lich, dass er eine Bildidee, oft auf Bestellung von Samm- lern oder Galeristen, mit kleinen Variationen vielfach repetierte: Was zählte, war nicht die Einmaligkeit maleri- scher Faktur, sondern allein der Bildeinfall, der sich seiner Umsetzung gegenüber relativ tolerant verhielt. Unser Bild scheint die früheste Ausführung des Motivs zu sein. Prin- zip ist wie oft bei Magritte die gezielte Konfusion von Vor- der- und Hintergrund respektive von Figur und Grund, die Störung natürlicher Grössen- und Distanzverhältnis- se. Der Mond - Abbreviatur einer ganzen Tradition romantisch-expressiver Naturverinnerlichung - taucht die nächtliche Herbstlandschaft in sein Licht, er wird zugleich zum Irrlicht, das die zitierte kontemplative Innigkeit hartnäckig irritiert. La chambre d’Ecoute, 1958 Auch von diesem Bild existieren vier verschiedene Fas- sungen. Die groteske Verzerrung natürlicher Proportio- nen bestimmt den Bildeffekt. Ein Apfel, bekannt als harmloses Requisit beschaulicher Früchtestilleben, erscheint hier zu einer Grösse aufgedunsen, die Wände und Decke des heiteren blassrosa Zimmers zu sprengen droht. Der Ausblick aufs Meer verschärft die Bedrängnis. In anderen Varianten derselben Bildidee ist es mal ein Felsbrocken (L’anniversaire, 1959), mal eine Rose (Le tom- heau des lutteurs, 1960), welche als blind wuchernde Natur- kräfte die Grenzen des sorgsam abgezirkelten Kubus menschlicher Verhältnisse erobern. Les Gräces naturelles, 1964 Die Metamorphose ist seit alters her Medium der Konstruktion geheimer Entwicklungszusammenhänge der Natur, phantastischer Genealogien von Mineralien, Pflanzen, Tieren, Menschen und Göttern. Wie auch andere Surrealisten, namentlich Max Ernst, war Magritte von den Verwandlungen natürlicher Formen fasziniert. Hier lässt die formale Analogie von Blattgerippe und Gefieder vier taubenähnliche Vögel aus einer Blattstaude herauswachsen. Zugleich wirken die Vögel wie verstei- nert. Die Befreiung vom pflanzlich Erdgebundenen in die organische Selbstbewegung scheint noch vor ihrer Vollendung dem Rückfall ins Mineralische, der Petrifi- zierung der Vögel zur Statue, zu verfallen. Nicht zufällig wohl hat Magritte das Motiv, neben vielfachen male- nischen Variationen, unter anderem auch als Skulptur ausgeführt. Tobia Bezzola