Dass das Jahr 1976 in der Geschichte der Kunst- gesellschaft ein ausserordentlich wichtiges sein wird, war schon vor langer Zeit vorauszusehen. Zwei Ereignisse haben das Jahr, insbesondere dessen erste Hälfte, geprägt: die Eröffnung des Erweiterungs- baues und der Rücktritt des langjährigen Direktors Dr. Rene Wehrli. Der Erweiterungsbau bedeutet für das Zürcher Kunsthaus nicht nur eine hochwillkommene Er- weiterung des Platzangebotes, er hat auch dazu aufgefordert, sämtliche Aktivitäten neu zu über- denken; und ganz allgemein darf gesagt werden, dass das «neue Kunsthaus» in ausserordentlichem Masse an Ausstrahlung gewonnen hat. Es ist uns an dieser Stelle ein aufrichtiges Bedürfnis, für dieses, neue Möglichkeiten eröffnende, Instrument zu danken. Unser Dank richtet sich in erster Linie an Frau Dr. Olga Mayenfisch, deren überaus grosses Geschenk den Erweiterungsbau ermöglicht hat. Dank gebührt aber auch den Behörden der Stadt Zürich, mit deren Hilfe das Begonnene zum guten Ende ge- führt werden konnte. Zu Dank verpflichtet ist die Zürcher Kunstgesellschaft der Stiftung Zürcher Kunsthaus, das heisst, der Eigentümerin der Kunst- haus-Liegenschaft und vor allem deren Präsidenten, Dr. Fritz Nehrwein, dessen geschickter Verhandlungs- führung es gelungen ist, sämtliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Dem Architekten Erwin Müller und seinem Mitarbeiter Heinrich Blumer ist es ge- lungen, ein Bauwerk zu erstellen, das sich einerseits vorbildlich an die bestehenden Gebäulichkeiten angliedert, das andererseits eine klare und eigen- ständige Linie aufweist. Diese Tatsache wurde unter anderem auch dadurch honoriert, dass das Bauwerk Von der Stadt Zürich als «guter Bau» ausgezeichnet wurde; am 9. Dezember konnten der Präsident der Stiftung Zürcher Kunsthaus und der Architekt die Urkunden anlässlich eines Empfangs im Muralten- gut entgegennehmen. Die Reaktion auf den Er- weiterungsbau ist zum weitaus überwiegenden Teil Dositiv. Dass auch einzelne kritische Stimmen nicht fehlen, darf angesichts der konsequenten Haltung, die das gesamte Gebäude prägt, nicht erstaunen. Diejenigen, deren Aufgabe es ist, das neue Gefäss mit Leben zu füllen, sind überzeugt davon, dass die Wahl des Projekts eine gute war. Vor allem im Innern ist dieses Projekt auf Kontrastwirkung gegen- über den bestehenden Räumlichkeiten konzipiert worden; den in sich geschlossenen, relativ kleinen Sammlungsräumen der Moser-Bauten antwortet eine sich über drei Geschosse erstreckende Halle, in der Stellwände frei plaziert werden können. Dank diesen Unterschieden ist es dem Besucher möÖög- lich, verschiedene Raumeindrücke zu erleben, was als durchaus positiv empfunden wird. Und während die Museumsleitung bestrebt war, in den älteren Teilen des Kunsthauses die dekorative Ausgestal- tung der Räume von 1910 vermehrt ins Bewusstsein treten zu lassen, wurde im Neubau bewusst auf ‚edes schmückende Detail verzichtet; die mitunter kritisierte Deckengestaltung legt Zeugnis ab davon, dass sämtliche notwendigen Einrichtungen — Be- leuchtung, Belüftung, Heizung, Sicherheit — weder kaschiert noch in besonderem Masse hervor- gehoben werden. Seit langem konnte die Sammlung des Kunsthauses nicht mehr in vergleichbarer Reichhaltigkeit und innerem Zusammenhang prä- sentiert werden. Der Neubau hat Wesentliches dazu Deigetragen, die vorhandenen Schwerpunkte der Sammlung — etwa die ausgezeichneten Werk- gruppen von Füssli, Böcklin, Hodler, Munch, Chagall, Giacometti — als solche zu erfahren. Die Tatsache, dass ein vergrössertes Raumangebot der Sammlung mächtige Impulse verleiht, wird im Kapitel «Sammlung» dargelegt, über die vielgestal- tigen und erfolgreichen Anlässe im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten berichtet das Kapitel «Veranstaltungen». Der Erweiterungsbau ermöglichte aber auch die Einrichtungen zahlreicher administrativer Ver- besserungen, die unserem Publikum permanent den Besuch des Kunsthauses erleichtern sollen. Es