Es gibt auch Stimmen, die, ohne Lächeln, verkünden, die Lei- stung des Holzschneiders Vallotton sei innerhalb der Entwicklung der neueren Kunst und für sich selber viel wichtiger als sein Werk als Maler. Nun hat die Schwarzweiß-Kunst von Vallotton gewiß ihre große Bedeutung, auch schon in ihrer sofortigen Auswirkung in den Tusch - Steinzeichnungen seines Freundes Toulouse-Lautrec und eines Pariser Gastes wie Edvard Munch. Und wenn es auch für uns nicht mehr leicht ist, mitzufühlen, wie stark die erste Anwendung des offenen weißen Papiers und der breit deckenden Schwärze in den Umrissen einer kühn abkürzenden Zeichnung auf die Mit- lebenden hat wirken müssen; wenn auch heute diese Mittel innerhalb der freien und der angewandten Graphik zur Umgangssprache ge- worden sind: es bleibt Vallotton das Verdienst der Erfindung. Wenn auch sein Schwarzweiß-Werk wie ein einst freistehendes, nun eingebautes Haus auf der Höhe, nicht mehr ein Leuchtturm ist: es bleibt lebendig für immer. Hat aber deswegen seine Malerei eine „Rettung“ nötig? Wir dürfen uns an sein Lächeln halten und glauben, daß es um diese „peinture mauvaise“ so schlimm nicht steht. Wenn schon vor der Zeit, da Vallotton selber mit 1885 die Zählung seiner Werke erst beginnt, der Neunzehnjährige eine so meisterliche Arbeit wie das Bildnis der Mutter von 1884 aufweist, der alte Mormone Ursenbach von 1885 und das Doppelbildnis der Eltern von 1886, die in den Ausstellungen sonst wie vom Himmel gefallen die Reihe eröffnen, gestützt durch eine Anzahl gleichartiger und in ihrer Art gleichwertiger Bildnisse erscheinen, so schenken wir ihm zum mindesten das Vertrauen, daß er in einer guten Schule mit strebsamem Fleiß den sicheren Boden für das Handwerk des Malers sich erworben hat. Das Selbstbildnis von 1885 öffnet uns den Blick auch für die Unschuld der übrigen Frühwerke mit den hell grauen Tönen und der erstaunlichen Gegenständlichkeit, wie etwa des Küchenbildes, wo seine Freunde uns darauf hinweisen, daß die kaum sichtbare Trübung des Würfelmusters auf der Wandverkleidung über dem Herd nicht eine Nachlässigkeit des Malers anzeigt, sondern den aus dem Kupferpfännchen aufsteigenden Wasserdampf. Es ist die Zeit, da Vallotton mit einem Zeitungsaufsatz zur Malerei von 22 14 —