22 Das schwarze Revier. Schwarz und ungeheuer recken sich trotzige Arbeiter silhouetten vor dem unruhigen Blenden großer Bogenlampen. Und das monotone Geräusch der Fabriken, Hochöfen und Bergwerke gibt den Hintergrund zu den Stahlgebilden ausWort und Reim, die Paul Zechs Flugblatt „D a s schwarze Revier“ (A. R. Meyer, Berlin-Wilmersdorf) enthält. Man denkt zurück an Zolas Germinal. Zola war einst durch sein Mitleid und die stürmische Kraft seines Dichter temperamentes hingerissen worden zu der breitströmenden Wucht seines Epos, das, eine flammende Volksrede, alles zeitgenössische Empfinden aufwirbeln sollte, ja schließlich einen Idealstaat ermöglichen. So mußte Zola, trotz all seiner künstlerischen Kraft, als Eroberer eines ungeheuerweiten Neulandes, viele überlieferten Werte zerstören. Kunst und Tendenz gärten wild durcheinander. Heute hat sich das Bild verschoben. Das Milieu, das früher selbstherrlich in den Mittelgrund trat, und, unge staltet, alle Gestaltung duröhbrach, ist nun Material ge worden, aus dem der Künstler sein Werk formt. So konnte Paul Zech die Gedichte seines „schwarzen Reviers“ in die knappe Form des Sonnets spannen. Denn hier ist die Ten denz verschwunden, die den Hörer zum Mitleid und zur Empörung entflammen sollte, hier handelt es sich nur noch darum, ein Kunstwerk möglichst hoch hinaufzurecken. Aber wie veränderte sich dadurch die so harmonische Form des Sonnets, in die vergangene Dichter ihre Liebe kleideten. Kantige Klötze sind daraus geworden, hart und starr. Man fühlt im Rhythmus der Verse die herbe Landschaft des Ursprungs. Die vernichtende Schmucklosigkeit der Fabrik gebäude, der unbeugsame Trotz aufrührerischer Arbeiter gesichter und die Katastrophen, die wie ein Schicksal jäh über die Menschen hereinbrechen, prägen sich in Verse Paul Zechs aus und geben seinem Sonnet neue Monumen talität. Nicht das Mitleid hat diese Gedichte geboren, son dern das Erlebnis. Darum wirken sie so unmittelbar wahr und doch so einheitlich gestaltet. * Inzwischen erschien im Verlag der weißen Bücher ein neuer, umfangreicher Gedichtband Paul Zechs : „Die eiserne Brücke“. Dies Buch ist eine schöne Erfüllung der Hoff nungen, die „das schwarze Revier“ erweckte. Otto Erbe.