Stimmungen. Der Nebel rollte über die Häuser und überschüttete die kahlen Bäume mit seinem feuchten Staube, der sich an den Zweigen in Fetzen zerriß, um dann wieder zu einer einzigen kugelnden Masse zusammenzufließen. Dies war einige Tage vor dem Frühlingsanfang. — In einer Stube hing an der Wand ein großer bunter Kalender und an ihm sah man es geschrieben, wann das Frühjahr wieder einsetzen würde. Noch saß man hinter be schlagenen Scheiben am bellenden Ofen und rang danach, in sich die Schranke zu öffnen, welche eine freie Bewegung draußen verlangte. Mancher versuchte es doch, aller Kampf wurde gebrochen, und willenlos traten sie wieder in die Stube, deren Licht sie gipsern umschloß. Es war Früh lingsstimmung. — Bei allem diesem Druck, der auf den Menschen zu lasten schien, hörte man bloß eine alte Frau, im Winkel hinterm Ofen, eifrig Gebete hersagen, die nie zu enden schienen; ganz gleichförmig, wie das Rauschen eines Baches über kleine Steine fließt und dessen Laut auch nie heiser ausklingt, so surrte der Faden des Gebetes durch die Stube. — Er paßte gar nicht hinein, und man konnte kaum ver stehen, wie er sich unter dieser Schwere fortbewegen konnte. Dies hatten auch schon alle im Zimmer gefühlt, denn plötz lich sprach der Vater des Hauses zu der Frau hinterm Ofen: „Mutter, willst Du jetzt nicht lieber still sein, spar Dir doch besser das Gebet bis zur nächsten Wallfahrt auf.“ Nun schwieg die Frau, der Druck wurde immer schwerer, doch dachten alle an die nächste Wallfahrt; und dann war es Frühling Ein langer Zug zog wallend durch die grünen Felder in schwerem Schritt; aber bald, wenn er näher herankam, fragte man sich: „Wo ist denn der Ernst, wo die Festlich keit?“ Sie waren beide nicht da, denn unter dem Mantel der Feier sich zu bewegen ohne zu wollen,, ist etwas Un freiwilliges, und genau wie man die gezwungene Schnür- falte am Leibe der Frau durch die Kleider sieht, sio sah man hier die Lust zur ausgelassenen Bewegung in jedem Gesichte hervorleuchten. Man schien sich, während man Gebete sprach, zu fragen und zu sagen: „Ist dies nicht wieder wie in der dumpfen Stube? Dort mußten wir auch 10