6 Krieg und Individualismus. Individualismus fordert Verantwortlichkeit; das Individuum nimmt initiativ Stellung zur Sozietät. Eine höhere Organi sation ist nur auf dieser Grundlage möglich Unser geistiges Wesen baut sich auf dem individualistischen Prinzip auf. Der Krieg stellt an unser Volk organisatorische Forde rungen, die in ihrer Mehrzahl nicht individualistisch erfüllt werden können. Die Generation, die an diesem Kriege zunächst be teiligt ist, besteht eine Kraftprobe, der die wenigsten ohne massensuggestive Einstellung gewachsen sein werden. Es hat überrascht, wie schnell dieses nicht unbedenkliche Mittel auch von den ausgearbeiteten Individualisten angeeignet werden konnte. Es wird eine spannende Frage sein, wie es nach dem Kriege gelingen wird, eine geistige Tendenz wieder zur Geltung zu bringen, deren Entstehung so viel Mühe gekostet hat und die so schnell aufgegeben wurde. Es ist eine Aufgabe des Teiles der Jugend, der nicht in so hohem Maße wie die im Felde Stehenden vom Krieg beansprucht wird, den Prozeß der Individualisierung nicht einer Reaktion verfallen zu lassen. Man bedenke, daß der, dem nicht äußerste, ihm oktroyierte Leistung abgefordert wird, keine Entschuldigung hat, wenn er Geistiges versäumt. Darum keine neurotischen Kriegsfreiwilligen! (Es gibt auch eine Flucht in den Krieg!) Keine patriotischen Suggestionen; (das ist nicht schwer, so lange sie uns in so brutaler Form geboten werden, wie in den Straßen und Cafes von Berlin!), — vor allem aber keine oppositionellen Suggestionen (welche, hinter dem Herde, nur schäbig sind). A. E. Günther.