seiner Sorge um ihn. Aber Abigail Jussuf antwortete dem Kardinal, indem
er ihm die wundervolle Geschichte David und Jonathans in alttestamenta-
rischen Buchstaben aufzeichnete, die aussahen wie lauter Harfen. Ergriffen
von der Treue des asiatischen Herrschers, sandte Carl große Geldspenden
für die fromme Reise. Damit war der Punkt erfüllt, den der junge, diploma
tische Herzog, der Vizekaiser von Thehen im Auge hielt/ der hegte keinen
Zweifel an Ahigails Entschluß und er litt unsäglich unter der Tatsache, daß
dem kaiserlichen Unternehmen ausreichende Barschaft fehle.Jussuf jedoch war
heimlich enttäuscht, daß sich der Herzog mit der Reise nun über die kalte
Schneeebene zufrieden zeigte! Seinem teueren Halbbruder hätte er jeden Ein
spruch in diesem Kriegszuge als Unterschätzung seiner Kraft übel genommen,
auch dieLiebesvenus von Siam, die er einst den Siamesen raubte, vertraute
dem goldnen Stern seiner Wallfahrt. Es versammelten sich die Häuptlinge
Stambul, Memed, Asser, Mär, Calmus, Mordercheii, Gäd und Salomein vor
dem Palast und schlugen auf ihren Kriegstrommeln eine Musik, die die schlum
mernde Stadt auf weckte. Auf ihre Dächer stiegen die Einwohner Thebens,
sangen des Kaisers Namen, daß er anschwoll zu einem Konzert. Der Kaiser
bestieg mit verhülltem Angesicht sein mächtig Tier, das Ossman führte bis vor
die Tore der Stadt. Aber als die sich schlossen, wandelte Jussuf Abigail, der
kaiserliche Häuptling barfuß zwischen seinen Häuptlingen, bis sie an den Fluß
Abba kamen. Dort wusch sich die fromme Karawane den Staub von den
Zehen. Marc von Cana, desMaliks teurer Halbbruder trafgerade in Theben
ein, als Jussuf die Stadt verlassen hatte. In des Basileus Gemach saßen die bei
den Fürsten Rüben Marc der blaue Reiter und der Herzog am liebsten und
sprachen von dem kleinen Kaiser, der das große Theben morgens aus einer
Schachtel nahm und es abends von seinem Ossman wieder hineinlegen ließ.
Rüben war gemessener und milder,- und gleichmäßiger pochte sein Emirherz,
als das seines Bruders Jussuf. Auch äußerlich war Rüben von hohem
Wuchs und stiller zärtlicher Majestät und gewaltiger, sonniger Schönheit.
Seine Augen vom Brauholz der süßen Baumrinde. Und immer wieder
erfreute es den Emir wie der junge Herzog das Spielherz seines Bruders
verehrte. Die Leute im Palast erzählten Rüben, der Herzog sei immer um
Abigail gewesen, als ob er ihn umspülte wie eine Insel. Solche Erzählungen
trösteten den canaanitisdien Fürsten, denn er glaubte, sein Bruder habe
einsam vor seiner Wallfahrt gelebt. Eine ihm unerklärliche Ahnung weis
sagte ihm, daß er und sein Jussuf sich niemehr Wiedersehen würden.
{Fortsetzung folgt)
Else Lasker-Schüler