108 „Das is bisken zu klein, ich würde Ihnen raten, sperren Sie das Vieh in die Küche, da haben Sie gleich fließendes Wasser, und da kann das Tierchen dann den Kopp unterhalten, das muß fürs erste genügen/' „Emil, wo lassen wir denn unsern Löwen?" fragte Frau Schulze. - „Am besten in der Kammer auf Deinem Bettvorleger." - „ich schlage vor," sagte Herr Gleiwitz, „wir mieten uns gemeinsam einen Möbel wagen und transportieren die Tiere zusammen, denn gewöhnen se sich gleich aneinander." Donnerwetter, staunten die Leute, als der Möbelwagen ankam. Frau Schulze hatte ihr Blauseidenes angezogen. Sie war die erste, die unten am Schlag stand. Als der Löwe herauskam, band sie ihm gleich ein hübsches blaues Bändchen mit einer Schleife um den Hals und streichelte ihm zärtlich Kopf und Nacken. Da ging der gerne mit und legte sich oben gleich auf ihren Bettvorleger. „Wenn der nur stubenrein ist," sagte sie zu Emil, dann ging sie ans Fenster, mal sehen, v/enn die anderen ankamen. Donnerwetter, war das ne Jökelei! So elegant wie mit dem Löwen ging das mit dem Nilpferd nicht. Das hatte nämlich absolut keine Manieren. Vier Meter lang, zwei Meter dick, so sieht er aus, mein Vetter Nick. Also man nannte es Nick, weil es so aussah. Wie das schon dumm vom Möbelwagen auf die Straße hinunterpatschte. Und wie es dann die kleine Treppe zur gotischen Haustür hinaufwatschelte, wie unschön! Und da stand er nun, der Herr Hippopotamus aus der vornehmen Familie von Obesa in dem gotischen Torbogen der Ein gangstür fest eingeklemmt. Und die Steinböcke waren auch schon ausgestiegen und tanzten auf der Straße umher, stießen sich gegen seitig und boxten die harmlosen Passanten stoßweise in die Seite. Und draußen stand die Schönwettern und schob so gewöhnlich den Herrn von Obesa am Hinterviertel, während im Treppenhaus ver zweifelt Herr Gleiwitz stand, weil er nicht zu seinen Steinböcken kommen konnte. Er rief sie dauernd mit seiner gellenden Pfeife, wo durch wiederum das Nilpferd verbiestert wurde und nach hinten aus schlug. Aber Gott sei Dank hatte es nur alte Hufeisen an seinen Schwimmflossen, die schon etwas ausgewaschen waren. Nun wurde das Tierchen auch zu trocken in dem dauernden Zug in der gotischen Türöffnung, daher begoß man es mit Wassereimern. Endlich sprang Herr Gleiwitz beherzt durch die Lücke zwischen dem Vetter Nick und der gotischen Türspitze auf die Straße und bekam dabei aus Versehen gerade einen Eimer voll Wasser ins Gesicht, der dem Nil pferd gegolten hatte. Aber er tat nicht als ob, sondern sie hätten den Jubel mal sehen sollen, als der seine vier Steinböckchen in die Arme schloß. Das war ergreifend schön. Sie leckten ihm alle die Hände, und der eine, der überhaupt immer am zutraulichsten war, sprang ihm gleich auf beide Schultern und ließ von oben eine ganze Kette echter Perlen hinunterfallen. Das war ergreifend schön, direkt wie Feuerwerk. Und die Kinder brüllten vor Vergnügen: „Der Herr Gleiwitz als Papa, der gute Onkel Gleiwitz als Papa." Und da kam der Hauswirt. Donnerwetter, war das ’ne Quittung! Da stand das Vieh in der Tür, der Vetter Nick nämlich, wo der Haus wirt durch wollte. Und die Frau Schönwetter konnte noch nicht einmal bekannt machen, weil der Herr von Obesa rückwärts stand. Und der Hauswirt wollte partout nicht zugeben, daß das Tierchen mit in die Wohnung genommen würde. Was das immer für Quertreibereien sind! Er sagte, sein Haus wäre ein vornehmes Haus. Donner wetter, war da die Schulzen stolz, daß sie den eleganten Löwen hatte, das vornehmste aller Tiere. Aber der Wirt konnte sowieso nichts machen, denn bei dem heutigen Mieterschutzgesetz sind einige wenige Haustiere mit vorgesehen. Aber nun haute der mit seinem silbernen Stockknauf so derb auf dem Nilpferd seine Hinterfront, daß das sich ein wenig anstrengte und nun drinne war. Es ging dann ganz manierlich hinauf bis zur dritten Etage und in die Speiseküche, die für ihn eigens ausgeräumt war. Dabei hängte es nebenbei einen Flügel der Windfangtür aus und warf auf dem Vorplatz zwei Schränke und eine Kommode um; aber so was sind meines Erachtens nur Schönheitsfehler. Das Vieh nahm übrigens die ganze Küche ein. Und wie klug so Tiere sein können! Der Hippopotamus hatte doch sofort heraus, wo die Wasserleitung ist und leckte dauernd hinüber. Tiere sind eben begabt. Und bald war die ganze Küche naß. Herr Gleiwitz wohnte möbliert. Er hatte nur ein Zimmer, und da waren die schönsten Porzellane drin. Echt imitiert Meißen, echt imitiert Terrakotta, echt imitiert Sevres, echt imitiert Taragon, alles wertvolle Stücke, allerdings nur imitiert, dafür aber echt imitiert. Auf dem Kachelofensims standen zwei Kandelaber, bitte sehr!