUNGSARBEITEN AN WERKEN DER SAMMLUNG
Konservierungsarbeiten an Bildern
Inv. Nr.
897
29260
1968/18
1972/19
1944/32
2319
87
1952/61
C. Amiet
P. Bonnard
H. Fischli
J. Itten
A. H. Pellegrini
G. Segantini
A. Sprecher v. Berneck
N. de Stael
Frau im Garten
Signac und seine Freunde
im Segelboot
Dunkle Tafel I
Geometrisch/organisch
Vorfrühling bei Crans
Evocazione creatrice della musica
Stilleben mit Trauben
Compwvosition 1951
Restaurierung beschädıigter Plastiken
1958/15 O. Ch. Bänninger
G-S 28 A. Gilacometti
Kopf Emil G. Bührle, Gips
La main, Gips
Reinigung von Plastiken
G-S 13 A. Giacometti
G-S 12 A. Giacometti
Femme, Marmor
Täte qui regarde, Marmor
ANKÄUFE
Gemälde und Skulpturen
Albert Trachsel
Max Gubler
Meret Oppenheim
Landschaft am See um 1910
Öl auf Leinwand, 105 x 130 cm, bezeichnet unten
links: A. TRACHSEL. Inv.-Nr. 1973/27
Sizilianische Musikanten 1930/31 (Abb. 11)
Öl auf Leinwand, 206 x 190 cm, bezeichnet unten
rechts: M Gubler 30-31, Inv.-Nr. 1953/6
(bisher Leihgabe)
Fleur masque 1958 (Abb. 10)
Bemalte Holzskulpturin Wurzelstock, 108 x 54 x 40cm,
bezeichnet auf Bodenfläche des Wurzelstocks: Mas-
kierte Blume M. O0 [G 42] 33 Fleur masque (Germe)
M. O. Inv.-Nr. 1973/42
Why why 1968
Collage auf Leinwand mit Farbstiftzeichnung, Stoff-
vase mit 3 Blumen aus Holz, Porzellan und Papier,
70x55 X 10 cm, bezeichnet unten rechts:
M O XI 68. Inv.-Nr. 1973/41
Robert Rauschenberg
Friedrich Kuhn
Trophy I 1959 (Abb. 14)
Collage mit Stoff, Blech, Holz, Papier, Öl,
168 X 104 cm, bezeichnet auf Rückseite:
RAUSCHENBERG 1959 TROPHY ToM. C
(for Merce Cunningham). Inv.-Nr. 1973/23
Trauminsel 1960
Öl auf Leinwand, 74 X 94 cm, bezeichnet unten
rechts: 1960 Friedrich Kuhn. Inv.-Nr. 1973/39
Yves Klein
Jasper Johns
Bernhard Lüthi
Jakob Bill
Annemie Fontana
Aja Iskander Schmidlin
Relief planetaire RP8 1961 (Abb. 13)
Gips bemalt auf Hartplatte, 60 x 64 cm.
Inv.-Nr. 1973/26
Zone 1962 (Abb. 15)
Öl auf Leinwand mit Objekten, 153 X 91,5 cm,
bezeichnet unten links: ZONE. Inv.-Nr. 1973/24
Konvex/konkave Ecke 1967
Acryl auf Leinwand, 3 Quadrate, 240 x 240 cm,
1 Dreieck, 345 x 345 x 345 cm. Inv.-Nr. 19753/9
No. 18 1972
Öl auf Leinwand, 120 x 120 cm, bezeichnet auf
Rückseite: Jbill 1972 no. 18. Inv.-Nr. 1973/1
Kontrast IV 1972
Messing, 34x36 x 36 cm. Inv.-Nr. 1973/2
Blutkern 1972
Öl auf Leinwand, 100Xx81 cm, bezeichnet unten
rechts: Aia 72. Inv.-Nr. 1973/4
Zeichnungen und Druckgrafik
Hans Aeschbacher
Weibliche Halbfigur 19535
Tusch Federkiel, 51,8 x 35,5 cm, bezeichnet unten
rechts: 27. Z. Inv. 1973/1
Weiblicher Akt 1939
Tusch Feder, 50,5 x 26,5 cm, bezeichnet unten
links: H Ae 39 (492). Z. Inv. 1973/2
Weiblicher Akt 1947
Farbstift siena, 29,8 X 21 cm, bezeichnet unten
rechts: H Ae 47/16. Z. Inv. 1973/3
Zeichnung 69 1961
Weiße Tusche auf schwarzem Papier, 50x35 cm,
bezeichnet unten rechts: H AE 61 (69). Z.Inv. 1973 /4
Zeichnung 71 1961
Tusch ultramarin, 50 X 39 cm, bezeichnet unten
links: H Ae 61 (71). Z. Inv. 1973/5
Zeichnung 1 19653
Bleistift, 49,8 x 38,8 cm, bezeichnet unten links:
H Ae 1963 (1). Z. Inv. 1973/6
Zeichnung 27 1972
Tusch Feder, 50 X 38,5 cm, bezeichnet unten links:
Hans Aeschbacher 27/1972. Z. Inv. 1973/7
VERKÄUFE
keine
GESCHENKE
SCHENKUNG MARC CHAGALIL
Von Frau Vava Chagall
Marc Chagall
Les amoureux en gris 1956-1960 (Abb.4)
Öl auf Leinwand, 130 X 97 cm, bezeichnet unten
rechts: MARC CHAGALL 1956-60. Inv.-Nr. 1973/28
Von den Herren Karl G. Steiner, Max Kohler, Peter Walder
und der Handelsbank in Zürich
Marc Chagall
La naissance 1910 (Abb. 1)
Öl auf Leinwand, 65 X 89 cm, bezeichnet unten
rechts: Chagall 1910. Inv.-Nr. 1973/29
Von der Elektrowatt
Marc Charxall
Le martyr 1940 (Abb. 2)
Öl auf Leinwand, 164,5 x 114 cm, bezeichnet unten
links: Marc CHAGALL 1940. Inv.-Nr. 1973/30
Vom Nachlaß Ernst Göhner
Marc Charxall
Les lumi&eres du mariage 1945 (Abb. 3)
Öl auf Leinwand, 123 x 120 cm, bezeichnet unten
rechts: MARC CHAGALL 1945. Inv.-Nr. 1973/31
Von der Walter Haefner Holding AG
Marc Chagall
Au-dessus de Paris 1968 (Abb. 5)
Öl auf Leinwand, 148 x 140 cm, Inv.-Nr. 1973/32
Von Herrn Dr. E. Bourgeotis, Luzern
Alexander Speißegger
Bildnis Dr. Johannes Hotze Ende 18. Jh.
Öl auf Holz, 22 x 17,5 cm, bezeichnet unten links:
par A. Speisegger. Inv.-Nr. 1973/40
Von Frau Stefanie Staub-Schober, Männedorf
Gustave Courbet
Georges Braque
Aristide Maillol
Schafherde am Abend um 1860
Öl auf Leinwand, 50,5 x 96 cm, bezeichnet unten
rechts: G. Courbet. Inv.-Nr. 1969/4
(bisher Leihgabe)
Nature morte au journal 1927 (Abb. 7)
Öl auf Leinwand, 29 x 73 cm, bezeichnet unten
links: G Braque 27. Inv.-Nr. 1969/5
(bisher Leihgabe)
Liegender Frauenakt um 1900
Terrakotta, 11,6 x 23,5 x 8,5 cm, bezeichnet an
Platte hinten: M. Inv.-Nr. 1969/5
(bisher Leihgabe)
Von den Erben Robert Müller-Keyser
Rudolf Koller
Kühe mit Kindern und Enten am Wasser
beim Zürichhorn um 1876
Öl auf Leinwand, 70 X 107 cm, bezeichnet unten
rechts: RKoller. Inv.-Nr. 1973/8
Von Herrn M. Kaganovitch in Erinnerung an seine Frau Rosy, geb. Wyspa
Roger de la Fresnaye
La femme aux nuages um 1911/12 (Abb. 6)
Öl auf Leinwand, 106 x 91 cm, bezeichnet unten
rechts: R de la Fresnaye. Inv.-Nr. 1973/10
Von einem Kunstfreund
Yves Tanguy
Demain 1938 (Abb. 9)
Öl auf Leinwand, 54,5 x 46. cm, bezeichnet unten
rechts: YVES TANGUY 358. Inv.-Nr. 1973/6
Von Fräulein Elisabeth Feller, Horgen
Hans Aeschbacher
Weiblicher Akt 19453
Tusch siena Feder, 29,5 x 21 cm, bezeichnet oben
rechts: Hans Aeschbacher 1943, (9) E. F.
Z.. Inv. 1973/8
Holzartig 1947
Farbstift siena, 29,5 X 21 cm, bezeichnet unten
links: H Ae 47, Hans Aeschbacher 1947, (26) E. F.
Z. Inv. 1973/9
Stein-Idol 1947
Bleistift, 29,5 X 21 cm, bezeichnet unten links:
Hans Aeschbacher, (40) E. F., unten rechts:
H Ae 47. Z. Inv. 1973/10
Würfel 1947
Bleistift, 29,5 X 21 cm, bezeichnet oben rechts:
Hans Aeschbacher 1947 (44) E. F. (Rückseite:
3 Frauenakte). Z. Inv. 1973/11
Traubenformen 1947 (Abb. 12)
Bleistift siena, 29,521 cm, bezeichnet oben links:
Hans Aeschbacher, (58) E. F., unten links:
H Ae 47. Z. Inv. 1973/12
Holzlinien 1947
Farbstift umbra, 29,5X21 cm, bezeichnet unten
links: Hans Aeschbacher 1947 (86) E. F., H Ae 47.
Z. Inv. 1973/13
Prismen 1947
Farbstift siena, 29,5 X 21 cm, bezeichnet oben links:
Hans Aeschbacher 1947 (91) E. F., unten rechts:
H Ae 47. Z. Inv. 1973/14
Von Frau Martha Ertl, Valencia, Venezuela
Eugene V.
DBI1e:
Alte im Lehnstuhl 1933
Tusch Pinsel, 59 x 44 cm, bezeichnet unten links:
EVB 33. Z. Inv. 1973/15
Komposition (Rückenakt) um 1960
Tusch Pinsel, 60,5 x 45,5 cm, bezeichnet unten
rechts: E. Z. Inv. 1973/16
Vom Verleger Christophe Czwiklitzer, Parıs
Vision russe. Album de huit lithographies originales en couleurs de
peintres et sculpteurs d’origine russe. Paris 1972, 1975. 2 Mappen mit
Blättern von Michel Andreenko, Serge Charchoune, Pierre Dmitrienko,
Pierre Grimm, Nadia Khodossievitch-Leger, Paul Mansouroff, Anna
Staritsky, Ossip Zadkine, Georges Annenkov, Leonardo Benatov, Maurice
Blond, Philippe Hosiasson, Nicolas Issaiev, Ida Karskaya, Andre Lanskoy,
Leon Zack
Gr. Inv. 1973/7085
Vom Künstler
Lee Waisler
Theatre 1972
Triptychon von 6 Farbradierungen. Gr. Inv.
1973/86—91
Vier Menschen 1972
Farbradierung. Gr. Inv. 1973/92
Graphische Arbeiten verschiedener Donatoren und der Künstler gingen
ein von Max Bill, Andre Eme, Charles Hug, Ronald Kocher, Guido Bal-
samo Stella.
DAUERLEIHGABEN DER VEREINIGUNG ZÜRCHER KUNSTFREUNDE
Rene Magritte
Jan Schoonhoven
Raffael Benazzi
La vie secrete 1928 (Abb. 8)
Öl auf Leinwand, 73 x 54,5 cm, bezeichnet unten
rechts: Maegritte. Inv.-Nr. 1973/5
Rechteckige Fächer mit schrägen Innen-
flächen in zwei Richtungen 1969
Kartonrelief auf Holzplatte, bemalt, 104 X 104 X 8 cm,
bezeichnet auf Rückseite: J. J. Schoonhoven 1969
« Rechthoekige vakken met schuine binnenvlakken
in twee richtingen ». Inv.-Nr. 1973/3
Figur 1465 1972 (Abb.16)
Holz, 130 x 212 x 140 cm. Inv.-Nr. 1973/7
LEIHGABEN
von der Gottfried-Keller-Stiftung
Pablo Picasso
69 graphische Blätter aus der Schenkung
Georges Bloch
Gr. Inv. 1973/1—69
Von Frau Paulette Goddard-Remarque
Fayum, 1.—2. Jh. n. Chr.
Claude Monet
9 Mumienbildnisse
Frau. Mischtechnik auf Holz, 29,5 x 15,5 cm.
Inv.-Nr. 1973/11
Kind. Mischtechnik auf Holz, 23,5 x 13,5 cm.
Inv.-Nr. 1973/12
Frau. Mischtechnik auf Holz, 30 x 11,8 cm.
Inv.-Nr. 1973/13
Frau. Mischtechnik auf Holz, 33,5 X 19 cm.
Inv.-Nr. 1973/14
Frau. Mischtechnik auf Holz, 31 X 17 cm.
Inv.-Nr. 1973/15
Frau. Mischtechnik auf Holz, 39 x 17,5 cm.
Inv.-Nr. 1973/16
Mann. Mischtechnik auf Holz, 30 x 17 cm.
Inv.-Nr. 1973/17
Frau. Mischtechnik auf Holz, 31 X 17 cm.
Inv.-Nr. 1973/18
Frau. Mischtechnik auf Holz, 33,5 x 17 cm.
Inv.-Nr. 1973/19
Dogenpalast Venedig 1908
Öl auf Leinwand, 73 X 92 cm, bezeichnet unten
rechts: Claude Monet 1908. Inv.-Nr. 1973/21
Venedig von San Giorgio aus 1908
Öl auf Leinwand, 66 x 92,5 cm, bezeichnet unten
rechts: Claude Monet 1908. Inv.-Nr. 1973/20
Vom Künstler
Marc Chagall
La Sainte Famille 1910
Öl auf Leinwand, 76 x 63,5 cm, bezeichnet unten
rechts: Chagall 1910. Inv.-Nr. 1973/33
Au-dessus de Witebsk 1922
Öl auf Leinwand, 73 X 91 cm, bezeichnet unten
rechts: 1922 MARC CHAGALL. Inv.-Nr. 1973/34
Le passage de la Mer Rouge 1955
Öl auf Leinwand, 216 x 146 cm, bezeichnet unten
links: 1955 MARC CHAGALL. Inv.-Nr. 1973/35
Le Louvre 1956
Öl auf Leinwand, 95x79 cm, bezeichnet unten
links: MARC CHAGALL 1953-56. Inv.-Nr. 1973/36
La fenetre 1959
Öl auf Leinwand, 150 x 120 cm, bezeichnet unten
links: MARC CHAGALL 1959. Inv.-Nr. 1973/57
Le cirque, fond noir 1968
Öl auf Leinwand, 104x122 cm, bezeichnet auf
Rückseite: MARC CHAGALL. Inv.-Nr. 1973/38
Von Betty und David Koetser, Zürich
Matthias Stomer
Die Befreiung des Heiligen Petrus aus dem
Gefängnis nach 1640
Öl auf Leinwand, 125.5 x 179 em. Inv.-Nr. 1973/22
Aus Privatbesitz
Fernand Lexger
Pablo Picasso
Alberto Gilacometti
La femme aux fleurs 1920
Öl auf Leinwand, 92,5 x 65,3 cm, bezeichnet unten
rechts: F. Leger 20. Inv.-Nr. 1973/44
Femme assise 1938
Öl auf Leinwand, 162 x 130 cm. Inv.-Nr. 1973/45
Nature morte aux bouteilles 1938
Öl auf Leinwand, 56 X 81 cm, bezeicnet unten
rechts: Alberto Giacometti 193. Inv.-Nr. 1973/43
Zurückgezogen wurden folgende Leihgaben
Max Ernst
Giovanni Giacometti
Le jour et la nuit
Inv.-Nr. 1972/45
Bildnis seines Sohnes Alberto
Inv.-Nr. 1969/17
Bergeller Berge
Inv.-Nr. 1962/8
Südostdeutsch 15. Ih.
Heilige Margaretha
Inv.-Nr. 1947/13
Als Leihgaben für Raumschmuck wurden abgegeben
Kantonales Verwaltungsgericht Zürich
Pietro Chiesa:
Der Muzzaner See im März
Akademische Berufsberatung, Psychiatrische Abteilung, Zürich
E. Morgenthaler:
Winter im Limmattal
Universität Zürich, Forschungsstelle für politische Wissenschaft, Zürich
R. Koller:
Raubritter
Bezirksgericht Affoltern am Albis
R. Koller:
Friedli mit der Kuh
Obergericht des Kantons Zürich, Zürich
Ernst S. Geiger:
Waldwiese
Alexandre Perrier:
Paris sous la brume
Reproduktionsbelege gingen ein für Werke von Shusaku Arakawa, Ernst
Barlach, Max Beckmann, Arnold Böcklin, Pierre Bonnard, Jan van de
Cappelle, Paul Cezanne, Marc Chagall, Joos van Cleve, Camille Corot,
Robert Delaunay, Adolf Dietrich, Max Ernst, Joh. Heinrich Füssli, Karl
Geiser, Alberto Giacometti, Jan van Goyen, Anton Graff, Max Gubler,
Frans Hals, Ludwig Hess, Ferdinand Hodler, Marcel Janko, Rudolf
Koller, Salomon Landolt, Fernand Leger, August Macke, Edouard Manet,
Georges Mathieu, Henri Matisse, Claude Monet, Heinrich Müller, Edvard
Munch, Joh. Jakob Oeri, Auguste Renoir, Henri Rousseau, Jacob van
Ruisdael, Egon Schiele, Giovanni Segantini, Daniel Seghers, Nicolas de
Stael, Emilio Stanzani, Antoni Tapies, Maria E. Vieira da Silva, Ludwig
Vogel, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Albert Welti.
AUSLEIHUNGEN NACH AUSWÄRTS
Januar/Mai
Paris, Bibliotheque Nationale Les sorcieres et leurs proces Albert Welti:
Hexensabbath
Walpurgisnacht
Januar/Mai
Winterthur, Kunstmuseum Alfred Hofkunst
Hamburg,
Hamburger Kunsthalle
Alfred Hofkunst:
Duvet
Februar/März Feldmeilen, Galerie Vontobel
30 Jahre Schweizer Malerei P. B. Barth:
im Kalender der Eselreiter
Winterthur-Versicherungen P. Chiesa:
Frühlingslandschaft
E. Morgenthaler:
Winter im Limmattal
E. G. Rüegg:
Gespräch der Jägerbube«
Februar/Mai
Kopenhagen,
Thorwaldsen Museum
Maegtige Schweiz
J. H. Füssli:
Die Drei Eidgenossen
Dante und Vergil
Der Künstler verzweife:
vor der Größe der antike
Trümmer
Achilles am Scheiter-
haufen
Achilles greift nach den
Schatten des Patroklos
S. Gessner:
Der Wunsch
A. Graff:
Bildnis Salomon Gessne:
L. Hess:
Sennenzug am Klauseun
paß
S. Landolt: ;
Folgen der Freiheit
J. H. Wüest:
Rhonegletscher
funi/Juli
Rom, Galleria Nazionale
d’Arte Antica
Giuseppe Cesari detto il
Cavaliere d’Arpino
Giuseppe Cesari:
Ratto di una Sabine
(2 Zeichnungen)
Due Guerrieri
Mai/Sept. Zürich, Kunstgewerbemuseum Die zwanziger Jahre
Alberto Giacometti:
Femme couchee
(Alberto-Giacometti-
Stiftung)
N. Stoecklin:
Frauenbildnis
J. Miro:
Komposition
J. Lipchitz:
Pierrot evade
H. Laurens:
Femme assise
J. Gonzalez:
Arlequin
R. Magritte :
La vie secrete
Mai/April 74
Zürich, Helmhaus
Karlsruhe,
Badische Landesbibliothek
Darmstadt, Hessische Landes
und Hochschulbibliothek
Deutsches Literaturexil in Hugo Ball: Krippenspiel
Zürich, 1830-1945
Von Büchner bis Brecht
A. a
Mai/Nov.
Zürich, Haus zum Rechberg Schweizer Stilleben im
Sissach, Schloß Ebenrain Barock
Solothurn,
Museum der Stadt Solothurn
Juni/Juli Pully, Expul
L’(Euvre grave de Picasso
Mai/Juni Chur, Kunsthaus
Leonhard Meisser
Jubiläumsausstellung
Juli/August Lugano, Museo Civico
Otto Meister
Juli/Sept. Saint-Paul, Fondation Maeght Andre Malraux
August/Okt. Bern, Schloß Jegensdorf
Josef Werner
J. Caspar Füssli:
Quodlibet
Sam. Hofmann:
Stilleben mit Früchten
und Weinglas
A. Sprecher v. Berneck
Stilleben mit Trauben
10 Radierungen,
Lithographien, Lino’
schnitte von Picasso
(Gottfried-Keller-
Stiftung)
Leonhard Meisser:
Der erste Schnee any
Silsersee
Otto Meister:
Bei der Toilette
An der Birs
J. H. Füssli:
Satan ruftseine Legion“
auf
Josef Werner:
Amor mit Löwe
Amor an einen Baum
gefesselt
Herkules tötet Hydra
Entwurf für das.
Frontispiz der Berner
Piscatorbibel
Studienblatt mit
Papageien
Allegorische Glorifika-
tion des Markgrafen
Friedrich von Baden
Sept./Jan. 74
Sept. /Nov.
Sept. /Jan. 74
Sept/Nov.
Tokyo,
Seibu Department Store
Kobe,
The Museum of Modern Art
Kanazawa City, Ishikawa
Prefectural Museum of Arts
anschließend Tournee in den
Vereinigten Staaten
Berlin, Verwaltung der
Staatl. Schlösser und Gärten,
Schloß Charlottenburg
Berlin, Nationalgalerie
Paris, Musee d’Art Moderne
de la Ville de Paris
Zürich, Kunsthaus
Alberto Giacometti
China und Europa
Wols
50 Jahre Kunsthandels-
verband der Schweiz,
Jubiläumsausstellung mit
Werken des 15.—20. Jahr-
hunderts aus öffentlichem
und privatem Besitz
Alberto-Giacometti-
Stiftung:
49 Skulpturen
15 Ölgemälde
15 Zeichnungen
19 Lithographien
Sig. Kunsthaus:
Der Vater des Künstlers
W. Kalf:
Stilleben mit Muscheln
Wols:
Le bateau ivre
J. Albers: City
J. H. Füssli:
Samuel erscheint bei der
Hexe zu Endor
TT. Gericault:
Der Hufschmied
G. Vantongerloo:
Relations de lignes;
jaune, rouge, brun,
verdätre
E. Vuillard :
Grand interieur aux si*
personnages
C. Wolf:
Göschenen an der
s. gottart stras
C. Wolf:
Kahles Hochtal mit
steilem Bergstock in de
Mitte l’Aiguille de
Chamonix
Sept./Febr. 74 Paris, Musee National
d’Art Moderne
Vailand, Palazzo Reale
Le Futurisme 1909-1916
Sept./Dez.
Newcastle, Laing Art Gallery Cezanne Watercolours
London, Hayward Gallery
Sept./Nov. Zürich, Zentralbibliothek C. F. Ramuz
Giacomo Balla:
Geschwindigkeit eines
Autos--Licht--Ton
P. Cezanne:
Medea, nach Delacroix
Sitzender Bauer
Landschaft Chäteau de
Medan
Baum
R. Auberjonois:
Porträt C. F. Ramuz.
1917
Porträt C. F. Ramuz.
1918
Paysage valaisan
Okt./Mai 74
Pennsylvania, Museum of Art Cuno Amiet, Giovanni and
Utica, Munson-Williams- Augusto Giacometti
Proctor Institute
Cambridge,
Busch-Reisinger-Museum
New York,
Solomon R.Guggenheim
Museum
Okt./Mai 74
München, Haus der Kunst
London, Hayward Gallery
Paris,
Musee National d’Art Moderne
Edvard Munch
Okt./Febr. 74 Paris, Orangerie des Tuileries Georges Braque
Okt. /Nov. Zürich, Helmhaus
Friedrich Kuhn
Nov./Tan. 74 Bremen, Kunsthalle
Die Stadt
(Bild-Gestalt-Vision)
C. Amiet:
Die gelben Mädchen
C. Amiet:
Frau im Garten
Augusto Giacometti:
Eine Besteigung des
Piz Duan
Adam und Eva
Hochsommer
Chromatische Phantasie
G. Gilacometti:
Spielende Kinder
E. Munch:
Hafen von Lübeck
E. Munch:
Musik auf der Straße
G. Braque: Der Kamin
F. Kuhn:
Das Brautpaar
Bad
M. Ernst:
Die ganze Stadt
GG. de Chirico: Der Turm
Ausstellungen
Nach der weit ausgreifenden, viele Fragen berührenden und vielschich-
tiges Material ausbreitenden Karikaturen-Ausstellung, welche im letzten
Jahresbericht besprochen wurde, aber noch bis 7. Januar 1975 dauerte,
luden drei unter den ersten Ausstellungen von 1975 eher zur Sammlung
und zur stillen Konzentration ein. Das gilt in besonders hohem Maß für die
Ausstellung des 1967 verhältnismäßig jung verstorbenen amerikanischen
Malers Ad Reinhardt. Seine für den flüchtigen Blick kaum wahrzuneh-
menden meist dunklen Bilder verlangen ruhige und genaue Betrachtung,
bevor sie etwas von ihrem Gehalt preisgeben. Man könnte sie mit dem
Werk Mark Rothkos in Verbindung bringen, doch ist Reinhardt strenger,
unbedingter, ein hermetischer Klassiker. In gewissem Sinn allerdings ein
Extremfall, von dem kein Weg weiterführt. Es ist selbstverständlich, daß
ein solches Werk nicht große Besucherscharen anziehen kann; doch ge-
hörte die Ausstellung zu jenen, die wir nicht missen möchten, von denen
oft eine nachhaltigere Wirkung ausgeht als von solchen anziehenderer
Art.
Stille und besinnliche Betrachtung verlangt auch das Werk Otto Meyer-
Amdens, dessen Bedeutung innerhalb der Kunst in der Schweiz erst seit
dem Krieg so ganz erkannt wird. Das Kunsthaus hat früh durch Ausstel-
lungen auf den Künstler hingewiesen, zum letzten Mal 1953. Die Aus-
stellung 19753 sollte nicht eine bloße Wiederholung sein, sie entsprang
vielmehr dem Wunsch, einmal das Werk des Schweizers neben das seines
Künstlerfreundes Oskar Schlemmer zu stellen, mit dem es immer wieder
verglichen wird. Der Plan schien zunächst nicht ganz leicht zu verwirk-
lichen, da die Angehörigen und Freunde beider ein Ausspielen des einen
Künstlers gegen den andern befürchteten. Es war erfreulich, daß trotz
diesen Bedenken die Doppelausstellung zustande kam, dies um so mehr,
als sie deutlich zeigte, wie eigenständig und wie verschieden trotz man-
chen Übereinstimmungen das Schaffen der beiden Freunde war. Wir
glauben, daß die Ausstellung in diesem Sinne klärend gewirkt hat. Diese
fand denn auch Anklang, der sich, wie zu erwarten, nicht in sensationellen
Besucherzahlen äußerte. Reges Interesse fand auch eine kleine Schau
von Blättern aus einer neuen Publikation von Josef Albers: «Formulation:
Artikulation», die er dem Kunsthaus zum Geschenk gemacht hat. Albers
gibt darin in einer anschaulichen Weise Rechenschaft über seine Kom-
positionsprinzipien.
Zu den Junifestspielen zeigte das Kunsthaus eine umfassende Ausstellung
des malerischen und grafischen Werkes von Lyonel Feininger. Dieser
Deutschamerikaner, der mehr als die Hälfte seines Lebens in Deutschland
lebte und arbeitete, gehört zu jenen Wegbereitern der modernen Kunst,
die zu Anfang des Jahrhunderts ihre entscheidenden Erlebnisse hatten,
deren Schaffen aber in den zwanziger Jahren zur vollen Wirkung kam.
Feininger stammte aus einer Musikerfamilie und wurde zum Studium der
Musik nach Deutschland geschickt, wechselte dann sehr schnell zur Male-
rei über, wobei ihn das Problem der Übersetzung musikalischer Kompo-
zitionsprinzipien ins Bild interessierte. Seine Bilder, die vorwiegend Land-
schafts- und Architekturdarstellungen sind, verraten denn auch seine
Musikalität und bedeuten eine eigene und sehr persönliche Leistung. Da
sein Werk über viele Sammlungen Europas und der Vereinigten Staaten
verstreut ist, hat man relativ selten eine Gesamtschau zu sehen bekom-
men. Das war der Grund, warum wir zusammen mit dem Haus der Kunst
in München diese Ausstellung planten, welche finanziell gesehen die
Kräfte eines einzelnen Museums überstieg. Man darf wohl sagen, daß sich
die Anstrengung gelohnt hat, nahmen doch zahlreiche Besucher die Ge-
legenheit wahr, das Werk Feiningers, das vor allem in Deutschland und
den Vereinigten Staaten sehr bekannt ist, in einer Gesamtschau auf sich
wirken zu lassen.
Fast gleichzeitig mit der Feininger-Ausstellung fand im Kunsthaus eine
der Schweizer Kunst der Gegenwart gewidmete Ausstellung besonderer
Art statt. Der Zentralvorstand der Gesellschaft Schweizer Maler, Bildhauer
und Architekten hatte beschlossen, anstelle der früheren sogenannten
nationalen Ausstellungen, welche, da sie zu groß geworden waren, ın
letzter Zeit nicht mehr stattgefunden haben, eine neue Form einer ge-
samtschweizerischen Kunstausstellung zu finden. Es kristallisierte sich der
Plan einer Biennale der Schweizer Kunst heraus, welche, wie der Name
sagt, alle zwei Jahre in einem schweizerischen Ausstellungsinstitut statt-
finden und allen Schweizer Künstlern, nicht nur den Mitgliedern der
Gesellschaft, offen stehen soll. Damit die Ausstellung nicht wie die
frühere nationale zu groß werde, kam man auf den Gedanken, jeweils
eine thematische Ausstellung durchzuführen, wobei selbstverständlich
Thema und Auswahlprinzip von Fall zu Fall zu ändern waren. Der Vor-
stand der Gesellschaft Schweizer Maler, Bildhauer und Architekten ge-
langte an uns mit der Frage, ob das Kunsthaus den ersten Versuch in
dieser Richtung wagen wolle. Unsere Ausstellungskommission stimmte
dem zu, und als Thema der ersten Ausstellung wurde «Stadt in der
Schweiz» gewählt. Die Vorbereitung der Ausstellung erforderte sehr viel
Arbeit. Die Jury der Ausstellung hielt Sitzungen in verschiedenen Lan-
desteilen ab, um an Ort und Stelle über die jeweiligen Einsendungen be-
finden zu können. Es war von Anfang an die Meinung, daß das Thema
sehr weit gefaßt werden solle, Die Jury, welche vorwiegend nach Qualität
entschied, war denn auch in dieser Beziehung tolerant und schied nur
Werke aus, welche lediglich durch eine Titeländerung in den Themen-
kreis einbezogen wurden. Auf jeden Fall kam eine nicht unmäßig große,
vielfältige und recht interessante Ausstellung zustande, in der nicht, wie
manche vielleicht befürchtet hatten, das kritische Element eindeutig
dominierte. Wir möchten auch an dieser Stelle der Gesellschaft Schweizer
Maler, Bildhauer und Architekten für ihre Initiative danken, ebenso wie
Bund, Kanton und Stadt, die finanzielle Hilfe geleistet haben.
Handelte es sich bei dieser Ausstellung, bei welcher die Gesellschaft
Schweizer Maler, Bildhauer und Architekten Pate gestanden hatte,
um eine Veranstaltung, die allen Schweizer Künstlern, nicht nur den
Mitgliedern der Gesellschaft, offen stand, so folgte am Schluß des Jahres
die traditionelle Ausstellung der Sektion Zürich der Gesellschaft Schweizer
Maler, Bildhauer und Architekten.
Die Schweizer Kunst der Gegenwart kam ferner in einer Ausstellung zum
Zuge, welche dem Zürcher Plastiker und Maler Emilio Stanzani gewidmet
war. Es handelte sich um eine retrospektive Ausstellung dieses so beweg-
lichen und begabten Künstlers, der längere Zeit unserer Ausstellungskom-
mission angehört hatte und daher früher nicht hatte ausstellen wollen.
Die Ausstellung wurde sehr rege besucht, und es fanden auch zahlreiche
Werke ihre Liebhaber. Im Helmhaus, das uns dieses Jahr dreimal zur
Verfügung stand, wurden Gedächtnisausstellungen für zwei kürzlich
verstorbene Zürcher Maler veranstaltet: Carlotta Stocker und Friedrich
Kuhn. Beide Maler haben im Zürcher Kunstleben einen wichtigen Platz.
Die Ausstellungen mit einer Auswahl des Gesamtwerkes ließen noch
stärker ihre Eigenart erkennen und brachten auch für die, welche ihr
Schaffen verfolgt hatten, manche Überraschung.
Als bekannt wurde, daß Richard Paul Lohse den Kunstpreis der Stadt
Zürich verliehen bekommen sollte, schien es uns und der Verwaltungs-
abteilung des Stadtpräsidenten richtig, bei Gelegenheit der Übergabe der
Preises der Öffentlichkeit den Künstler in einer kleinen Schau vorzustel-
len. Richard Paul Lohse, der zu den Begründern und wichtigsten Ver-
tretern der international bekannten Zürcher Konkreten gehört und der
lange Jahre geschätztes Mitglied unserer Ausstellungskommission war,
stellte mit uns zusammen eine Gruppe von neueren Werken zusammen,
welche vom Tage der Preisübergabe an bis zum 21. Januar 1974 im «Kon-
kretensaal» der Sammlungsräume gezeigt wurde. Reges Interesse fanden
besonders auch die Führungen, die der Künstler selbst in dieser kleinen
Ausstellung veranstaltete.
Eine schweizerische Ausstellung anderer und besonderer Art war eine
Veranstaltung des Schweizerischen Kunsthandelsverbandes, der 1973 sein
fünfzigjähriges Bestehen auf sinnvolle Weise feiern wollte. Der Gedanke
des Vorstandes dieses Vereins war der, auf die Vermittlertätigkeit des
Kunsthandelsverbandes hinzuweisen, indem jedes der ungefähr dreißig
Mitglieder eine Auswahl von besonders schönen Werken zeigte, welche
im Laufe der Jahre durch den Schweizer Kunsthandel in öffentliche oder
private Sammlungen, vorwiegend der Schweiz, gelangt waren. Es sollte
also nicht eine Verkaufsausstellung sein, sondern im Gegenteil eine Art
«Musee imaginaire» von Werken, die heute in öffentlichen oder priva-
ten Sammlungen sind. Der Verein hat in Verbindung mit uns sehr viel]
Zeit dafür aufgewendet, eine schöne und interessante Ausstellung ZU-
sammenzubringen, die manche Überraschung enthielt und Werke vom
Viittelalter bis zur Neuzeit — natürlich nicht in systematischer Folge —
ımfaßte. Besondere Sorgfalt wurde auch dem Gebiet der Grafik gewid-
met. Natürlich waren einer solchen Ausstellung Grenzen gesetzt, da nicht
alle Werke, welche die einzelnen Händler in Aussicht genommen hatten,
von ihren heutigen Eigentümern zur Verfügung gestellt wurden. Leider
entsprach der Besuch der Ausstellung nicht ganz den Erwartungen. Offen-
bar deshalb, weil nicht alle Leute realisierten, daß es sich nicht um eine
Messe, sondern um eine Ausstellung schöner und bedeutender Werke
handelte.
Am Anfang des Jahres galt die Ausstellung von Ad Reinhardt der ameri-
kanischen Kunst der Gegenwart. Die Ausstellung Christo Ende des Jahres
entstammte zwar dem gleichen Bereich, war aber in jeder Beziehung ein
Gegensatz zur Reinhardt-Ausstellung, handelte es sich doch um einen
wichtigen Vertreter einer Richtung, welche nicht in erster Linie auf das
in sich ruhende Kunstwerk tendiert, sondern durch ihr Tun, ihr Handeln
auf gewisse Sachverhalte aufmerksam machen möchte. Christo ist be-
kannt geworden durch sein Einpacken großer Objekte, in der Schweiz
zum Beispiel der Kunsthalle Bern, wobei es ihm darum ging, durch die
Veränderung, welche der Gegenstand in der Verpackung erfuhr, die. Auf-
merksamkeit des Außenstehenden auf diesen Gegenstand wach zu
machen. Ähnliche Überlegungen lagen dem großen Unternehmen des
«Valley Curtain» zugrunde, der ein ganzes Tal im amerikanischen Staat
Arizona durch einen orangefarbenen Vorhang einige Stunden lang ab-
schloß. Naturgemäß konnte nur eine beschränkte Anzahl von Anwesen-
den den Vorgang der Aufstellung selber beobachten, der technisch sehr
anspruchsvoll war; jedoch schuf der Künstler in Zeichnung, Fotografie und
Filmen eine reiche Dokumentation, welche sich an jeden Interessierten
wendet. Begreiflicherweise wurde diese Ausstellung sehr stark diskutiert,
hat doch das Vorgehen Christos und anderer Konzeptkünstler Anlaß zu
grundsätzlichen Überlegungen gegeben, wobei immer wieder die Frage
nach dem Wesen der Kunst zur Diskussion stand.
In den Bereich der Ausstellungen, in denen wir auf außereuropäische
Kulturen hinweisen, gehörte die Ausstellung von Tantra-Kunst aus
Indien, welche wir im Herbst im Helmhaus durchführten. Es handelte
sich dabei um Werke, die im Zusammenhang mit den tantrischen Reli-
gionen Indiens stehen. Es sind also nicht Kunstwerke im westlichen Sinn,
sondern Gestaltungen, die Teile einer bestimmten Lehre verdeutlichen,
aber auch im Vollzug der Lehre eine Rolle spielen. Diese Ausstellung,
welche wir schon seit einigen Jahren planten, deren Ausführung sich aber
verzögert hat, führten wir zusammen mit dem Museum Rietberg durch.
Sie fand unerwartet große Beachtung und einen sehr starken Besuch, was
sich wohl aus dem heutigen Interesse für östliche Religionen erklärt und
aus einer gewissen Übereinstimmung mit den Formen der heutigen
Kunst in Europa und Amerika.
KUNSTHAUS
L6. Sept. bis 7. Jan. 19753
13. Jan. bis 16. März
4. Febr. bis 18. März
11. Febr. bis 18. März
L. April bis 20. Mai
1. April bis 20. Mai
21. April bis 27. Mai
25. Mai bis 5. August
9. Juni bis 2. Sept.
15. Sept. bis 11. Nov.
29. Sept. bis 4. Nov.
2. Nov. bis 21. Jan. 1974
8. Dez. bis 13. Jan. 1974
Karikaturen — Karikaturen?
Josef Albers. Formulation: Artikulation.
66 Blätter
Emilio Stanzanı. 142 Werke
Ad Reinhardt. 71 Werke
Otto Meyer-Amden. 194 Werke
Oskar Schlemmer. 158 Werke
Pablo Picasso. Schenkung eines Privat-
sammlers an die Eidgenössische Kommission
der Gottfried-Keller-Stiftung. Werke, die
dem Kunsthaus Zürich als Dauerleihgaben
übergeben wurden.
Lyonel Feininger. 328 Werke
Stadt in der Schweiz. 1. Biennale der
Schweizer Kunst. 162 Werke
50 Jahre Kunsthandelsverband der Schweiz.
295 Werke
Christo: Valley Curtain
Richard Paul Lohse. Werkschau mit neueren
Bildern aus Anlaß der Verleihung des
Kunstpreises der Stadt Zürich. 17 Werke
GSMBA Gesellschaft Schweizerischer Maler,
Bildhauer und Architekten; Sektion Zürich.
201 Werke
Verkauft wurden in den Ausstellungen 77 Werke im Betrag von Franken
120 620.— gegenüber 78 Werken zu Fr. 129 815.— im Voriahr.
HELMHAUS
15. April bis 20. Mai
2. Sept. bis 7. Okt.
14. Okt. bis 18. Nov.
Carlotta Stocker. 193 Werke
Tantra. 331 Werke
Friedrich Kuhn. 214 Werke
Verkauft wurden in den Ausstellungen 40 Werke im Betrag von Franken
101 340.—, während im Vorjahr keine Werke verkauft wurden.
Bibliothek
Zuwachs
Geschenke
Tausch- und Belegexemplare
Ankäufe
Bibliothek
Bibliothek-Archiv
Bücher und Kataloge zusammen
120
64
212
396
2342
2738
Benutzung
I. Quartal
II. Quartal
III. Quartal
IV. Quartal
1973
2096
2026
1900
2979
RZ
Lesesaal
1972
Leihdienst
1973 1972
1487
1394
1706
1698
1205
1367
1292
1283
795
745
949
905
6285 5% 47
3394
Die Ausleihziffern sind erfreulicherweise gegenüber dem Vorjahr stark
angestiegen.
Die Bibliothekskommission versammelte sich im Berichtsjahr zu einer
Sitzung, in der sie sich über den geplanten Neubau der Bibliothek
orientieren ließ und die spätere Betriebsführung beriet.
Auf das Neujahr 1974 erschien das Neujahrsblatt und Sammlungsheft 4
« Otto Meyer-Amden im Kunsthaus Zürich» von Prof. Dr. Max Huggler
und Dr. Dagmar Hnikova.
Leider hat sich in diese Publikation ein bedauerlicher Fehler eingeschli-
chen, der zum Teil auf ältere Literatur über Meyer-Amden zurückgeht.
Dies tut uns um so mehr leid, als es sich um ein verdientes Mitglied der
Kunstgesellschaft und des Vorstandes handelt, nämlich um den Archi-
tekten Heinrich Bräm. Heinrich Bräm war mit Meyer-Amden befreundet
und hat ihm den Auftrag für das Glasgemälde im Zwinglihaus in Zürich-
Wiedikon vermittelt. Er hat im zürcherischen Kunstleben während Jahr-
zehnten eine wichtige Rolle gespielt.
Wir haben dem Neujahrsblatt ein Einlageblatt mit folgendem Erratum
zugefügt: Der Vorname des Auftraggebers und Spenders Heinrich Bräm
ist falsch angegeben: als «Walter» Seite 9 (9. Zeile von oben), Seite 35
(zu dem Jahre 1923); als «Heinz» Seite 68 und 88 (bei der Herkunft).
Kunsthausbesuch
Über den Kunsthausbesuch orientieren nachfolgende Aufstellungen:
1973 1972 1971
Besucher insgesamt 148 463 190 864 243 452
Zahlende 87 483 112 153 127 138
Nichtzahlende 60 980 78 711 116 314
An Sonntagen insgesamt 40 578 54 761 55 608
An Sonntagen Zahlende 16 428 26 259 34 814
An Sonntagen Nichtzahlende 24 150 28 522 20 794
Auswärtige Schulklassen und Studentengruppen mit ermäßigtem Kintritt
wurden 116 mit 2716 Personen gezählt, andere Besuchergruppen 56 mit
1447 Teilnehmern (1972: Schulklassen und Besuchergruppen zusammen
192 mit 4087 Teilnehmern).
Stadtzürcherische Schulen mit freiem Eintritt: 560 Klassen mit 7806
Schülern und Lehrern (1972: 790 mit 11 076).
Kantonale Schulen mit freiem Eintritt: 298 Klassen mit 4096 Besuchern
(1972: 282 mit 4345).
Studenten beider Hochschulen (kunstgeschichtliche Seminare) mit freiem
Eintritt: 9 Besuche mit 243 Teilnehmern (1972: 25 mit 477).
Private Schulen mit freiem Eintritt: 104 mit 1757 Besuchern (1972: 183
mit 2953).
Öffentliche Führungen: 46 mit 11535 Teilnehmern (1972: 35 mit 1297).
Führungen für Gesellschaften und Gruppen: 24 mit 538 Teilnehmern.
Dazu kommen 40 Veranstaltungen «Kunst über Mittag» der Migros-
Klubschule mit 1037 Teilnehmern (1972: 80 Führungen und Veranstal-
tungen mit 2494 Teilnehmern).
Verkauft wurden vom 1. Januar bis 31. Dezember 1973 in den verschie-
denen Ausstellungen total 6045 Kataloge sowie Kataloge früherer Aus-
stellungen, außerdem 11535 Bilderhefte.
An die Künstlerunterstützungskasse wurden ausbezahlt Fr. 4552.55.
Besucherzahlen nach Ausstellungen
Josef Albers
Emilio Stanzani
Ad Reinhardt
Otto Meyer-Amden/Oskar Schlemmer
Lyonel Feininger
Stadt in der Schweiz
50 Jahre Kunsthandelsverband
Christo: Valley curtain
GSMBA Sektion Zürich*
Tage Besucher
65 15 201
14 11 619
37 9 604
48 19 508
72 24 743
85 37 0853
58 20 915
37 10 135
z36 16 143
Tages-
durchschnitt
240,1
264,0
259,5
406,4
343,6
436,2
360,6
273,8
44:8,4
«Pablo Picasso», «Richard P. Lohse» und «Marc Chagall» nicht separat
gezählt.
Die von der Kunstgesellschaft im Helmhaus durchgeführten drei Aus-
stellungen wurden von 21 970 Personen besucht. In der Ausstellung
«Tantra» wurden 5 öffentliche Führungen mit 824 Besuchern ver-
anstaltet. Es wurden 2396 Kataloge verkauft.
Zahlen bis Ende Ausstellung
Kunstgesellschaft
Die ordentliche Generalversammlung vom 50. Mai hat den Jahresbericht
und die Rechnung 1972 geprüft und genehmigt. Neuwahlen waren keine
vorzunehmen. Die Studienkommission, welche unter dem Vorsitz von
Stadtpräsident Dr. S. Widmer die in der Generalversammlung 1972 vor-
gebrachten Reformwünsche beraten hatte, legte ihre Schlußerklärung
vor. Ebenso verlas Herr Alfred Messerli seine Konzeption für eine Kunst-
halle Zürich. Verschiedene Votanten erläuterten die Ergebnisse. Es
herrschte Einigkeit darüber, daß die Zürcher Kunstgesellschaft sich bei
der eventuellen Gründung eines Vereins Kunsthalle Zürich nicht be-
teiligen, dessen Bestrebungen jedoch mit Wohlwollen verfolgen solle.
Im Personal des Kunsthauses waren folgende Mutationen zu verzeichnen.
An die Stelle von Herrn Marcel Buchs, der uns auf den 31. März verlassen
hat, trat als Administrator Fräulein Ursula Cridazzı. Herr Gottlieb Meier
wurde nach zwölfjähriger verdienstvoller Tätigkeit als technischer Ange-
stellter auf den 31. Dezember pensioniert. Bei den technischen Angestell-
ten ergab sich zudem ein Wechsel, als uns auch Herr Traugott Hagmann
verließ; neu eingestellt wurde Herr Robert Brändli. Aus der Verwal-
tung schieden aus die Damen Rita Lardi, Marlies Meier, Elsie Schnorf,
neu eingestellt wurden Judith Minger und Susanne Steiger.
Im Bestreben, den Kontakt zwischen den Mitgliedern der Kunstgesellschaft
und dem Kunsthaus zu intensivieren, wurden die früher sporadisch ver-
sandten Mitteilungsbriefe durch ein regelmäßig erscheinendes Informa-
tionsorgan, das «Mitteilungsblatt Kunsthaus Zürich», ersetzt. Soweit die
eingegangenen Reaktionen ein Urteil erlauben, wurde diese Neuerung
sehr positiv aufgenommen. Ebenfalls im Sinne einer vermehrten Dienst-
leistung unserem Publikum gegenüber haben wir unser Veranstaltungs-
programm, wie dies aus der nachstehenden Zusammenstellung hervor-
geht, wesentlich erweitert. Als besonderer Erfolg sind die in Zusammen-
arbeit mit Radio Zürich organisierten TonArt-Veranstaltungen zu ver-
zeichnen, die versuchen, moderne bildende Kunst und Musik miteinander
in Verbindung zu bringen. Ein Blick auf den vielfältigen Veranstaltungs-
kalender anläßlich der Ausstellung «Stadt in der Schweiz» zeigt, daß wir
uns, dem weitgespannten Thema entsprechend, bemüht haben, unsere
Aktivitäten räumlich und inhaltlich über das Gebiet des Kunsthauses aus-
zuweiten. Wir hoffen damit einem Wunsch zu entsprechen, der immer
wieder an uns herangetragen wird.
Daß die Bauarbeiten am Erweiterungsbau termingerecht voranschreiten,
darf angesichts der gegenwärtigen, sicher nicht immer einfachen Lage
im Baugewerbe als erwähnenswerte, erfreuliche Entwicklung vermerkt
werden. Die Erdbewegungen konnten im Berichtsjahr beendet werden.
Begonnen wurde mit dem Betonieren des Rohbaus, dessen Fundamente
und dessen Kellergeschoß errichtet wurden.
Der Mitgliederbestand war am 31. Dezember 1973 3751. Der Kollektiv-
mitgliederbestand beträgt 21, derjenige der Juniorenmitglieder 190.
VORSTAND UND KOMMISSIONEN IM JAHRE 1973
Vorstand
Dr. A. Schaefer, Präsident
H. C. Bechtler, Yizepräsident
Dr. H. Escher, Quästor
Dr. P. Alther
Frau N. Bär
B. Bischofberger, Maler
Dr. C. von Castelberg
H. Fischli, Architekt
D. Gurny
Dr. F. Nehrwein
Prof. J. Schader, Architekt
Sammlung skommission
H. C. Bechtler, Präsident
C. Burgauer
Frau Dr. E. Billeter
Fräulein E. Feller,
verstorben 12. Januar 1973
Ausstellungskommission
H. Fischli, Präsident
Frau Dr. L. Blum
Frau H. Fries, Malerin
Ö. Koch, Bildhauer
Dr. W. Rotzler
Vertreter des Stadtrates
Stadtpräsident Dr. S. Widmer
Dr. S. De Capitani
Stadtrat E. Frech
H. Hess, Architekt
Frau M. Kauer
H. Waser, Maler
Vertreter der Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde
G. Zumsteg
W. Gantenbein, Architekt
R. Haussmann
S. Mattioli, Bildhauer
D. Gurny, Vertreter des Stadtrates
H. Schuhmacher, Maler
H, A, Sigg, Maler
F. Steinbrüchel, Architekt
C. Vitali
Bıbliothekskommission
Dr. C. von Castelberg, Präsident
Prof. Dr. E. Gradmann
Prof. Dr. E. Maurer
Rechnungsrevisoren
RAR. Aebli
Frau Dr. I. Pudelko-Eichmann
Prof. Dr. M. A. Vogt
Dr. B. Weber
A. Grendelmeier
DIREKTION UND PERSONAL
Direktor:
Vizedirektor:
Wissenschaftliche Assistentinnen:
Administrator:
Restaurierungsatelier :
Bibliothek:
Öffentlichkeitsarbeit:
Direktionssekretarlat :
Ausstellungssekretariat :
Sekretariat für die Sammlung:
Sekretariat Administration:
Telefon und Empfang:
Buchhaltung und Kasse:
Dr. Rene Wehrli
Dr. Felix A. Baumann
Dr. Dagmar Hnikova
Marika Kekkö
Marcel Buchs (bis 31. März)
Ursula Cridazzi (seit 1. April)
Hera Canetti-Buschor*
Paul Pfister*
Dr. Arnold Schlatter
Joseph Felder
Lisbeth Müller
Rita Lardi (bis 31. Dezember)
Susanne Steiger (seit 15. Dez.)
Karin Seltmann
Rosmarie Storrer
Marlies Meier (bis 31. März)
Judith Minger (seit 15. Okt.)
Elsie Schnorf (bis 31. Oktober)
Ida Stoffella
Elsa Strütt
Erica Graf *
Silvia Lenz*
Ruth Waldner*
* nicht ganztägig beschäftigt
Transport:
Technische Beamte und Angestellte:
Aufsicht, Reinigung, Garderobe:
Beat Huber
Hans Leiser
Hans Kunz
Gottlieb Meier (bis 31. Dez.)
Joseph Schöpf
Robert Brändli (seit 1. April)
Leo Hentz (seit 1. Juni)
Hedwig Höliner
Emmy Fischer
Elga Liechti (seit 1. Juli)
Maria Stehlik (bis 31. Mai)
Margrit Steimen
Clara Canavesi*
Ines Eberwein*
Elisabeth Gallmann*
Rosa Grossrieder*
Ruth Joss*
Elsa Krebs*
Paula Kunz*
Margrit Leiser*
Emmy Reich*
Gertrud Rufli*
Erna Salmina*
Emma Schälchlin*
Barbara Stoll *
* nicht ganztägig beschäftigt
VORTRÄGE UND VERANSTALTUNGEN
Im Rahmen der Ausstellungen
20. Februar
27. Februar
13. März
27. März
3. April
25. April
16. Mai
15. Juni
L6. Juni
16. Juni
19. Juni
21. Juni
290. Juni
Margit Staber,
Kunstkritikerin, Zürich
Karl Ruhrberg,
Deutscher Akademischer
Austauschdienst, Berlin
Josef Albers:
Farbe und Linie als Inhalt der Kunst
Die schweigenden Tafeln des Malers
Ad Reinhardt
Genevieve Fallet, Tanz,
Bruno Spoerri, Synthesizer und
elektroakustische Geräte
Modern Dance in der Ausstellung
Ad Reinhardt
Dr. Zdenek Felix,
Kunstmuseum Basel
Raum und Farbe in der amerikanischen
Malerei
Prof. Dr. Eduard Hüttinger,
Universität Bern
Prof. Dr. Max Huggler,
früherer Direktor des
Kunstmuseums Bern
Aspekte heutiger «Kunst»
Otto Meyer-Amden
Dr. Karin von Maur,
Schlemmer-Archiv, Stuttgart
C. Oldani,
Stadtforstmeister, Zürich
Filmmatinee mit Filmen von Kurt Aeschbacher, Werner von Mutzenbecher,
Sebastian C. Schroeder
Stadtrat Dr. H. Burkhardt,
Vorsteher des Bauamtes I, Zürich
Waldexkursion in den Stadtwald Käferbere
P. Zbinden, Chef des
Gartenbauamtes Zürich
Mitglieder der Zürcher Arbeits-
gemeinschaft für Städtebau ZAS
Marika Kekkö6ö, wissenschaftl.
Assistentin am Kunsthaus Zürich
Führung durch die Anlagen der Stadt Zürich
Bellevue bis Tiefenbrunnen
« Lawinenverbauungen »
Transportkonzept für Zürich
Führung zu den Glasfenstern im Fraumünste!
und in der Wasserkirche Zürich
23. Juni
23. Juni
24, Juni
26. Juni
27. Juni
28. Juni
29, Juni
50. Juni
50. Juni
3. Juli
;. Juli
9. Juli
7, Juli
/, Juli
Filmmatinee mit Filmen von Alexander J. Seiler und Rob Gnant, Sebastian
C. Schroeder, Hans und Nina Stürm, Robert Cohen
Stadtrat Dr. H. Burkhardt, Führung in der Zürcher Altstadt
Vorsteher des Bauamtes I. Zürich
Erwin Rehmann,
Bildhauer, Laufenburg
W. Frischknecht,
Fachmann für Kinderspielplätze
beim Gartenbauamt Zürich
Führung zu Kunstwerken in der Stadt Zürich:
Plastiken im Hotel Zürich
Führung durch die Anlagen der Stadt Zürich:
Kinderspielplätze Schwamendingen
Marika Kekkö, wissenschaftl.
Assistentin am Kunsthaus Zürich
Führung zu den Glasfenstern im Fraumünster
und in der Wasserkirche Zürich
« Der Mensch im Stadtverkehr »
H. Boesch, Verkehrsplaner
an der ETH Zürich
C. Oldani,
Stadtforstmeister, Zürich
Waldexkursion in den Stadtwald Zürichberg
Filmmatinee mit Filmen von Erwin Mühlestein
Stadtbaumeister A. Wasserfallen, Führung im Zürich von heute
Hochbauamt der Stadt Zürich
W. Rüttimann,
Adjunkt Gartenbauamt Zürich
Führung durch die Anlagen der Stadt Zürich:
Rieterpark, Belvoir und Schneeligut
« Gesamtplanung am Beispiel der Kleinstadt
Baden »
Dr. V. Rickenbach,
Stadtammann von Baden,
Präsident der Planungskommission
C. Oldani,
Stadtforstmeister. Zürich
Waldexkursion in den Stadtwald Entlisberg
Filmmatinee mit einem Film von Jean-Daniel Bloesch
Hans Aeschbacher,
Bildhauer, Russikon
Führung zu Kunstwerken in der Stadt Zürich:
Plastiken von Hans Aeschbacher
4. September
im Museum
Rietberg
5. September Prof. Dr. Ulrich Schneider,
im Museum Universität Freiburg i. Br.
Rietberg
21. September Prof. Dr. Heinrich von Stietencron,
im Museum Universität Heidelberg
Rietberg
Lakshmi Shankar, Indien
Klassischer indischer Gesang (in Zusammen-
arbeit mit der Rietberg-Gesellschaft und deı
Schweizerisch-Indischen Gesellschaft)
Tantrismus und Shaktismus (in Zusammen-
arbeit mit der Rietberg-Gesellschaft und der
Schweizerisch-Indischen Gesellschaft)
Die Göttin Durgä Mahishamardini
(in Zusammenarbeit mit der Rietberg-
Gesellschaft und der Schweizerisch-Indischer
Gesellschaft)
Klassische indische Musik
(in Zusammenarbeit mit der Rietberg-
Gesellschaft und der Schweizerisch-Indischer
Gesellschaft)
3. Oktober
Pandit Ram Narayan, Indien
TonArt
Heinz Holliger
19. Januar
Luciano Berio:
Kommentar über Sequenza VII für Oboe Salc
Heinz Holliger:
Cardiophonie für einen Bläser und drei
Magnetophone
Shin-ichi Matsushita :
Kolonnen für Schlagzeug
Helmut Lachenmann:
Interieur I für einen Schlagzeugsolisten
György Ligeti:
10 Stücke für Bläserquintett
Hans Ulrich Lehmann:
« gegen(bei-)spiele » für fünf Bläser
Die TonArt-Programme werden in Zusammenarbeit mit dem Radio der deutsche
und der rätoromanischen Schweiz durchgeführt.
« Kunst über Mittag» des Kunst-Forums der Migros-Klubschule
Dr. Felix Baumann Edouard Manet, Henri Rocheforts Flucht
Hansjakob Diggelmann Adolf Dietrich
9. März Christoph Caskel
9. November Stalder-Quintett
16. und
23. Januar
30.Januar und Dr. Fritz Hermann
6. Februar Dr. Willy Rotzler
13. und
20. Februar
Dr. Ursula Perucchi
Dr. Willy Rotzler
27. Februar
und 6. März
Dr. Hans Lüthy
Dr. Brigitte Zehmisch
13. und
20. März
Dr. Brigitte Zehmisch
Hansjakob Diggelmann
9. und
16. Oktaher
Frau Dr. Ilse Baier-Futterer
Herbert Gröger
23. und
30. Oktober
Dr. Brigitte Zehmisch
Dr. Fritz Hermann
6. und Dr. Brigitte Zehmisch
13. November Dr. Felix Baumann
20. und Dr. Brigitte Zehmisch
27. November
Dr. Ursula Perucchi
4. und
11. Dezember
Dr. Ursula Perucchi
Dr. Felix Baumann
Pierre Bonnard, Bildnis Ambroise Vollard
Johannes Itten
Wassily Kandinsky: Der schwarze Fleck
Pisarro und Sisley
Ferdinand Hodler, Wandbild
Max Ernst, Wandbild
Max Ernst
Fernand Leger
Plastiken von Wilhelm Lehmbruck
Spiel am Strand und Rettung / Frau mit Hahn,
zwei Bilder von Pablo Picasso
Rothko, Louis, Held, Noland
Carl Burckhardt und Alberto Giacometti —
zwei Schweizer Plastiker
Richard P. Lohse .
George Segal: Bowery
Robert Rauschenberg: Trophy
Jasper Johns: Zone
Max Beckmann
Marino Marini
Marc Chagall
Weitere Veranstaltungen
8. März
Prof. Dr. Stanislaw Lorentz,
Nationalmuseum Warschau
25. September The Creative Dance Theatre
26. September und
28, September Modern Jazz Zürich
29. September
«Wiederaufbau des Warschauer Schlosses und
anderer polnischer Kunstdenkmäler
der Architektur »
Ballett und Jazz
VERÖFFENTLICHUNGEN
Zürcher Kunstgesellschaft, Jahresbericht 1972 (112 Seiten, 17 Tafeln,
davon 4 farbig).
Ausstellungskataloge 1975
Josef Albers, Formulation: Articulation; Portfolio I, Portfolio II; Kunst-
haus Zürich, 13. Januar bis 16. März 1973 (52 Seiten, deutsch und
englisch, 2 Abbildungen).
Ad Reinhardt, Kunsthaus Zürich, 11. Februar bis 18. März 1973 (Texte
von Jürgen Harten, Karl Ruhrberg, Ad Reinhardt, Dale McConathy,
76 Seiten mit Abbildungen und 15 Farbtafeln).
Otto Meyer-Amden, Kunsthaus Zürich, 1. April bis 20. Mai 1975 (Texte
von Felix Andreas Baumann, Hans Fischli, Willy Rotzler, Oskar
Schlemmer, 64 Seiten, 18 Tafeln, davon 6 farbig).
Oskar Schlemmer, Aquarelle und Handzeichnungen, Plastiken, Kunsthaus
Zürich, 1. April bis 20. Mai 19753 (Texte von Felix Baumann, Werner
Haftmann, Karin v. Maur, Oskar Schlemmer, 64 Seiten mit 2 Abbil-
dungen und 24 Tafeln, davon 10 farbig).
Carlotta Stocker, Zürcher Kunstgesellschaft, Helmhaus Zürich, 15. April
bis 20. Mai 1973 (Texte von Felix Andreas Baumann, Hans Neuburg,
24 Seiten, 16 Tafeln, davon 4 farbig).
Lyonel Feininger, Haus der Kunst, München, 24. März bis 13. Mai 1973,
Kunsthaus Zürich, 25. Mai bis 22. Juli 19753 (Texte von Rene Wehrli,
Hans Hess, 244 Seiten mit 10 Abbildungen und 146 Tafeln, davon
16 farbig, 1 Beilageblatt).
Stadt in der Schweiz, 1. Biennale der Schweizer Kunst, Kunsthaus Zürich,
organisiert durch die GSMBA Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bild-
hauer und Architekten, 9. Juni bis 15. Juli 1973 (Texte von Bundesrat
Dr. H. P. Tschudi, Wilfrid Moser, Felix Baumann/Margit Staber,
Stadtpräsident Dr. S. Widmer, Stadtrat Dr. H. Burkhardt, Antonio
Hernandez, Paul Hofer, Gerhard Johann Lischka, Adolf Muschg,
Manuel Pauli, Roul Tunley, Fritz Billeter, Hans Bühlmann, Charles
Goerg, Urs Graf, Werner Jehle, Walter Schönenberger, Heiny Widmer,
180 Seiten mit 162 Abbildungen).
Tantra, Zürcher Kunstgesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Museum
Rietberg, Helmhaus Zürich, 2. September bis 7. Oktober 1973 (Texte
von Rene Wehrli, Heinrich Zimmer, Eberhard Fischer, 4 Seiten Bei-
lageblatt zum Katalog der Wanderausstellung, organisiert vom Institut
für Auslandbeziehungen, Stuttgart).
50 Jahre Kunsthandelsverband der Schweiz, Jubiläumsausstellung mit Wer-
ken des 15.—20. Jahrhunderts aus öffentlichem und privatem Besitz,
Kunsthaus Zürich, 15. September bis 11. November 19753 (Texte von
Rene Wehrli, Eberhard W. Kornfeld, Dr. Peter Nathan, 168 Seiten und
63 Tafeln, davon 15 farbig).
Christo: Valley curtain, Kunsthaus Zürich, 29. September bis 4. Novem-
ber 1973 (Faltblatt mit Text von Christo und 9 Abbildungen).
Friedrich Kuhn, Helmhaus Zürich, 14. Oktober bis 18. November 1973,
Zürcher Kunstgesellschaft (Texte von Felix Andreas Baumann, Paul
Nizon, Rene Simmen, 48 Seiten mit 77 Abbildungen, davon 4 farbig).
Saal Marc Chagall, Kunsthaus Zürich, zur Eröffnung am 17. November
1973 (Texte von Rene Wehrli und Felix Baumann, 16 Seiten, Umschlag
mit Farbreproduktion).
GSMBA Sektion Zürich, Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer
und Architekten, Kunsthaus Zürich, 8. Dezember 1973 bis 13. Januar
1974 (Vorwort von Max Frühauf, 30 Seiten, 16 Tafeln).
Rechnung 1973
Das Rechnungsjahr, über welches wir berichten, kann im Ablauf der
Entwicklung der Zürcher Kunstgesellschaft als ein durchaus normales
betrachtet werden. Wenn es dennoch trotz voller Beanspruchung der
Defizitgarantie der Stadt Zürich nicht gelungen ist, den Verlustvortrag
vom Vorjahr in Höhe von annähernd Fr. 100 000.— wesentlich zu redu-
zieren, so muß dies in erster Linie der fortschreitenden Teuerung zuge-
schrieben werden. Zwar haben im Berichtsabschnitt im Gegensatz zu
früheren Jahren keine besonders kostspieligen Ausstellungen stattgefun-
den. Trotzdem sind die Auslagen, namentlich für Ausstellungen und
Transporte, für Beleuchtung, Reinigung und Heizung, aber auch für
Werbung sowie die allgemeinen Verwaltungskosten stark angestiegen.
Einzig beim Posten Bewachung konnte durch vermehrten Einsatz eigenen
Personals eine gewisse Reduktion erzielt werden. Als ein Glück darf es im
übrigen betrachtet werden, daß die Stadt Zürich gemäß dem Subventions-
vertrag vollumfänglich für die Teuerungszulagen des eigenen Personals
in Anlehnung an die Regelung bei den städtischen Beamten aufkommt,
wie dies aus dem erhöhten außerordentlichen Beitrag der Stadt Zürich
hervorgeht, welcher ausschließlich für die Ausrichtung von Ergänzungs-
zulagen an das Personal Verwendung findet. Zum etwas besseren Betriebs-
ergebnis hat unter anderem auch beigetragen, daß ein höherer Anteil des
Kantonsbeitrages von Fr. 143 400.— der laufenden Rechnung zugeführt
wurde, daß auf Inventaranschaffungen praktisch verzichtet werden
konnte und daß die Abrechnung von Verkaufsprovisionen erfreulicher-
weise ein höheres Ergebnis zeitigte. So konnte der Verlustvortrag unter
der Voraussetzung, daß uns die Stadt Zürich die Defizitgarantie von
Fr. 350 000.— in voller Höhe gewährt, von Fr. 99 683.— um Franken
22 280.— auf Fr. 77 403.— reduziert werden.
Leider war durch längere Erkrankung der Buchhalterin die Führung der
laufenden Rechnung während des Jahres stark in Rückstand geraten. Zur
Aufarbeitung der Pendenzen und Erstellung eines Status per 30. Novem-
ber mußte daher eine spezialisierte Treuhandfirma beigezogen werden,
welche der Vorstand in der Folge auf Grund der geleisteten guten Arbeit
auch mit der Bearbeitung des Jahresabschlusses beauftragte.
Wie in den Vorjahren möchten wir auch diesen Bericht nicht schließen,
ohne Stadt und Kanton Zürich für ihre namhaften Beiträge aufrichtig zu
danken, welche uns allein die Fortführung des Ausstellungsbetriebes und
der Sammlungstätigkeit ermöglichen. Gleichzeitig sei auch allen privaten
Gönnern an dieser Stelle der herzliche Dank ausgesprochen für die Zu-
wendungen und Geschenke, die sie verschiedenen Fonds der Kunstgesell-
schaft zukommen ließen.
{. BETRIEBSRECHNUNG
per 31. Dezember 1975
Ausgaben
Ausstellungen und Transporte
Beleuchtung, Heizung, Reinigung
Besoldungen und Sozialleistungen
Ergänzungszulagen
Bibliothek
Billettsteuer
Allgemeine Verwaltungskosten
Veranstaltungen, Führungen
Werbung
Inventaranschaffungen
Unterhalt der Sammlung
Vereinsauslagen
Reproduktionen
Kataloge
Plakate
Bewachung
Versicherungen
Reduktion Verlust 1972
Fr.
493 178.60
207 735.65
977 012.530
137 700.—
23 860.50
25 161.—
166 964.41
12 066.06
91 146.65
7 992.—
16 509.25
37 752.—
56 091.50
161 506.75
79 409.65
191 412.50
50 544.70
2.736 043.52
22 279.50
2 758 3253.02
Einnahmen
Anteil 85% an Mitgliederbeiträgen
Ordentlicher Betriebsbeitrag Stadt Zürich
Außerordentlicher Betriebsbeitrag Stadt Zürich
Beitrag des Kantons Zürich
Eintrittsgelder
Garderobegebühren
Kataloge
Saalmieten
Verkaufsprovisionen
Plakate
Reproduktionen
Verschiedene Einnahmen
Zinsen
Beiträge an Ausstellung Biennale
Defizitgarantie Stadt Zürich
zur Deckung Verlust 19753
zur Verminderung Verlust 1972
327 720.50
22 279.50
Fr.
130 443.60
1 254 500.—
137 700.—
143 400.—
233 426.50
15 828.60
173 591.51
17 628.10
59 021.20
23 665.55
111 618.81
42 622.60
16 5532.55
48 344 .—
2 408 323.02
350 000.—
9 758 3923.02
[I. BILANZ
per 31. Dezember 1973
Aktiven
Kasse
Postcheck
Banken
Wertschriften
Debitoren
Defizitgarantie Stadt Zürich
Ausstehende Beiträge Kanton Zürich
Verrechnungssteuern
Transitorische Aktiven
Verlustvortrag
Fr.
23 520.90
53 457.54
308 165.79
60 000.—
208 148.05
350 000.—
203 400.—
10 310.45
27 201.70
77 403.45
1 321 607.88
Passiven
Kreditoren
Rückstellungen
Transitorische Passiven
Sammlungsfonds I
Sammlungsfonds II
Andere Fonds:
Spezieller Sammlungsfonds
Kunstschulfonds Alfred Rütschi
Preis für Schweizer Malerei
60 996.25
344 210.60
65 290.05
355 561.65
270 081.45
96 119.95
124 569.78
4 778.15
470 496.90
1 321 607.88
III. KAPITALRECHNUNGEN
Sammlungsfonds I
Er.
Bestand am 1. Januar 1975
Zuwachs durch
Beitrag der Stadt Zürich 1975
Beitrag des Kantons Zürich 1975
Beitrag von Dr. A. Schaefer
Beitrag von Frau Dr. M. Meyer-Mahler
Mitgliederbeiträge 15%
Begutachtungen
Zusatzzahlung Legat Emil Otto Berthele
Ankäufe
Bestand am 31. Dezember 1975
413 494.03
150 000.—
180 000.—
50 000.—
10 000.—
23 123.55
12 172.20
43 500.—
882 289.78
757 720.—
124 579.78
Sammlungsfonds I1
Bestand am 1. Januar 19753
Beitrag der Stadt Zürich 1975
Beitrag des Kantons Zürich 1975
Zuwendung Frau H. Zumsteg
Ankäufe
Bernhard Lüthi, Konvex/Konkave Ecke 9 000.—
Aja Iskander Schmidlin, Blutkern 4 600.—
Max Gubler, Sizilianische Musikanten
(Teilzahlung)
Albert Trachsel, Landschaft am See
Jakob Bill, No. 18
Friedrich Kuhn, Trauminsel
Hans Aeschbacher, 7 Zeichnungen
Meret Oppenheim, Fleur Masque,
Why why
40 000.—
8 000.—
3 600.—
5 000.—
11 200.—
56 250.—
Bestand am 31. Dezember 1973
Fr.
2428.15
70 000.—
60 000.—
10 000.—
142 428.15
137 650.—
4 778.15
Sammlungsfonds III
Bestand am 1. Januar 1973
Zuwachs durch Zuwendung
Zinsen
Abgang durch Bankspesen
Bestand am 31. Dezember 1973
Fr.
59 487.50
1 000.—
599.45
61 086.95
90.70
60 996.25
Kunstschulfonds Alfred Rütschi
Bestand am 1. Januar 1973
Zuwachs durch Zinsen
Abgang durch Bankspesen
F+F Schule für experimentelle Gestaltung
Bestand am 31. Dezember 1973
3539 054.55
15 241.95
354 296.50
85.90
10 000.—
2344.210.60
Preis für Schweizer Malereı
Bestand am 1. Januar 1973
Zuwachs durch Zinsen
Abgang durch Bankspesen
Spesen Kauf / Verkauf Wertschriften
Bestand am 31. Dezember 1973
64 431.85
1 994.15
66 426.—
76.—
1 059.95
65 290.05
REVISORENBERICHT 1973
An die Generalversammlung der Zürcher Kunstgesellschaft
Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren,
In Ausübung unseres Auftrages haben wir die Jahresrechnung 1975 ge-
prüft. Wir stellten dabei die Übereinstimmung von Betriebsrechnung und
Schlußbilanz mit den Büchern fest. Die Bilanzsumme beträgt Franken
1321 607.88, die Summe der Ausgaben einschließlich Reduktion Ver-
lust 1972 und der Einnahmen einschließlich volle Defizitgarantie der
Stadt je Fr. 2 758 323.02. Nach Buchung der ordentlichen Beiträge von
Stadt und Kanton Zürich resultiert ein Betriebsdefizit von Fr. 327 720.50,
welchem die Defizitgarantie von Fr. 350 000.— der Stadt Zürich gegen-
übersteht. Deren volle Ausrichtung würde erlauben, den Verlustvortrag
aus dem Jahre 1972 von Fr. 99 682.95 um Fr. 22 279.50 auf Fr. 77 403.45
zu reduzieren. Ein entsprechendes Gesuch wird nach Abnahme der vor-
liegenden Jahresrechnung durch die Generalversammlung an die Stadt
gerichtet.
Aktiven und Passiven wurden durch gleichlautende Unterlagen aus-
gewiesen. Durch Stichproben überzeugten wir uns von der Richtigkeit
von Einnahmen uud Ausgaben. Wir haben uns ferner von der richtigen
Darstellung der Bestände und Ergebnisse der Separatfonds überzeugt.
Deren Vermögen betragen am 51. Dezember 19753:
1. Sammlungsfonds I
2. Sammlungsfonds II
3. Sammlungsfonds III
4. Kunstschulfonds Alfred Rütschi
5. Preis für Schweizer Malerei
Fr. 124 569.78
Fr. 4778.15
Fr. 60 996.25
Fr. 344 210.60
Fr. 65 290.05
Wir beantragen Ihnen, die Jahresrechnung 1973 mit obigen Zahlen zu ge-
nehmigen und den verantwortlichen Organen Entlastung zu erteilen.
Zürich, 22. März 1974
Die Kontrollstelle :
R. Aebli A, Grendelmeier
Abbildungen
vlarc Chaxwall. La naissance. 1910
\hh
Mare Chavcall. Le martır 1940
DD.
Marc Chagall, Les lumieres du mariage, 1947
\Tarc Chazall, Les amoureux en gris, 1956-6C
\hh
Mare Chaoall Au-dessus de Paris. 1968
Zaser de la Fresnave. La femme aux nuages. um 197° *
Ü
N
>
>
3
Rene Magritte, La vie secrete, 192%
SIE
Yves Tanguy, Demain, 195*
Ah
VMarat
Onnenheim Flenr masmue
1948
\ bb.
Alax Gubler. Sizilianische Musikanten. 1930/31
4 (47
hr.
Tanne Asscschhacher Tranbenfarmen.
1947
AM
Ywvas Klein. Relief planetaire 1961
ı\hh
£
SAT
Rahert Rauschenhere, Tronhv
”" 19540Q
\hh 15
Tasner Johns. Zone. 1962
bh
16
Raffael Benazzi, Figur 1465, 1972
Hinweis auf einige Neuerwerbungen
DIE SCHENKUNG MARC CHAGALL
Der Saal Marc Chagall, der im November 1975 eröffnet werden konnte,
zeigt anhand von 14 wichtigen Bildern beinahe sämtliche Schaffensepo-
chen des Künstlers. Die nachfolgenden kurzen Bildbeschreibungen be-
schäftigen sich nur mit den fünf neu und definitiv in die Sammlung des
Kunsthauses gelangten Werken. Dabei ist nicht zu vergessen, daß das
Kunsthaus bereits vor dieser außerordentlichen Schenkung drei Bilder des
Künstlers besessen hat: 1949 erwarb die Zürcher Kunstgesellschaft die
1928/29 entstandene Gouache «Le Boucher»; anläßlich der großen Cha-
gall-Retrospektive 1967 entschloß sich die Vereinigung Zürcher Kunst-
freunde zum Ankauf des Spätwerkes «La Guerre», 1970 schenkte Herr
Gustav Zumsteg ebenfalls der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde das
einzigartige Bild « La Fen&tre sur 1’Ile de Brehat » (1924). Zusammen mit
den sechs Dauerleihgaben des Künstlers ergeben sich im Chagall-Saal, so
wie er sich gegenwärtig präsentiert, folgende Schwerpunkte: die erste
russische Zeit ist vertreten mit zwei, die Rückkehr nach Frankreich in den
zwanziger Jahren mit drei Werken; in die Jahre des Zweiten Weltkrieges
fallen wiederum zwei Bilder, während aus der Zeit der definitiven Nieder-
lassungy: des Künstlers in Südfrankreich sieben Bilder stammen.
La naissance, 1910 (Abb. 1)
Die Geburt ist in den letzten Monaten vor Chagalls erster Reise im Som-
mer 1910 nach Paris in Petersburg entstanden. Obwohl später 1910 da-
tiert, hing das Bild bereits 1909 im « Salon der Jugend-Union» in Peters-
burg.
Zusammen mit dem etwa gleichformatigen Bild Der Tote von 1908 ge-
hört Die Geburt zu den bedeutendsten Frühwerken des Künstlers, in
denen die rituellen Gesetzmäßigkeiten von Anfang und Ende des mensch-
lichen Lebens mit dem Alltäglichen konfrontiert werden.
Die Geburt ist deutlich in zwei Bildhälften unterteilt: in eine weibliche
links, in der über der jungen Frau, die soeben geboren hat und blutend
auf dem Bett liegt, die Hebamme mit dem Kind wie eine urtümliche
Muttergottheit, vom roten Baldachin umrahmt, die Szene beherrscht, und
in eine männliche rechts, in der Gestik und Wort zu dominieren scheinen.
In der Nahtstelle der beiden Bereiche findet sich die Figur des Vaters,
halbversteckt unter dem Bett sich aufrichtend, durch den herabhängen-
den Vorhang formal deutlich der unmittelbaren Szene der Geburt zu-
geordnet, aber doch als Eindringling in dem von der Frau durchlittenen
Mysterium der Menschwerdung.
Das Thema der Geburt nimmt Chagall 1911 erneut in einer größeren,
vielfigurigen Komposition, die deutlich die Auseinandersetzung mit dem
Kubismus zeigt (The Art Institute Chicago), und in einer kleinen Fassung
(Privatbesitz Basel) auf.
Le martyr, 1940 (Abb. 2)
Das Bild des Märtyrers ist zwischen den beiden Kreuzigungsdarstellungen
von 1938 und 19453 entstanden, das heißt es gehört in eine Reihe von Bil-
dern, in denen Chagall seiner Bestürzung über das Kriegsgeschehen in
gleichnishafter und formal jeweils ähnlicher Weise Ausdruck verleiht.
Die die Bildmitte beherrschende Figur des Märtyrers ist mit einer moder-
nen, verbeulten Schildmütze und mit einem weißen Tuch mit schwarzen
Streifen bekleidet, das heißt mit einem jüdischen Betschal. Während be-
reits Chagalls Kreuzigungsdarstellungen Christus nicht als Erlöser, son-
dern als denjenigen zeigen, der das Leid der Welt auf sich nimmt, so wird
dieser Aspekt des Demütigen in unserem Bild verstärkt, er wird zum
eigentlichen Bildinhalt.
Chagall, der immer wieder — wir haben dies bereits bei der Geburt fest-
gestellt — zwei Bildhälften einander gegenüberstellt, scheint auch in die-
sem Bild eine eher dem kulturellen Erbe verpflichtete linke Seite mit einer
urtümlicheren, unmittelbar auf das persönliche Schicksal bezugnehmen-
den rechten Seite zu konfrontieren. Schutzsuchend und trostspendend
nähert sich unten links eine weibliche Figur vom Typus der Maria Mag-
dalena; die fehlende obere Gesichtshälfte des Geigenspielenden weist wohl
auf die verstandesmäßig nicht faßbare Macht des Musischen auch in
düsteren Zeiten hin — eine Deutung, die auch für die fliegenden, tier-
köpfigen Zirkusmenschen in verwandter, hier vermehrt spielerischer
Weise angenommen werden kann. Die rechte Bildhälfte kreist um die
Pole Familie und Dorf: rechts unten die Vaterfigur mit dem Gebetbuch,
die einer Pieta angeglichene Gruppe von Mutter und Kind, darüber ein
brennendes russisches Dorf, für Chagall seit der Zeit, da er seine Geburts-
stadt Witebsk verlassen hat, Inbegriff des Verlustes von Heimat und Ge-
borgenheit. Noch in den sechziger Jahren wählt der Künstler dieses Motiv
in La Guerre (Kunsthaus Zürich, Erwerbung der Vereinigung Zürcher
Kunstfreunde 1967), um die Schrecken des Krieges bildhaft zu fassen.
Les lumieres du mariage, 1945 (Abb. 3)
1933 malte Chagall die breitformatige, vielfigurige Komposition Zzrkus-
leute, in deren linkem Zentrum Chagalls Frau Bella in weißem Kleid, in
der rechten Bildhälfte ein Brautpaar erscheint. Als der Künstler 1941 auf
Einladung des Museums of Modern Art, New York, in die USA über-
siedelte, ließ er sich dieses Bild zusammen mit anderen, die ihn noch nicht
befriedigten und an denen er weiterarbeiten wollte, nachsenden. Im Sep-
tember 1944 starb Bella Chagall nach kurzer Krankheit eines plötzlichen
Todes. Dieser Schicksalsschlag verunmöglichte Chagall während neun
Monaten jede künstlerische Tätigkeit. Zu den ersten Arbeiten, die er nach
dieser Zäsur in Angriff nahm, gehörte die erneute Beschäftigung mit den
Zirkusleuten. Er schnitt die große Leinwand entzwei und malte beide
Teile selbständig weiter. Aus der linken Hälfte entstand zuerst das Bild
Autour d’Elle, aus der rechten wenig später Les Lumieres du Mariage.
Besonders stark verändert wurde dieses zuletzt genannte Bild; von den in
der früheren Fassung nahsichtigen und deutlich konturierten Figuren
sind nur der große geflügelte Stierköpfige und das Hochzeitspaar übrig-
geblieben; alle anderen Figuren, der im Himmel schwebende Leuchter
sowie das Dorf mit dem Sonnenuntergang sind neu. Das Thema der Hoch-
zeit hat Chagall seit 1909 immer wieder aufgenommen und neu inter-
pretiert. Nur ein Jahr vor Les Lumieres du Mariage malt er ein Bild, in
dem, abgesehen vom Brautpaar, mehrere Motive vorweggenommen sind,
so der Baldachin, der Leuchter, der mit seinem Instrument verwachsene
Cellospieler (letzterer auf ein Bild von 1939 zurückgehend). Während
jedoch die Komposition von 1944 von lärmiger Gedrängtheit erfüllt ist,
so kennzeichnet das spätere Werk eine beinahe wehmütige und verklärte
Distanz, die aus dem über die Figuren hinweggehenden blau-gelben
Farbklane resultiert.
Les amoureux en gris, 1936-1960 (Abb. 4)
Die Zeit nach seiner Rückkehr nach Frankreich darf in Chagalls Bio-
graphie als eine Periode der wiedergefundenen Lebensharmonie be-
zeichnet werden. Zusammen mit Vayva, seiner zweiten Frau, die er 1952
heiratet, unternimmt der Künstler von seinem südfranzösischen Wohn-
sitz aus zahlreiche Reisen, neben vielen anderen nach Griechenland und
Italien. Die Isolation, die ihn in Amerika bedrückt hat, hat sich endgültig
in weltweite Popularität verwandelt; sichtbare Zeichen dafür sind eine
nicht endenwollende Kette von großen Ausstellungen, Kontakte mit alten
und neuen Freunden und ein ununterbrochener Besucherstrom. Das er-
lebte Glück überträgt sich, wie dies bereits in den zwanziger Jahren zu
beobachten war, auf die Thematik der Bilder, in denen Blumensträuße
und Liebespaare Zeugnis ablegen von Chagalls jugendlicher Vitalität, die
ihn immer wieder von neuem über die Schönheiten, die auch unsere Welt
dem Menschen bereithält, staunen läßt. Alles’ Ekstatische und Kämpfe-
rische, das sein Jugendwerk immer wieder ausgezeichnet hat, ist einer
ruhigen Innigkeit gewichen, die besonders einprägsam in dem von Frau
Vava Chagall dem Kunsthaus geschenkten Bild zum Ausdruck kommt.
Chagalls Pinselstrich, der in der Spätzeit immer weicher, impressionisti-
scher wird und die Konturen mehr und mehr auflöst, teilt hier die Ober-
fläche in eine Vielzahl sich facettenartig durchdringender Einzelflächen
auf, wie dies für eine Gruppe von Gemälden der früheren fünfziger Jahre
charakteristisch ist, weshalb wir der Ansicht sind, daß das Bild in seiner
Gesamtanlage eher dem früheren der beiden in der untern rechten Bild-
ecke verzeichneten Daten zuzurechnen ist.
Au-dessus de Paris, 1968 (Abb. S5)
Chagalls Spätzeit wird gekennzeichnet durch eine immer freiere und un-
beschwertere Verwendung der Motive, die sich im Laufe seines langen
Lebenswerkes als unverwechselbar persönliche Figurationen heraus-
gebildet haben. Die schwebenden Tiere und Zirkusmenschen, die Liebes-
paare sowie Eiffelturm und russisches Dorf — kurz alle jene Motive, die
Chagalls Phantasiewelt in so liebenswerter Weise beleben — vereinigen
sich in immer wieder neuen Konstellationen und legen Zeugnis ab von
Chagalls ungebrochener Schaffensfreude.
In stilistischer Hinsicht sind für die sechziger Jahre vor allem zwei Merk-
male zu erwähnen: die Verselbständigung der Farbe oder auch die Ten-
denz, ein Bild einem einzigen Farbklang unterzuordnen, und die stets
zunehmende Flexibilität des Pinselstriches, der sich zu impressionistisch
anmutender Weichheit entwickelt hat.
Diese beiden Eigenschaften kommen in «Au-dessus de Paris» deutlich
zur Geltung, mit dem Chagall auf die Thematik der fünfziger Jahre
zurückgreift. Der Farbauftrag ist flächig transparent, der perlmuttern-
goldene Farbklang scheint zum eigentlichen Bildvorwand geworden zu
sein. Chagalls Weltbild scheint sich mehr und mehr vom unmittelbar
äußeren Erscheinungsbild der Wirklichkeit zu entfernen: diese dient ihm
wohl noch als Ausgangspunkt zur Formulierung seiner heiteren Träume
und Visionen, ist aber letztlich nicht mehr primärer Bildinhalt. Die lichte
Vision der Innenwelt dominiert über die Außenwelt.
Felix Andreas Baumann
(Die Texte zu den fünf Bildern wurden in leicht veränderter Form der Broschüre entnommen
die zur Eröffnung des Chagall-Saales herausgegeben wurde.)
ZWEI WERKE DER AUSEINANDERSETZUNG MIT DEM KUBISMUS
Roger de la Fresnaye, «La femme aux nuages», um 1911112
Mit La femme aux nuages (Abb. 6) ist der französische Maler Roger de la
Fresnaye zum ersten Mal in der Sammlung des Kunsthauses vertreten.
Das Bild, das bereits seit längerer Zeit als Leihgabe im « Kubistensaal »
hängt, ist ein Geschenk von Herrn Kaganowitch in Erinnerung an seine
Frau Rosy Wyspa. Es gehört in die Schaffensperiode La Fresnayes, die
von der Auseinandersetzung mit dem Kubismus bestimmt wurde. La
Fresnaye kam um 1911 mit den Kubisten in Berührung. Er schloß sich
dem «Groupe de Puteaux» an, der sich regelmäßig im Atelier von
Jacques Villon traf und zu dem unter anderen Gleizes, Metzinger, Leger,
Picabia und Duchamp gehörten. La Fresnaye nahm 1912 zusammen mit
dieser Künstlergruppe an der Ausstellung «Section d’Or» in der Galerie
de la Boätie in Paris teil. Die meisten Maler der «Section d’Or» standen
dem analytischen Kubismus von Picasso und Braque mit Vorbehalten
gegenüber. Sie kritisierten an ihm vor allem seine Gleichgültigkeit
gegenüber dem Menschen und seine Ablehnung der Farbe. Obwohl sie
seine formalen Mittel teilweise übernahmen, waren sie nicht bereit, ähn-
lich radikal mit den traditionellen Körper- und Raumvorstellungen zu
brechen.
La Fresnayes Bild spiegelt diesen Zwiespalt wider. In seinem weiblichen
Akt stehen sich kubistisch aufgebrochene Konturen und realistische Ge-
schlossenheit des Körpers gegenüber. Während Picasso und Braque ihre
Figuren und Gegenstände in kristallinische Formen aufsplittern und um
1911/12 bereits mehr und mehr ins Flächig-Geometrische und fast Ab-
strakte auflösen, bleibt La Fresnaye dem Imitativen verhaftet. Sind im
analytischen Kubismus Licht und Schatten so verteilt, daß jede Facette
ihre eigene Beleuchtung hat und sich keine zusammenhängenden Körper
bilden, so läßt La Fresnaye Arme, Brüste, Hüfte und Beine der Frauen-
gestalt in fast illusionistischer Weise durch Aufhellung der gewölbten
3A
Partien und durch Schatten an den Rändern plastisch hervortreten. Ihm
liegt auch daran, die Wirkung von Raumtiefe zu bewahren. Während bei
den gleichzeitigen Bildern von Picasso und Braque Vorder- und Hinter-
grund durch eine einheitliche «kubistische » Behandlung zusammen-
gezogen werden, setzt sich der nah und groß gesehene Frauenakt deutlich
vom Hintergrund ab. Der stark verkleinerte Maßstab der Landschaft und
der Hausfront hinter ihr, die perspektivisch in die Tiefe fliehenden For-
men der Dachaufsätze und vor allem die atmosphärische Wirkung des
hellblauen Himmels mit den weißen Wolken erzeugen den Eindruck
von Räumlichkeit. Andererseits verbindet La Fresnaye nahe und ferne
Bildelemente durch Formangleichung. Deutlich wird das beispielsweise
an den Kreisformen der Wolken und der Haare und Brüste. Auch durch
die Auflösung der Konturen zwischen Kopf und Himmel sowie zwischen
Unterarmen und Hintergrund versucht er, einen Übergang von einer
Bildebene in die andere zu schaffen. Allerdings bleiben gerade diese Par-
tien etwas undeutlich, und wahrscheinlich hat Seligman sie vor Augen,
wenn er vermutet, daß das Bild nicht ganz vollendet ist, obwohl La
Fresnaye es signiert hat!.
In «La femme aux nuages» beginnt La Fresnaye die Bildgegenstände
atmosphärisch zu umspielen. Diese Neigung kommt in den folgenden
Werken bis ungefähr 1914 immer stärker zum Durchbruch. La Fresnaye
entfernt sich damit immer mehr vom orthodoxen Kubismus. In seinem
Streben nach Helligkeit und Transparenz findet er in den Farbkonstruk-
tionen von Robert Delaunay vielfältige Anregungen. Er verbindet in
seinen Hauptwerken um 1914 die Formdurchdringungen des analyti-
schen Kubismus mit den Farbdurchdringungen von Delaunay. Indem er
die flachen, geometrisierten Objekte mit einer leuchtenden atmosphä-
* Germain Seligman, Roger de La Fresnaye, avec le catalogue raisonne de l’e@uvre, Editions Ides
et Calendes. Neuchätel 1969. Nr. 114. 5.149
rischen Hülle umgibt, bereichert er den Kubismus in ganz eigener Weise
um etwas, was dieser aufgegeben hatte. In dem Bild des Kunsthauses
kündigen sich diese Tendenzen an. Die hellen und leuchtenden Farben
bauen das Bild jedoch noch nicht einheitlich auf, und sie werden von den
umgebenden Braun-, Beige-, Schwarz- und Grautönen, die auch die
gleichzeitigen Werke des analytischen Kubismus bestimmen, noch stark
gedämpft. Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte La Fresnaye zu einer gegen-
ständlichen Malerei mit Anklängen an Ingres, Poussin und die Meister
des Quattrocento zurück. Darin bestätigt sich seine auch in der «kubi-
stischen» Periode latent vorhandene Neigung zum «Klassischen».
Georges Braque, « Nature morte au journal», 19727
Mit Nature morte au Journal (Abb. 7), einem Geschenk von Frau E. Staub-
Schober, gelangt ein zweites Werk aus Braques nachkubistischer Schaf-
fenszeit in die Sammlung des Kunsthauses. Gegenüber dem großen
«Chemingde» von 1923 vertritt es die Gattung der kleinen, intimen,
locker gemalten Stilleben, die Braque vor allem in den zwanziger Jahren
parallel zu seinen anspruchsvolleren und vielschichtigeren Bildern ge-
schaffen hat. Es reiht sich in eine Serie von sehr ähnlichen Früchtestil-
leben ein, in denen sich Braque mit dem schmalen Querformat aus-
einandersetzte.
Seit dem Ersten Weltkrieg hatte sich Braques Malweise stark verändert.
Nach den revolutionären Neuerungen seiner fauvistischen und vor allem
seiner kubistischen Zeit kehrte er wieder stärker zu der natürlichen Er-
scheinung der Dinge zurück. Ebenso wie Picasso hatte er die Gefahr des
intellektuellen Schematismus und der Sterilität des analytischen Kubis-
mus erkannt. In seiner neuen Darstellungsweise verknüpfte er die Er-
rungenschaften des Kubismus mit der Tradition der französischen Mal-
7
kultur. Während das Cheminee-Stilleben mit seinen flächigen Über-
schneidungen und der Teilung der Gegenstände in beleuchtete und be-
schattete Hälften noch kubistische Prinzipien erkennen läßt, sind die
Objekte in der «Nature morte au journal» in klarer Ausbreitung neben-
einandergestellt und in ihrer Integrität erhalten. Das unkonventionelle
schmale Querformat, das eher an eine Supraporte als an ein Staffeleibild
denken läßt, kommt der intimen Darbietung einfacher kleiner Dinge ent-
gegen. Der Früchtekorb, das Messer und das Glas werden dem Betrachter
greifbar nahe gerückt. Die dunkelgelben Früchte erscheinen in einer
neuen sinnlichen Fülle. Im Gegensatz zum analytischen Kubismus werden
sie wieder stärker in tonigen Abstufungen modelliert. Dennoch liegen sie
nicht plastisch rund in einer räumlich erkennbaren Vertiefung, sondern
schweben gleichsam als freie Form über dem Türkisgrund des Korbes,
Auch die wieder auftretenden Schlagschatten sind mehr dekorativ hinter-
legte Folie und rühren nicht von einer einheitlichen Lichtquelle her.
Insgesamt bleibt der Flächencharakter bestimmend. Die Teilflächen des
Tisches und des Hintergrundes nehmen die Rahmenform wieder auf und
betonen die in dieser Zeit von Braque immer häufiger verwendete Hori-
zontalgliederung. Das Karomuster des Tischtuches ist glatt als dekorative
Fläche ausgebreitet und bekommt lediglich an der unteren Kante durch
das Überstehen des quergelegten Messers und der Zeitung die angedeutete
Räumlichkeit einer Tischdecke. Im Gegensatz zu den geraden und eckigen
Formen des analytischen Kubismus verwendet Braque nun vermehrt ge-
krümmte Linien und kurvige Konturen. Die Arabesken des Korbes sind
gegenständlich gebunden, gliedern aber zugleich die Bildfläche als freies
Ornament. Die Zeitung mit den überschnittenen Buchstaben aus dem
Wort «Journal» ist eine Reminiszenz an die kubistischen Bilder, in die
Braque seit 1911 Druckbuchstaben und Zahlen als Elemente der Realität
eingeführt hatte. In den Farben bleibt die asketische Beschränkung des
analytischen Kubismus wirksam: beherrschend sind immer noch die
Stufungen von Braun, Beige, Weiß, Grau und Schwarz, aber an ihre Seite
treten nun Türkis, Grün und gedämpftes Gelb. In der Umgebung der
matten, stumpfen Farbigkeit, die stellenweise durch die Beimischung von
Sand eine körnige, freskenhafte Textur erhält, gewinnen diese neuen Töne
eine verhaltene Leuchtkraft. Die Tendenz zu helleren und blühenderen
Farben kommt erst zu Beginn der dreißiger Jahre voll zum Durchbruch.
Stilleben sind das zentrale Thema von Braques Malerei. Er entwickelte es
seit 1908 zunächst nach Motiven Cezannes. Liefen sie anfangs parallel zu
Landschaftsdarstellungen, so gab Braque von 1911 bis 1928 die Land-
schaft vollkommen auf, um sich neben der menschlichen Figur vor allem
dem Stilleben zu widmen. Er selbst sagte dazu: «Avec la nature morte,
il s’agit d’un espace tactile et meme manuel que l’on peut opposer ä
l’espace du paysage, espace visuel. » Mit dem «Taktilen», mit dem Greif-
baren der Darstellung und Tastbaren der reichen malerischen Substanz
knüpfte Braque an die Tradition der französischen Stillebenmalerei, ins-
besondere an Chardin an. Ähnlich wie dieser verstand er es, die einfachen
alltäglichen Dinge in poetischer Weise zu verdichten.
Ursula Perucchi-Petri
‚CO
ZU MAX GUBLERS BILD « SIZILIANISCHE MUSIKANTEN » 1950/31 (ABB. 11)
Zwischen 1923 und 1928 malte Max Gubler auf Liparı eine Reihe von
Schauspieler- und Musikantenbildern, zu welchen er durch das Erlebnis
einer wandernden Schauspielertruppe angeregt wurde. Als er 1928 nach
Zürich zurückkehrte, wo er drei Jahre lang neben seinem Bruder Ernst
in dessen Atelier im «Letten» arbeitete, behielt er diese sizilianischen
Themen bei, malte unter anderen die letzte Fassung eines großen Drei-
figurenbildes mit Schauspielern, den sitzenden Pierrot mit Klarinette,
stehende Knaben mit Mandoline oder Gitarre und 1930 eine erste Fas-
sung des Zweifigurenbildes «Sizilıanische Musikanten» (180 x 140 cm).
Nur eine leise Veränderung im Licht zeigt zuerst an, daß diese Bilder
nicht mehr in Sizilien gemalt sind. Vielleicht waren die bedrückenden
Umstände in Zürich mit ein Grund dafür, daß Max Gubler etwas von
Liparı wie einen Traum in sich zu erhalten suchte. Im Lauf der drei
Zürcher Jahre führte er die sizilianischen Motive immer mehr über in
eine allgemeinere klassische Bildwelt. Er suchte in den Figuren das Ge-
meinsame vor jeder Individuation, stellte sie als namenlose Schauspieler
in eine einfache räumliche Situation, vor eine bildflächenparallele, oft
durch ein Getäfer gegliederte Wand, wie auf eine Bühne, auf der sich
nur noch etwa eın Tuch oder ein Stuhl befinden.
Zur Entstehung dieser klassischen Welt trug außer dem Erlebnis Liparis
noch vieles bei: Figuren aus den Gemälden der Brüder Le Nain; der
Klassizismis Picassos aus der ersten Hälfte der zwanziger Jahre; wohl viele
Gespräche mit dem Bruder Ernst; auch ähnliche Bemühungen von
Schweizer Malern, wie Gimmi, Barraud, Walser, um ein allgemeines
Menschenbild. Vor allem bedeutete der Rückzug auf das Allgemeine für
Max Gubler eine Notwendigkeit in seiner malerischen Entwicklung; er
ging einher mit einer bewußten Reduktion seiner formalen Mittel. Im
Lauf dieser drei Jahre begann Max Gubler, die in Lipari erarbeitete, an
Cezanne und Renoir erinnernde Differenzierung der Farben aufzugeben.
Ernst Gubler, der diesen Vorgang von nahe verfolgte und ihn zuerst für
einen Rückschritt hielt, schrieb später in einer Notiz: «Schon in der Zeit
der Aufenthalte auf der Insel Lipari empfand Max das Bedürfnis, zur In-
dividuation seines Modells vorzustoßen. Er malte die beiden Bildnisse des
‚Blinden‘, wobei immer noch ein Blinder, gleichsam ein ‚Namenloser,
ein Typenschicksal auf sich nimmt. Ich fand damals, mein Maler sollte in
seinen Gemälden die erreichte Differenzierung weiter verfolgen. Max
erwiderte, er befürchte damit einer ‚gepflegten‘ Malerei zu verfallen, ehe
er der Beherrschung des Bildformates gewiß sei. Er reduzierte die Palette
wieder auf Schwarz und farbige Grau. Blau und Rot erschienen ın be-
stimmten, dosierten Flecken. Er malte die weißen Knaben in Zürich,
in meinem Atelier, und in der ersten Zeit des zweiten Pariser Aufent-
haltes . ..»
Als Max Gubler im Juni 1930 nach Paris übersiedelte, nahm er die Bilder
der letzten Zeit mit, um sie dort in der Galerie von Kurt Mettler auszu-
stellen, und knüpfte in seiner Arbeit, die er bald nach seiner Ankunft auf-
nahm, unmittelbar an sie an. Im Atelier von Fritz: Pauli (der sich in der
Schweiz aufhielt) im Dachstock des Hauses Nr.11 Rue du Commandeur
in der Nähe der Porte d’Orldans malte er weiter die stehenden und sitzen-
den Knaben, Köpfe und Akte (unter anderem den «Akt im Atelier» der
Sammlung Mayenfisch, Kunsthaus Zürich), meist aus der Vorstellung, oft
mit dem großen Atelierfenster und dem Blick über die Dächer im Hinter-
grund. Die Reduktion in diesen Bildern scheint noch stärker, sie sind
knapp und oft fast nüchtern; das hängt wohl zu einem Teil mit dem über-
hellen harten Licht im Atelier zusammen, vor allem aber mit den neuen
malerischen Einsichten. Er beschäftigte sich in Paris sogleich intensiv mit
der Malerei von Matisse und Picasso, von welchen er nun eine größere
Zahl von Originalen sah; einmal konnte er in der Galerie Paul Rosenberg
acht Bände mit Fotografien von Werken Picassos durchsehen und einen
Überblick über dessen Schaffen gewinnen. Wie immer nach einer gewissen
Zeit drängte es ihn, die neuen Einsichten in einem großen Gemälde an-
zuwenden. Um Weihnachten schrieb er nach Hause: « Dr. Ganz kaufte
ein Bild, damit ist mir für die nächste Zeit gesorgt, was mir wichtig ist,
da ich jetzt die Komposition mit den Musikanten wiederhole. »
Die zweite Fassung der « Sizilianischen Musikanten », die des Kunsthauses,
ist größer und mehr dem Quadrat angenähert (207 x 189 cm). Ein Ver-
gleich der zwei Fassungen zeigt, welchen Weg Max Gubler in der kurzen
Zeit dazwischen zurückgelegt hat. Er stellte das ganze Bild auf eine neue
Stufe, die er von nun an nicht mehr aufgab. Aus der ersten Fassung über-
nahm er die beiden Figuren, den sitzenden Klarinettenspieler und den
stehenden Mandolinenspieler, von welchen er mindestens den zweiten
genau gleich auch in Einzelfigurenbildern gemalt hatte. Er stellte sie nun
’estimmter in den Raum und ging dabei weniger von den Figuren und
mehr vom ganzen Bildraum und von der Bildfläche aus. In der ersten
Fassung bestehen die beiden noch eher für sich: zwei Knaben, die zusam-
mengekommen sind, um miteinander zu musizieren. In der zweiten sind
sie stärker aufeinander und auf den Raum bezogen: durch die Winkel und
Richtungen, die zwischen den Figuren und zwischen ihnen und dem Bild-
viereck wirksam sind, werden sie wie zu einer Schicksalsgemeinschaft ver-
bunden. Die ganze Komposition ist straffer; alles ordnet sich mehr der
Waagrechten und der Senkrechten unter; der sitzende Knabe hat auch
nicht mehr beide Füße auf die Querstangen des Stuhles, sondern einen
auf den Boden gestellt. Obwohl die beiden Musikanten sich jetzt näher
beim unteren Bildrand befinden, scheinen sie weiter von uns entfernt,
in einer kühlen Distanz, an einen bestimmten Ort im Raum gesetzt. Sie
sind wie eingespannt zwischen das grüne Tuch, das links vorn den Raum
eröffnet, und den blauen Vorhang rechts hinten, die (wie auch das Fenster
links oben) neu hinzugekommen sind. Max Gubler übernahm das Grün
und seine räumliche Funktion vielleicht aus dem «Akt im Atelier» der
Sammlung Mayenfisch, wo es als die Farbe eines Kastens auftritt. So be-
hielt er neu hinzugekommene motivische und formale Elemente, die eine
Erweiterung bedeuteten, oft über längere Zeit bei, bis sie sich in etwas
Neues verwandelten; nichts blieb bei ihm vereinzelt und ohne Folge.
Vor der ersten Fassung denkt man eher noch an sizilianische Musikanten,
die Figuren der zweiten gehören, obwohl ihre Kleidung (die der Fischer
auf Lipari) nicht geändert hat, noch mehr einer allgemeinen Welt der
Vorstellung an. Alles in der ersten Fassung ist näher bei den Dingen, die
Gegenständlichkeit ist betonter; die Farben bezeichnen die Dinge; so
stimmen die Grenzen der drei stärkeren Farben: Ocker, Rot und Blau, mit
den Umrissen von drei Tüchern überein. Bei der zweiten Fassung be-
ziehen sich die Farben mehr auf das Bildganze als auf die Gegenstände.
Grün, Blau und Rot, die einmal leuchtend und dann wieder gebrochen
vorkommen, ebenso Weiß, bilden, jede Farbe für sich, über die Dinge
hinweg eine eigene Ordnung. Das leuchtende Rot, in drei Flecken über-
einander eingesetzt, scheint kaum mehr überall einem Gegenstand an-
zugehören. Das tiefe Schwarz, das er als Farbe, Schatten und Zeichnung
verwendete, führt wie ein Ornament über die Bildfläche hin. Max Gubler
schrieb im September 1950 in einem Brief nach Hause über Stilleben von
Picasso: «. .. in denen das Grau des Schattens zu einer dekorativen Ara-
beske ausgebreitet ist, die Farbe eines Gegenstandes taucht plötzlich an
einem andern Ort wieder auf, eine übersichtliche Phantastik ...»; SO
nahm er selber die Elemente Ton, Farbe, Linie auseinander, studierte
ihren Verlauf und setzte sie, alle auf die Bildfläche beziehend, neu zu-
sammen. Das Grau des Mitteltones breitet sich aus, erscheint überall, geht
durch die Farben der Gegenstände hindurch und öffnet deren Grenzen;
dadurch erscheint der Raum noch weiter.
Die erste Fassung des Bildes ist intimer, unmittelbarer, naiver und poeti-
scher, die zweite strenger und bewußter: die durchdachte notwendige
Gestaltung im Raum und auf der Fläche gibt ihr einen unbedingten
Ernst, gleichzeitig wirkt sie als eine bedeutende festliche Dekoration, ge-
malt für die Dimensionen eines großen Saales.
Max Gubler stellte das Bild schon im Februar 1931 in der Ausstellung
«Art Suisse», zu der er als Jüngster eingeladen wurde, in der Galerie
Georges Petit in Paris aus (Nr. 42, Deux musiciens). Er schrieb über das
Hängen seiner Bilder nach Hause: «. . . Ich begann in einer Ecke, rückte
zur Mitte einer Längswand auf, da wurde der Saal schief, später fand man
den Platz für mich, allein gegenüber Hodler. Ich war froh, als ich zurück-
kam, war es so...» Gotthard Jedlicka kaufte das Bild im gleichen Jahr
und stellte es von 1953 an dem Kunsthaus Zürich als Leihgabe zur Ver-
fügung. In seiner Gubler-Monographie (Max Gubler, Frauenfeld 1970)
beschrieb er es als ein Hauptwerk der Pariser Zeit (S. 93-95).
Die weitere Entwicklung der Malerei Max Gublers ist im Kunsthaus an
unmittelbar darauf folgenden Werken zu erkennen: beim Knaben mit der
Trommel (1932, Slg. Mayenfisch) werden die Töne reicher und dichter,
ein Kolorismus beginnt, der Raum bildet hinter dem Knaben eine Ecke,
die schräggestellte Trommel und der Teppich am Boden führen stärker in
die Tiefe; das Frauenbildnis (1932, Geschenk von Edvard Munch) führt,
vom Allgemeinen weg, zu einer näheren, individuellen Wirklichkeit.
Aber das Allgemeine, auf das Max Gubler in den «Sizilianischen Musi-
kanten» wie auf einen Grund zurückging, scheint auch durch die späten
Bilder hindurch, liegt ihnen zugrunde und ermöglichte ihm vielleicht erst,
in seiner Realisierung so weit zu gehen.
Rudolf Frauenfelder
ZWEI SURREALISTISCHE BILDER
Der Surrealismus, der in der Regel nach Kubismus und Konstruktivismus
als wichtigste künstlerische Entwicklung der ersten Hälfte unseres Jahr-
hunderts genannt wird, ist, wie bereits im ersten Teil dieses Jahresberichtes
angedeutet, im Zürcher Kunsthaus zahlenmäßig relativ schwach vertre-
‚en. Dies ist um so bedauerlicher, als gerade der Surrealismus keine ın sich
geschlossene Bewegung war, die zu belegen einige wenige Beispiele genü-
gen würden. Im Gegensatz zum Kubismus, dessen Hauptvertreter in den
frühen, entscheidenden Jahren sich einer größtmöglichen Anonymität
unterwarfen, um die neu entdeckte Formensprache um so reiner zur Gel-
tung zu bringen (es bereitet zuweilen eine gewisse Schwierigkeit, die be-
zeichnenderweise oft nicht signierten Bilder Braques und Picassos aus den
Jahren um 1910/11 voneinander zu unterscheiden), hat der Surrealismus
von Anfang an aus dem Neben-, oft auch Gegeneinander äußerst unter-
schiedlicher Künstlerpersönlichkeit bestanden. Ohne Zweifel liegt die
Tendenz zum Individuellen dieser die Zwischenkriegszeit dominierenden
Strömung mit darin begründet, daß es sich beim: Surrealismus weniger
um einen Stil als vielmehr um eine Lebenshaltung handelt. Andre Breton
hat den Surrealismus in seinem Manifest von 1924 mit folgenden Worten
definiert: «reiner psychischer Automatismus, durch welchen man, sei es
mündlich, sei es schriftlich, sei es auf jede andere Weise, den wirklichen
Ablauf des Denkens auszudrücken sucht. Denk-Diktat ohne jede Vernunft-
Kontrolle und außerhalb aller ästhetischen oder ethischen Fragestellun-
gen». Er fährt fort: «Der Surrealismus beruht auf dem Glauben an die
höhere Wirklichkeit gewisser, bis heute vernachlässigter Assoziations-
Formen, an die Allgewalt des Traums, an das absichtsfreie Spiel des Ge-
dankens. Er zielt darauf hin, die anderen psychischen Mechanismen zu
zerstören und ihre Stelle einzunehmen zur Lösung der wichtigsten Le-
bensprobleme.» Ohne diese Aussage des Wortführers und wichtigsten
Theoretikers des Surrealismus zu überanstrengen und allen in diesem
Zusammenhang genannten Malern als Credo anzulasten, muß doch fest-
gehalten werden, daß der Surrealismus in allen seinen Spielarten ver-
sucht, Erlebnisbereiche freizulegen und zu aktivieren (Automatismus,
Traum, Vision, Halluzination usw.), die nur individuell erfahrbar sind,
und daß er konsequenterweise sich gegen die von einem Kollektiv eta-
blierten Werte wie Logik und Ethik wendet. Kein Wunder also, wenn
ım Grunde allen bedeutenderen, dem Surrealismus zugerechneten Malern
ein ausgesprochen persönlicher Stil eigen ist, der Verwechslungen, wie
sie beim Kubismus prima vista unterlaufen mögen, in eindeutiger Weise
verunmöglicht. Die oft vorgetragene Unterscheidung des Surrealismus in
eine vom Automatismus des Schaffensprozesses her zum Abstrakten ten-
dierende Seite (zum Beispiel Mirö, Masson) und eine veristische Strö-
mung (zum Beispiel Max Ernst, Magritte) hilft zwar eine gewisse Über-
sichtlichkeit in der Vielzahl der Stimmen zu schaffen, vergröbert aller-
dings auch das Bild, da mehrere Künstler, und unter diesen gerade Tan-
guy, auf den wir im folgenden einzugehen haben, sich einer derartigen
Klassifizierung entziehen. Und es bleibt weiterhin zu bedenken, daß auch
die Vertreter innerhalb dieser beiden Hauptrichtungen in ihrem künst-
lerischen Anliegen wesentlich differieren; so haben beispielsweise Max
Ernst (von dem das Kunsthaus glücklicherweise drei charakteristische
Werke besitzt) und Magritte recht wenig miteinander zu tun. Aus dem Ge-
sagten geht hervor, wie erfreulich die Tatsache ist, daß das Kunsthaus heute
dank den beiden neu in die Sammlung gekommenen Bildern von Rene
Magritte und Yves Tanguy in der Lage ist, die verschiedenen Ausdrucks-
möglichkeiten des Surrealismus etwas besser zur Geltung zu bringen.
Der 1898 geborene Belgier Rene Magritte lebte von 1927 bis 1930 in der
nahe bei Paris gelegenen Ortschaft Perreux-sur-Marne. In dieser Zeit
unterhielt er enge Kontakte mit der Pariser Surrealistengruppe um Andre
Breton, in diesen Jahren aber fand er auch seinen eigenen Stil und arbei-
tete seine Bildvorstellungen aus, die er bis zu seinem Tod 1967 ohne
wesentliche Neuorientierung weiterverfolgte. Das Bild «La vıe secrete»
(Abb. 8) aus dem Jahre 1928 ist somit ein Werk aus der entscheidenden
Schaffenszeit des Künstlers, ein historisch bedeutsames Dokument nicht
nur innerhalb des (Euvres von Magritte, sondern auch für die ganze
surrealistische Bewegung.
Magrittes Kunstauffassungen wurden in wesentlichen Zügen geprägt
durch die Pionierleistungen von Marcel Duchamp und Giorgio de Chirico.
Über den letztgenannten hat Magritte selbst einmal gesagt: «Als erster
träumte Chirico davon, was gemalt werden muß und nicht wze zu malen
ist.» Damit formuliert Magritte in bezug auf den älteren Künstler, was
ihm selbst ein lebenslanges Anliegen ist. Die Art, in der er malt, ist be-
tont schlicht, unauffällig, zuweilen ans gewollt Banale grenzend. In dieser
Hinsicht stimmen malerische Technik und äußerer Lebensstil des Künst-
lers überein, hat er doch in der Maske des bourgeoisen Biedermannes einen
Grad von alltäglicher Unauffälligkeit erreicht, der seinerseits beinahe wie-
der als surrealistische Attitude zu werten ist. Wichtig ist Magritte die
seinen Bildern zugrunde liegende Idee, die es zu visualisieren gilt, und in
dieser Haltung trifft er sich mit Marcel Duchamp. Mit seinen Ready-
mades hat dieser über die Bedeutung des künstlerisch nicht verfremdeten
Objekts in einer verfremdeten Umgebung meditiert. Magritte seinerseits
verformt die in seinen Bildern dargestellten Objekte ebensowenig, stellt
sie jedoch in ungewohnten Zusammenhang, der beim Betrachter einen
nicht weniger großen Schock auslöst, als wenn Duchamp in einer Kunst-
ausstellung das völlig unkünstlerische Objekt ausstellt, das er allein durch
seine Signatur aus der Masse des Gleichgestalteten heraushebt. Im un-
mittelbaren Zusammentreffen des nicht Zusammengehörigen nähert sich
Magritte von allen surrealistischen Malern am stärksten der häufig in
bezug auf den Surrealismus zitierten Definition des Schönen des Comte
de Lautreamont: «schön wie die ungewöhnliche Begegnung einer Näh-
maschine und eines Regenschirmes auf dem Seziertisch». Wobei es frei-
lich Magritte nicht um «Schönheit» geht; seine Wirklichkeitscollagen
in den Cahiers d’Art nannte 1956 Max Ernst die Bilder von Magritte
«vollständig mit der Hand gemalte Collagen») wollen mit ihrer Kombi-
nationstechnik vielmehr Denkanstöße beim Betrachter auslösen, Denk-
anstöße freilich, die sich nicht ausschließlich an den Bereich der Logik
wenden, hat doch Magritte selbst immer wieder vom «Mysterium » seiner
verrätselten Bildgedanken gesprochen. Voller Rätsel ist zweifellos das Bild
«La vie secrete» (ein Bildtitel übrigens, der wiederholt gebraucht wird).
[ndem Magritte in perspektivischer Präzision die Illusion eines Innen-
raumes schafft, dessen Rückwand jedoch einheitlich schwarz tönt, schafft
er eine räumliche Ambivalenz, die durch die das Bildgeschehen dominie-
rende Kugel zusätzlich verstärkt wird. Die dominierende Präsenz eines ins
Ungeheuerliche vergrößerten Gegenstandes — eines Apfels, einer Rose —
in einem guckkastenartig begrenzten Innenraum ist ein wiederholt auf-
tauchendes Motiv in Magrittes Imagination, wobei im Falle des von der
Vereinigung Zürcher Kunstfreunde erworbenen Bildes das Mysterium
des Bildgeschehens dadurch gesteigert wird, daß die schwebende Kugel
sich einer eindeutigen gegenständlichen Interpretation entzieht. Die Ver-
suchung, den Symbolgehalt dieser Kugel zu erforschen — etwa als Motiv
des Unvertrauten, des Gefahrvollen —, ist groß, doch warnt Magritte selbst
einmal vor den Betrachtern, die «nach irgendeiner Bedeutung wühlen,
um sich aus der Verlegenheit zu helfen, weil sie nicht wissen, was sie nun
eigentlich denken sollen, wenn sie einem Bild gegenüberstehen... ». Er
fährt fort: «Menschen, die nach einer symbolischen Bedeutung suchen,
gehen an der Poesie und dem Mysterium vorbei, die einem Bild inne-
wohnen.» Und an einer Stelle: «Ich habe daran gedacht, ein Bild zu
malen, das eine Art Falle ist. Die fragliche Falle besteht in der unver-
meidlichen Interpretation, zu welcher die Symbolliebhaber bestimmt ihre
Zuflucht nehmen werden; und sie werden somit an alles andere denken
(an einen symbolischen Sinn), nur nicht an den absoluten Gedanken, den
doch gerade dieses Bild beschreibt.» Obwohl dieser letzte Satz sich ur-
sprünglich nicht auf unser Bild bezieht, besitzt er auch für dieses seine
volle Gültigkeit. Die sparsame Bedingungslosigkeit, die von jedem anek-
dotischen Detail absieht, zeigt gerade hier an, wie nah Magritte an den
absoluten Gedanken herangekommen ist.
Auch bei den Bildern des um zwei Jahre jüngeren Yves Tanguy ist man
versucht, von Mysterium zu sprechen, auch wenn dieser grundsätzlich
andere Wege geht. Zwar bekennt sich Tanguy wie Magritte zum Früh-
werk von Giorgio de Chirico; Tanguy seinerseits berichtet später, daß er
beim Anblick eines Bildes von Chirico beschlossen habe, Maler zu werden.
Wenn auch diese Künstleranekdote (die mit andern Namen immer wieder
zu hören ist) Tanguys Entschluß in der Form der Zeitraffung erzählt, so
ist doch gesichert, daß dieser zu Beginn der zwanziger Jahre die Malerei,
was das Metier betrifft, ohne jegliche Vorbildung aufgenommen hat. Seine
früheren Werke lassen denn auch an die Bilder der einer magischen Ding-
erfahrung verpflichteten sogenannten Naiven Maler der Rousseau-Nach-
folge denken. 1925 jedoch lernt Tanguy Andre Breton kennen, und nur
zwei Jahre später gelingt ihm der Durchbruch zum eigenen, unverwech-
selbar persönlichen Stil. Bereits 1926 beschäftigt er sich mit dem für die
Folgezeit zentralen Problem der schwebenden Figur. Eine Afrikareise 1951
löst die Serie der Landschaftsbilder aus, in denen abgestufte Tafelfelsen
die Bildgründe dominieren, läßt ihn jedoch auch an seine Jugendzeit zu-
rückdenken, während der er wiederholt in Locronan in der Bretagne seine
Ferien verbracht hat; die bretonische Landschaft mit ihren vorgeschicht-
lichen Dolmen und Menhiren, aber auch die felsig zerklüftete Atlantik-
küste dürfen als Erinnerungsvorbilder für Tanguys Malerei genannt wer-
den. Diese und andere Erinnerungsbilder gehen jedoch unter Tanguys
inzwischen geschmeidig, beinahe virtuos gewordenem Pinselstrich eine
eigenartige Metamorphose ein. Jedes einzelne Motiv, dem Gegenständ-
G
lichen nur noch entfernt verpflichtet, scheint ins Zwei- oder Mehrdeutige
übersetzt, wie dies für das den Stil der dreißiger Jahre mustergültig ver-
tretende Bild « Demain » (Abb. 9) charakteristisch ist. Ohne Horizontlinie
gehen Standfläche und Himmel ineinander über; beide erwecken den Ein-
druck immaterieller Transparenz, obwohl die relativ sparsamen, in drei Ebe-
nen angeordneten Figurationen des Vordergrundes dunkle Schlagschatten
werfen. Die unbegrenzte Tiefe dieser Bilder aus Tanguys mittlerer Zeit
gemahnt mit ihrem das Unendliche evozierenden Raumgefühl zuweilen
an vergleichbare Formulierungen von Salvador Dali, kennt jedoch eine
Dimension des Diffusen oder besser gesagt des Atmens, die dem mediter-
ranisch strenger konstrulerenden Spanier fremd ist. Beinahe noch stärker
als das räumliche Element werden die aus vegetabilisch-organischen For-
men zusammengesetzten Figurationen verfremdet, die die untere Bild-
hälfte, gegen die Bildmitte kleiner werdend und beinahe mit dem atmo-
sphärischen Grund verschmelzend, beleben. An Stein, Knochen, Fleisch,
Textilien erinnernde Formelemente werden zu Gebilden zusammenge-
faßt, deren Deutung durch keinerlei Oberflächencharakterisierung er-
leichtert würde. Alles ist gleichsam im Schwebezustand belassen: sind
diese Gebilde hart oder weich? durchsichtig oder opak? feucht oder
trocken? Diese Metamorphosen organischer und anorganischer Stofflich-
keit sind nicht von dieser Welt. Sie sind Grundelemente zum Entwurf
einer Gegenwelt, an der Tanguy auch nach seiner Übersiedlung in die
USA im Jahre 1939 bis zu seinem frühen Tod 1955 unentwegt weiter
arbeitet, die einzelnen Formen zuweilen ins Unermeßliche multiplizie-
rend. Die Metamorphose aber, geboren aus einer visionären Schau unserer
äußeren Wirklichkeit, ist eine zentrale Themenstellung des Surrealismus.
Man denke in diesem Zusammenhang an die dominierende Rolle der Meta-
morphose im Werk Picassos der späteren zwanziger und dreißiger Jahre,
der Zeit also, in der der Künstler dem Surrealismus recht nahe stand.
Felix Andreas Baumann
ZU ROBERT RAUSCHENBERGS «TROPHY» UND JASPER JOHNS’ «ZONE»
Mit dem Ankauf von Robert Rauschenbergs «Trophy» (Abb. 14) aus dem
Jahre 1959 und dem 1962 entstandenen «Zone» (Abb. 15 ) von Jasper Johns
erweitert das Kunsthaus seine Sammlung zeitgenössischer amerikanischer
Kunst. Beide Bilder gehören zu wesentlichen Äußerungen jener revolu-
tionierenden Malerei, die in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre sich
abzuzeichnen begann und heute bereits zur klassischen Moderne zählt. Rau-
schenberg hat « Trophy» seinem Freund Merce Cunningham gewidmet, mit
dessen Ballett Rauschenberg selbst lange Jahre gearbeitet hat. Ein Bild
gleichen Titels, «Trophy IT», widmete er 1961 Marcel Duchamp.
Man möchte Rauschenbergs Bild eher ein Materialbild denn eine Malerei
nennen, so wenig nämlich hat es noch mit bemalter Leinwand, mit Mal-
grund und Farbauftrag zu tun. Zwei unabhängig voneinander agierende
Kompositionsfelder sind durch zwei Holzbretter — Kistenwände — rüde
zusammengenagelt. Ein Abstand zwischen den Brettern läßt einen breiten
Spalt frei, durch den die Wand sichtbar wird. Collage- und Assemblage-
elemente bilden die Komposition: im oberen Bildteil ein aufgeklebter,
übermalter Hemdärmel, senkrecht in die Mitte der Fläche gelegt. Im
unteren Teil zwei waagerecht aufgeklebte, ebenfalls übermalte Hosen-
beine. Papierfetzen im Sinne einer Decollage, wie wir sie von Rotella her
kennen, Fotos, Reste eines New Yorker Stadtplans, Druckbuchstaben be-
stimmen die formalen Akzente, auch sie — wie die Stoffassemblagen — durch
Übermalung in eine gleichgestimmte malerische Atmosphäre aufgenom-
men. Um so aufdringlicher erscheint darum das aufmontierte Blechschild,
rostig, abgenützt, anscheinend soeben von einer Schrotthalde aufgelesen,
das auf die linke Holztafel montiert ist und die Aufschrift trägt « Caution —
watch your step». So konfus die ganze Komposition auf den ersten Blick
erscheinen mag, so festgefügt zeigt sie sich bei näherer Betrachtung. Eine
Art Zentralachse ist durch das Bild gelegt. Den Hemdärmel, den Zwischen-
raum zwischen den Brettern, die markante Senkrechte im unteren Bild-
teil nimmt man als strenge Trennungslinie zwei symmetrischer Bildhälf-
ten wahr. Zu beiden Seiten dieser Mittelachse gruppieren sich rechteckige
Felder, die den einzelnen Bildinhalten gewidmet sind — ein Verfahren,
wie es die Collagetechnik von vornherein antizipiert. Stehen diese Bild-
teile, die formal streng aufeinander bezogen sind, auch in einem sich ge-
genseitig erhellenden Sinnzusammenhang? Oder sind sie rein zufällig zu
einer Komposition geordnet, ohne in einem Kontext zum Ganzen zu ste-
hen? Man ist versucht, zum mindesten das Warnungsschild «Caution —
watch your step» in Beziehung zu setzen zu den beiden Fotos, die sich als
bestimmte, genau identifizierbare Situationsschilderung markieren: Merce
Cunningham bei der Arbeit. Er probt eine Balancehaltung, auf einem
Bein stehend, den Körper vom Kopf bis zum ausgestreckten Fuß in die
Horizontale gelegt, die Arme ausgebreitet. Im Profil gesehen gibt diese
Haltung den überzeugendsten Eindruck einer auf das Gleichgewicht aus-
gerichteten Schrittstellung wieder. In der Tat hat der Tänzer seinen
nächsten Schritt sorgfältig zu überlegen und abzuwägen, um die Balance
zu halten. Auf dem Foto im unteren Bildteil ist das Warnungsschild offen-
sichtlich nicht beachtet. Hier ist ein Polizist vom Pferd gestürzt, er hat
sein Gleichgewicht — im Gegensatz zu Merce Cunningham — verloren, den
Schritt nicht beachtet. Man kann also leicht eine anekdotische Verbindung
zwischen den Bildteilen herstellen. Aber möglicherweise würde Rauschen-
berg selbst diese Interpretation als viel zu literarisch ablehnen. In seinen
Collage- und Combine-Paintings berichtet er keine Anekdoten und sucht
keinen persönlichen Symbolismus in objektivere Sicht umzusetzen. Fotos,
die durch ihre vertraute Gegenständlichkeit gerne zur Interpretation ver-
locken, haben keine andere Aufgabe, als die Identität einer realen Situa-
tion herzustellen. Rauschenberg übermittelt keine Geheimbotschaften in
diesen aus Fragmenten der Wirklichkeit zusammengesetzten Combine-
Paintings, die wie Puzzle zu einer einheitlichen Bildgeschichte zusammen-
setzbar scheinen, aber es eben doch nicht sind. Jedes auch noch so frag-
mentarische Relikt der Wirklichkeit steht hier um seiner selbst willen.
Mit jedem Stück einmontierter Wirklichkeit sucht Rauschenberg die
Frage nach der Wirklichkeit von neuem zu stellen. Ist ein Pressefoto auf
der Leinwand realer als in der Zeitung, der Hemdärmel, die Hose als
Gebrauchsobjekt wirklicher als auf der Malerei, an die Wand gehängt, in
die Patina des Bildes aufgenommen?
«Trophy » scheint sich nicht für einen sich offen darlegenden, erklärenden
Bildinhalt zu eignen. Es läßt lediglich die Möglichkeit offen, Zusammen-
hänge zu sehen und Interpretationen nach freiem Entscheid des Betrach-
ters anzubieten. Die Freiheit der Gedanken und Assoziationen hat keine
Schranken. Doch den Ruhm dieses Bildes machen hier andere Werte aus.
Rauschenberg hat oftmals mit den Materialien frei geschaltet und sich
Gegenständen bedient, die uns im künstlerischen Bereich fremd anmuten.
«Trophy» lebt nahezu ausschließlich vom Material. Die Verkettung ver-
schiedenster Bildelemente scheint hier am gewagtesten, aber auch am voll-
kommensten gelungen. Malerei empfindet man nur noch als Gegensitua-
tion zum Material. Die ganze Komposition scheint ein Akt gegen die
schöne Malerei und eine großartige Öffnung zu neuen optischen Möglich-
keiten hin. Freilich haben Marcel Duchamp, Schwitters, Max Ernst diese
Freiheit der Bildmittel — wir wissen es — ein halbes Jahrhundert zuvor
bereits praktiziert. Was vor allem bei Marcel Duchamp Protesthaltung
war, die sich im banalen Objet trouve manifestierte, ist bei Rauschenberg
Selbstverständlichkeit geworden. Rauschenberg propagiert mit seinen
Combine-Paintings eine neue Ästhetik, die gerade in «Trophy» über-
zeugend dargelegt wird. Wenn man bedenkt, daß Rauschenberg seine
wichtigsten Lehrjahre 1948-49 bei Josef Albers am Black Mountain Col-
lege verbrachte, dann ist diese Absage an die «schöne Malerei» besonders
bemerkenswert und überraschend. Und doch sind Grundzüge des Lehrers
Grundlagen für Rauschenbergs Arbeit geworden. Von Albers lernte er
die Disziplin der Formgebung, das überlegte. Umgehen mit Form und
Farbe. Aus den Erfahrungen, die strenge Kompositionslehre und asketi-
sches Umgehen mit den Farben ihn gelehrt hatten, konnte er es sich er-
lauben, auf die schöne Form und die schöne Farbe zu verzichten, dafür
aber nach gleicher Gesetzmäßigkeit mit den banalsten Dingen unseres
Alltags umzugehen und sie zu einer Bildkomposition zu fügen. Wie sehr
Rauschenberg sich selbst Disziplin auferlegte, wurde ja schon in seinen
frühen weißen und schwarzen Bildern zwischen 1949 und 1952 deutlich,
die ihm die stärkste Reduktion der Bildmittel abverlangt hatten. «Trophy»
ist ein Musterbeispiel, die Banalität der verbrauchten Gegenstände, des
«urbanen Environments» zu einer geschlossenen Komposition zu ordnen,
in der das Gesetz des Rechtecks waltet, der ausgewogenen Symmetrie, der
«Balance» — womit wir zurückkommen zum Inhalt! «Trophy» inkar-
niert ein Foto von Merce Cunningham und ist ihm, dem Tänzer, dem
Meister der Balance, gewidmet. Hätte Rauschenberg diesem Freund ein
besseres Denkmal setzen können als durch die Ausgewogenheit einer
Komwveosition, mit dem «Balance-Akt» eines Bildes?
Jasper Johns’ «Zone» ist — denkt man an Rauschenbergs «Trophy» zu-
rück — ein ausgesprochen malerisches Bild — ein Bild, das vom malerischen
Erlebnis her den Betrachter anspricht, obwohl es ein « Combine-Painting »
ist, das heißt Malerei mit realen Objekten verbindet. Ob es sie wirklich
verbindet — das eben ist die Frage!
Unterteilt ist das Bild in zwei Malfelder: im oberen Teil ein auf Leinwand
gemaltes abstraktes Ölbild in dünnem, transparentem Farbauftrag von
Grau nach Schwarz, an der linken Seite leicht ins Violett übergehend.
Tripling und vorhangartiges Verschwimmen der Farben gehören zu den
hervorstechenden Charakteristika. Die untere Partie, deutlich als eigene
Bildpartie durch den horizontalen Unterbruch gekennzeichnet, demon-
striert die Technik der Enkaustik, das heißt eine durch gefärbtes, er-
hitztes Wachs entstandene Farbschicht, hier auf Zeitungspapier aufge-
tragen. Auch hier die Tönung grau, die Buchstaben schimmern an man-
chen Stellen durch. Im Gegensatz zur oberen Bildpartie wirkt die Ober-
fläche pastos, lebhaft, malerisch bewegt und dramatisiert. Das eingezeich-
nete lineare Rechteck gebärdet sich beinahe als Fremdkörper auf diesem
Farbmeer. Unten links bilden Druckbuchstaben das Wort «Zone», das
dem Bild den Titel gab. Rechts die Signatur J.J. Zu diesem rein maleri-
schen Bildfeld treten Objekte: oben eine zu einem liegenden A gebildete
Neonröhre, montiert auf ein liegendes T aus Holz, an dem eine Kette mit
einem Pinsel hängt. Rechts auf der unteren Seite der oberen Bildhälfte
hängt eine Tasse an einem Haken, Wir lesen das Wort «Cup» mit Pfeil.
Der Lichtschalter zur Neonröhre ist einmontiert. Der grau in grau ver-
schwimmenden Bildfläche geben die Objekte eine sparsame Farbigkeit.
Das hölzerne T ist von unten rot bemalt, die weiße Porzellantasse trägt
innen dieselbe rote Farbe und läßt vermuten, daß der Maler mit eben
diesem Rot das Holz bemalte. Außen ist die Tasse mit grauer Farbe be-
spritzt, zufällig, wie sie im Atelier des Malers während der Arbeit am Bild
in der Nähe der Staffelei gestanden hat. Der Pinsel trägt blaue Farbspuren
— eine Farbe, die auf dem Bild sonst nicht vorkommt und vermuten 1äßt,
daß es zumindest nicht der Pinsel ist, der beim Malen dieses Bildes
benutzt wurde. In der Kombination von Malgrund und realen Gegen-
ständen ist das Bild ein sehr charakteristisches (Euvre eines sehr kurzen
Zeitraumes in der Entwicklung von Jasper Johns. Im gleichen Jahr malt
er «Fool’s House», ein Bild mit aufmontiertem Besen, «Out the window
Nr. 2», ein sehr malerisch aufgelockerter Grund mit aufgesetztem Zoll-
stock, oder «In Memory of my feelings» von 1961, in dem Gabel und
Löffel vor einem ähnlich spannungsgeladenen Malgrund hängen wie die
Tasse vor «Zone». Es fällt in die Zeit, da Jasper Johns nach Möglichkeiten
sucht, die Malerei durch Objekte anzureichern, zu verändern, optisch neu
erlebbar zu machen. Jasper Johns ist in erster Linie Maler. Er hat sich nie
in dem Maße für die Integration des Objekts in die Malerei interessiert
wie etwa Rauschenberg oder Jim Dine. Er hat die Malerei immer als das
-
Zen
entscheidende Element des Bildermachens angesehen — bei seinen inzwi-
schen berühmt gewordenen Flaggenbildern aus der Mitte der fünfziger
Jahre ebenso wie bei seinen Versuchen, Objekte in die Fläche der Malerei
mit aufzunehmen, wie etwa in seinem 1959 entstandenen «Device
circle» und schon zwei Jahre früher in « Drawer» und «Canvas» 1956.
Der jeweils ins Bild montierte reale Gegenstand wurde auf diesen Bildern
völlig durch die Übermalung absorbiert und dem Malgrund angeglichen.
Während einer kurzen Spanne Zeit beschäftigte ihn das Objekt an sich im
Verhältnis zur Malerei, als das der Malerei Entgegengesetzte. Noch im
gleichen Jahr, in dem «Zone» entstand, 1962, kehrte er zur reinen Male-
rei zurück und blieb der vor allem durch die Meisterschaft der maleri-
schen Mittel wirksame Amerikaner, auch wenn er 1963-64 wiederum
mit Buchstaben und Konservenbüchsen in «Field Painting» spielte.
Letztlich hat Jasper Johns den Gestus der amerikanischen Action Painting
nie wirklich verleugnet und die Leinwand eines de Kooning, Pollock,
Franz Kline als Gegebenheit akzeptiert. Er bleibt der abstrakte Maler in
einer Generation, die zum Gegenstand zurückkehrte. Er umwarb zwar
den Gegenstand — wie in seinen «Flaggen» und «Zielscheiben», in
denen er keinen Realitätsersatz liefern wollte, sondern den Gegenstand
durch das Bild vollkommen zu ersetzen gedachte. Er suchte nach Aktivie-
rung der reinen Malerei durch die Integration des realen Objekts wie in
«Zone», durch die ihm eine Objektivierung des Bildes gelang. Das aber
ist der einzige Tribut, den er seiner dem Gegenstand verfallenen Pop-Art-
Generation zollte. Jasper Johns ist vor allem ein Meister der Malerei, der
die Oberfläche in subtilen Farbtönen noch einmal zum Vibrieren bringt.
«Zone» ist dafür gerade in einer Zeit, da der Maler noch einmal die Ein-
beziehung der Realität anstrebt, ein triumphierender Beweis!
Erika Billeter