die Wechselwirkung von Bild und Wand, die Probleme der Bildbegrenzung und die unterschied- lichen Wirkungen des Farbauftrags, je nachdem ob er mit breiten oder schmalen Pinseln, in einer oder mehreren Lagen malt. Die Beschränkung auf das Quadrat und die Farbe Weiss ermöglicht ihm, diese Grundbedingungen|des Malens ohne Ablenkungen zu artikulieren. Die Farbe Weiss hat bei Ryman keinen symbolischen oder metaphysischen Wert mehr, wie etwa bei Malewitch oder bei Piero Manzoni; das ist seiner Meinung nach die Sache einer früheren Generation gewesen. «Ich sehe mich nicht als jemand, der weisse Bilder macht, ich mache Bilder; ich bin ein Maler. Weisse Farbe ist mein Medium.» Für ihn ist Weiss neutraler als andere Farben und am wenigsten von Assoziationen belastet] Die formale und farb- liche Reduktion hindert ihn nicht daran, eine reiche Vielfalt innerhalb seiner Bilder zu entwickeln und «peinture) im klassischen Sinn zu betreiben. «Es geht nie darum, was man malt, sondern immer nur, wie man malt. Das ‚wie’ des Malens hat seit jeher das Bild - das Ergebnis - ausgemacht, (R. Ryman). Mit welch ausgeprägter Sensibilität Ryman malt und welch ausgesprochen sinnliche Wirkung seine Bilder ausstrahlen, beweist jede Ausstellung, in der man seinen Originalen begegnen kann. An die Graphik geht Ryman laut seiner Aussage wie an die Malerei heran. Er erforscht die spezifischen Möglichkeiten des Mediums. Die Serie der 30 Probe- drucke für «Circle Lithograph> hat einen wichtigen Stellenwert in seinem Werk. Er habe nie wieder eine solche Anstrengung auf graphischem Gebiet unter- nommen, meinte er in einem Gespräch, und er setze die Serie in der Bedeutung mit einem ganz wichtigen Bild gleich. Ähnlich wie in seiner Malerei befragt er jedes Bildelement nach seiner Ausdrucksmöglich- keit: das Papier, die Farbmaterie, den Farbauftrag, die Bildbegrenzung. Er variiert in den einzelnen Probe- drucken den Bildträger: er verwendet einmal BFK Rives, ein andermal weisses Arches-Papier, er ändert die Papierrichtung, er macht einen Unterschied zwischen gerissenem und geschnittenem Papierrand. Er variiert sodann die Fabmaterie: in einigen Blättern benutzt er autographische Tinte (Korn’s autographic ink), in anderen Lithotusche (Charbonnel paste. tusche), die mit Lackverdünner vermischt wird. Der Weisston des Quadrats wechselt von warmem Gelb weiss über Grauweiss bis zu kaltem Blauweiss. Der Farbauftrag erfolgt mit der Reissfeder oder mit dem Pinsel, zuweilen mit einem Baumwollkissen. Die Begrenzungslinien sind entweder mit Graphitstift oder mit Lithostift gezogen. Sie umrahmen das Quadrat entweder auf vier oder auf zwei Seiten. In einigen Probedrucken fallen sie ganz weg, so dass sich das Quadrat lediglich durch Farbnuancen vom Untergrund abhebt. In anderen enthält die Quadrat- fläche keine Farbe und ist nur durch die Umriss- linie bezeichnet. ; Ryman spielt in den 30 Lithographien das Thema des weissen Quadrats auf einer Kreisfläche in seinen vielfältigen Möglichkeiten durch, indem er die sieber Platten in immer neuer Weise miteinander kombi- niert. Dabei sind alle Variationsformen gleichwertig, jede ist für sich (vollendet). Eine Platte mit einer quadratischen Farbfläche kann in der Verbindung mi verschiedenen Begrenzungslinien und mit verschie- denen Druckfarben bis zu vier oder fünf Kombinatio- nen ergeben. Beispielsweise kann die Farbfläche de! Platte A («Autographische Tinte, mit Reissfeder und Pinsel aufgetragen») mit der vierseitigen Graphitstift begrenzung aus rechtwinklig sich überschneidender Linien der Platte F einmal in blau und einmal in grau kombiniert werden. Die Farbfläche schliesst dabei auf der linken und auf der oberen Seite dicht an die Umrahmungslinien an, während sie rechts und unten über die Einrahmung hinausgeht (Nr. 13, 15, 25, 26 und 30). In Verbindung mit der zwei- seitigen Graphitstiftbegrenzung .der Platte .B liegen die rechte und die untere Seite der Farbfläche frei (Nr. 14, 16 und 31). Im Gegensatz dazu ist die quadra tische Farbfläche der Platte G, die mit den gleichen Malmitteln und Malinstrumenten hergestellt ist wie Platte A, so ausgebildet, dass sie ebenfalls links und oben mit der Begrenzung der Platte F abschliesst,