10 baues sind nicht Prachtbauten und Prachtstraßen, sondern Wohn stätten und Verkehrswege. Was der Raum, das Haus im Kiemen, ist die Stadtanlage im Großen: eine umfassende Organisation und Gestaltung wechselseitiger Bedürfnisse und Beziehungen, Die Aufgabe des Städtebauers greift weit über die Gegenwart hinaus. Er bestimmt in großen Zügen die Stadt und das städtische Leben der Zukunft, Daher ist es unerläßlich, jeder Stadtanlage einen umfassenden Plan zu Grunde zu legen, der mit Ueber- legung und Sorgfalt den verschiedenartigsten Bedürfnissen eines werdenden Gemeinwesens Rechnung trägt, seine geographische und topographische Lage berücksichtigt, seine staatliche, wirt schaftliche und produktive Bedeutung nicht außer acht läßt. Wichtig ist vor allem die Festlegung der Verkehrsmittel: Bahnen, Kanäle und Führung der Hauptstraßen. Sie sind die Pulsadern des gesamten Organismus. Von gleicher Bedeutung ist die Unter teilung in Wohn-, Geschäfts- und Industrieviertel, entsprechend den Gegebenheiten und der Eigenart des Geländes und unter Berücksichtigung der entsprechenden Bedürfnisse, Im Gegensatz zu den sogenannten natürlichen Stadtanlagen des Mittelalters beruht der Stadtplan der Großstadt auf dem so genannten künstlichen, geometrischen System, gegen das kein wesentlicher Einwand vorgebracht werden kann. Allerdings wurde es infolge seiner schematischen Anwendung im 19. Jahr hundert ungeheuer diskreditiert. Aus Bequemlichkeit, Ge danken- und Phantasielosigkeit hat man es völlig sinnlos an gewandt, ohne Rücksicht auf das Gelände, ohne höhere Ge sichtspunkte, ohne Sinn für Architektonik. Trotzdem entspricht die Anlage des Stadtplanes nach geometrischen Gesichtspunkten den Grundprinzipien aller Architektur, Die gerade Linie, der rechte Winkel waren immer deren vornehmste Elemente, Ent spricht nicht auch die gerade Straße mit ihrer Uebersichtlichkeit eher unserem heutigen Empfinden und ordnenden Geist als die willkürlich gebogene? Man hat viel darüber gestritten, ob wink- lige, gebogene Straßen den geraden vorzuziehen seien. Hierüber allgemein entscheiden zu wollen erübrigt sich. Maßgebend sind allein das praktische Erfordernis und das künstlerische Empfinden. Für den schöpferischen Menschen sind Systeme nur Mittel zur Gestaltung, Je nach den Gegebenheiten und Ab sichten des Gestaltenden wird die Straße bald gebogen, bald gerade verlaufen müssen. Unzutreffend aber ist die weit ver breitete Meinung, daß Unebenheiten des Geländes geometrische