(Sammlung Mr. und Mrs. Zacks, Toronto, ehemals Charles Im Obersteg, Basel; Meyer Abb. S. 233) dehnt sich die Aufnahme in der Horizontalen aus, Bindeglieder zu der vertikalen Baumasse wurden eingesetzt. Über dem winterklaren Stadtprospekt, über der menschenleeren Schneeland- schaft gleitet mühsam die vom jüdischen Alltag losgelöste «verewigte » ahasverische Existenz der apokalyptischen Zukunft entgegen. Der breite, verschneite Vordergrund ist von den Spuren irdischer Pilgerschaften der Menschen durchfahren. Die Angst bricht durch die meteorähnliche Er- scheinung des Phantoms, durch die Vorahnungen des Künstlers, der «in einer Zeit des Erdbebens» lebte, herein. Der grosse Schaffenskomplex Chagalls vom Jahre 1914 enthält zudem eine abgewandelte Version — eine tragische, grünschwarze Kulisse um einen leidenvollen grauen Zeitungsverkäufer herum. Vertikalität ist dies- mal das Kennzeichen: monumental und turmartig hochgezogen sind die rahmenden Bauten. In dieser Gestaltung werden sie auch in der weiche- ren, malerischen Darstellungsweise 1921/1922 zurückkehren (Sammlung Mr. und Mrs. J. Lewin, New York; Meyer Kat.-Nr. 333). Gegen 1920 ritt die moderne russische Kunst auf der suprematistischen und konstruktivistischen Welle. Chagalls kubistische Erfahrungen und sein Wille zur Konstruktion aktivierten sich, auf die gegenstandslose Um- setzung der Wirklichkeit antwortete er jedoch polemisch. Den geometri- schen Akzent trug er aber fast überall hinein. Die beste Ausprägung unseres Sujets ist zweifelsohne die nach fünf Jahren 1920 beendete geo- metrisch zugeschnittene Neuformulierung (Museum of Modern Art, New York; Meyer Kat.-Nr. 2353). Die suggestive Traumatmosphäre, die hoch- poetische Wirkung kann dem magischen Farblicht zugeschrieben werden, das in dem ockergetönten, transparent harten Schnee und dem grauen Himmel bläulich durchschimmert. Die eingeprägten Spuren formte Cha- gall zu einem prismatischen Flächenornament, in dem kantige Formen den runden gegenübertreten und sich die Kirche als Kristallgebilde einfügt.