110 von nebenan durch die Wand ohne sich groß was dabei zu denken. Morgens war ihr erster Weg zur Küche; sie mußte waten, denn die ganze Wohnung stand unter Wasser. Tische und Stühle kamen ihr entgegengeschwommen. Die Schränke waren dick aufgequollen, wie Pappe. Von den Wänden waren die Nägel abgerostet, und alle Bilder nebst Wandschmücken iagen unten im Wasser, das ihr bis ans Knie ging. Sie dachte: „Wenn’s nur dem Tierchen gut geht, dann bin ich’s ja gern zufrieden I" - Aber dieser Schreck. Denken Sie, wie sie in die Küche kommt, liegt das Tier tot. Es ist ganz dick aufgequollen und muß wohl ertrunken sein. Den Kopf hatte es hoch unter den Gaskandelaber gehängt, aber das Wasser mußte in der Nacht wohl höher gestanden haben, und da war es offenbar zu lange unter Wasser gewesen. Und nun das aufgequollene Tier wieder herauszukriegen! Frau Schönwetter stellte gleich den Wasserhahn ab, denn nun hatte es keinen Zweck mehr, das Wasser laufen zu lassen. Und nun sah man erst, wie die Türen gequollen waren, und als das Wasser abgelaufen war, waren die Fußböden so schlammig und weich, wie die Feldwege im Winter. Und dann das Gewicht des Tieres! Ein normales Flußpferd wiegt nach Herders Konversations lexikon, dritte Auflage, reich illustriert durch Textabbildungen, Tafeln und Karten, dritter Band, Elea bis Gyuilay, Freiburg im Breisgau, Berlin, Karlsruhe, München, Straßburg, Wien und St. Louis, Mo. Seite 675, bis 2500 Kilogramm. Aber Frau Schönwetter war helle. Sie schnitt einfach das Tier von hinten in kleine Scheiben, die sie selbst bequem tragen konnte, und trug es dann scheibenweise mit dem Mülleimer in den Wechselsack. So sparte sie wenigstens den Dienstmann. Und nun die Steinböcke? Angangs schliefen sie ganz ruhig auf dem Fußende von Gleiwitzens Bett. Aber mitten in der Nacht mußten doch wohl Meinungsverschiedenheiten entstanden sein, und nun ging’s aber los! Sie rasten hintereinander her, und Gleiwitz war auf gewacht und pfiff mit seiner schrillen Pfeife dazwischen. Und die vier Steinböcke rasten an den Wänden hoch und warfen aber auch alles um. Da wußte sich Gleiwitz nicht zu helfen, er nahm sein Taschenmesser und erstach einen nach dem anderen. Und wie nun die vier tot dalagen, schnitt sich Gleiwitz die Pulsadern auf und legte sich daneben; denn er hätte das wertvolle Porzellan nie im Leben wieder bezahlen können. Warnung: Schreiber dieses hat so ausführlich geschrieben, um die eminente Gefahr einer Zoologischen-Garten-Lotterie deutlich zu demonstrieren. Man sollte die außerordentliche Gefahr nicht verkennen und die zoologischen Gärten so stellen, daß sie ihre Insassen standesgemäß beherbergen können: dem Löwen eine Wüste, dem Nilpferd einen Strom, den Steinböcken ein Hochgebirge. Das ist soziale Tierpflege, und das ist standesgemäß für die Tiere. Schacko Jacco Sie werden sicher denken: „Son nackiges Tierche", isser auch. Der hat sich nämlich alle Federn ausgerissen. Weil unser Vater doch so hat leiden müssen, ehr daß der starb; und da hat der abends immer Licht angehabt, weil der nicht hat schlafen können; und da hat dann das Tierche auch nicht schlafen können, weil der immer Licht angehabt hat, son armes Tierche; und da hat der sich aus Kummer vor lauter Langerweile alle Federn ausgerissen. Auf seinem kleinen Kopfe, da hatter ja noch welche, schön siebter ja nicht grade aus, son nackiges Tierche. Pfui schäm dich, Schacko, dreh dich mal um, und der schämt sich noch nicht emal! Aber ich denke: „Gehster mal mit zum Tierarzt, der kann ja auch nichts machen." Und da sagich: , Herr Doktor, Sie werden sicher denken, son nackiges Tierche, isser auch. Der hat sich nämlich alle Federn ausgerissen. Weil unser Vater doch so hat leiden müssen, ehr daß der starb; und da hat der abends immer Licht angehabt, weil der nicht hat schlafen können, und da hat das Tierche auch nicht schlafen können, weil der immer Licht angehabt hat, son armes Tierche; Und da hat der sich aus lauter Kummer vor Langerweile alle Federn ausgerissen. Auf seinem kleinen Kopfe, da hatter ja noch welche, schön siehter ja nicht grade aus, son nackiges Tierche. Pfui, schäm dich, Schacko, dreh dich mal um, und der schämt sich noch nicht emal!"