20 Salons. Eine kleine Anzahl von Bildern des Henri Matisse ist im Salon Gurlitt zu sehen. Es ist erstaunlich wie rasch dieser Künstler aus der heftigen Debatte um Wert oder Unwert in jene klassische Nähe der Impressionisten 1 gerückt ist, wo Ehrfurcht vor der Größe die Kritik in engste Grenzen der Sachlichkeit spannt. Das Neue wirkt nicht mehr als Bluff, sondern als Ziel der Entwicklung und man erkennt das malerische f Erlebnis, den Wert, den das Beschränken auf Farbenfläche und Umriß hatte, und man erkennt den Ausgangspunkt Neuerer. Die ursprüngliche und selbstverständliche Architektonik Cezannes ist hier bereits/ zu einem Ziel geführt. Die Dissonanz der Farben klingt zur Harmonie zusammen. Und aus der Reihe der wenigen kleinen Bilder hier (es fehlen vor allem jene wichtigen großen dekorativen wie der „Tanz“ und die „Musik“) leuchtet das große Antlitz eines Schöpferischen auf. C a s s i r e r stellt in seinem Salon verschiedene aus. Man ches, das man schon kannte: Den „Mord“ Cezannes (er hing auf der vorigen Sezession am Kurfürstendamm). Die wilde düstere Einsamkeit, in der nur die beiden Fleischer arme der Mörderin und der dolchgehobene Arm und flat ternde Rock des Mörders brutal aufleuchten, birgt alle die Schauder einer dantesken Höllen’andschaft. Erschütternd und elend verlassen greift der nacktgraue Arm der Ermordeten, rinnt ihr blondes Haar nach vorn. Vion Cezanne gibt es noch einige Aquarelle von der Wunderzartheit des Eben begonnenseins und eine späte fast ganz in Traum gelöste Landschaft. Von Pissaro hängt der „Place du Theatre fran- gais“ dort. Fast aus der Vogelperspektive sieht man auf das Durcheinander der Omnibusse, Fußgänger und Wagen, die mit solcher Sicherheit gesetzt sind, daß man an die Notwendigkeit der Reihenfolge glauben muß. Renoir ist gut vertreten, auch Pascin mit Mädchenakten, deren rührende Frivolität man kennt. Liebermann wirkt ziemlich langweilig mit seinen unvermeidlichen Strandbildern (Feuilletons aus der Sommerfrische). Trübner hat sein ewig-gleiches Leim grün, Slevogt ein sehr schlechtes Reiterbild. Feigl ist ein Neuer, der vielleicht Talent hat.